Volkswagen verschärft seinen Sparkurs und spricht erstmals von möglichen Werksschließungen. Die Unsicherheit unter den Mitarbeitern wächst und auch in der Politik mehren sich kritische Stimmen – dabei sehen Experten den Konzern noch nicht einmal in einer akuten Krise.

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Zu Beginn der Woche kündigte Europas größter Automobilhersteller Volkswagen an, seine Einsparmaßnahmen erheblich auszuweiten. Vorstandschef Oliver Blume erklärte, dass die Kernmarke VW umfassend restrukturiert werden müsse, da das bisherige Sparprogramm nicht ausreiche. Mehrere Milliarden Euro müssten eingespart werden.

Blume schloss auch Werksschließungen nicht mehr aus, sollten keine schnellen Gegenmaßnahmen ergriffen werden. Der geplante Stellenabbau durch Altersteilzeit und Abfindungen reicht offenbar nicht aus, um die Einsparziele zu erreichen.

120.0000 Mitarbeiter an allen zehn Standorten bangen

Volkswagen beschäftigt derzeit rund 120.000 Mitarbeiter, wie viele Stellen abgebaut werden könnten, ist noch nicht bekannt. Offen ist auch, welche Standorte von Schließungen betroffen sein könnten. Potenziell gefährdet sind den Berichten zufolge alle zehn Werke: Hannover, Wolfsburg, Braunschweig, Kassel, Salzgitter, Emden, Chemnitz, Dresden, Osnabrück und Zwickau.

Der Betriebsrat berichtete, dass der Markenvorstand mindestens ein Fahrzeugwerk und eine Komponentenfabrik in Deutschland für verzichtbar halte.

Reaktionen auf drohende Werksschließungen

Politische und öffentliche Reaktionen ließen nicht lange auf sich warten. Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil, der auch im VW-Aufsichtsrat sitzt, forderte das Unternehmen auf, Werksschließungen zu vermeiden und zunächst alle anderen Einsparungsmöglichkeiten zu prüfen. Er betonte, dass die Landesregierung ein besonderes Augenmerk auf diesen Prozess legen werde.

Unter den VW-Mitarbeitern herrscht große Unsicherheit. In Gesprächen mit t-online äußerten Beschäftigte ihre Sorge, dass bestimmte Standorte absichtlich in eine wirtschaftlich schwierige Lage gebracht werden könnten, um Schließungen zu rechtfertigen. Zwickau, Emden und Kassel werden als mögliche Kandidaten für Schließungen genannt.

Merz sieht Deutschlands Wirtschaft auf kritischem Pfad

Auch CDU-Chef Friedrich Merz äußerte sich kritisch zu den Sparplänen von Volkswagen und sah darin einen Weckruf für die Bundesregierung. Merz argumentierte, dass Deutschland nicht mehr wettbewerbsfähig genug sei und VW möglicherweise einen Fehler gemacht habe, sich einseitig auf die Elektromobilität zu konzentrieren.

Er kritisierte die politischen Rahmenbedingungen, die seiner Meinung nach große Teile der deutschen Industrie, darunter auch die Autoindustrie, die Chemiebranche und den Maschinenbau, in eine schwierige Lage gebracht hätten.

Merz sagte, Volkswagen werde inzwischen als "Sanierungsfall" betrachtet. Dies sei ein klares Zeichen dafür, dass Deutschland wirtschaftlich auf einem kritischen Pfad sei.

Steckt VW doch nicht in der Krise?

Der Automobil-Experte Frank Schwope sieht die Lage bei VW nicht so schwarz. Gegenüber ntv betonte er, dass die aktuelle Situation möglicherweise übertrieben dargestellt werde: "Schließlich hat der Konzern in den vergangenen Jahren hohe Gewinne erzielt, und auch in diesem Jahr werden voraussichtlich Milliardengewinne anfallen." Trotz der Herausforderungen sieht Schwope keine dramatische Krise bei VW, da das Unternehmen allein im letzten Jahr operativ 22,6 Milliarden Euro verdient hat. Und auch am Ende dieses Jahres werden, ihm zufolge, Milliarden übrig bleiben.

Auch Daniela Cavallo, Gesamtbetriebsratsvorsitzende der Volkswagen AG, zeigt sich im Gespräch mit der Bild optimistisch und entschlossen: "Mit mir wird es keine Standortschließungen geben!“ Sie betonte, dass sie sich für die Zukunft von VW erbittert zur Wehr setzen werde. Der Betriebsrat des Wolfsburger Autoherstellers gilt als mächtigste Arbeitnehmervertretung Deutschlands. (lla)

Verwendete Quellen:

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