Stillstand auf der Schiene und an Flughäfen: Mit einem großangelegten Warnstreik legen EVG und Verdi am kommenden Montag weite Teile des öffentlichen Verkehrs lahm. Auch Busse und Bahnen sind in sieben Bundesländern betroffen. Die Deutsche Bahn stellt den kompletten Fernverkehr bundesweit ein.
Pendler und Reisende in ganz Deutschland müssen sich am kommenden Montag auf weitreichende Einschränkungen im Bahn-, Luft- und Nahverkehr sowie auf Wasserstraßen einstellen.
Mit einem großangelegten bundesweiten Warnstreik wollen die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) sowie Verdi an dem Tag große Teile des öffentlichen Verkehrs lahmlegen, wie beide Organisationen am Donnerstag in Berlin mitteilten. "Es wird im gesamten Bundesgebiet zu starken Verzögerungen bis hin zum Erliegen der Verkehrsdienste in allen genannten Bereichen kommen", hieß es.
Betroffen sind von der beispiellosen Warnstreik-Aktion der Fern-, Regional-, und S-Bahn-Verkehr der Deutschen Bahn sowie weiterer Eisenbahn-Unternehmen. EVG-Chef Martin Burkert riet allen Reisenden, schon am Sonntag möglichst frühzeitig ans Ziel zu kommen, "weil es durchaus Schichten geben kann, die schon ab Sonntagabend in den Montag hineingehen".
Verdi ruft zudem zu Arbeitsniederlegungen an mehreren Flughäfen auf sowie im öffentlichen Nahverkehr in den Bundesländern Hessen, Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg, Sachsen, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Bayern. Auch die Autobahngesellschaft soll bestreikt werden, ebenso wie die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung. Auf der Straße müssen sich Autofahrerinnen und -fahrer daher auf Staus und Umleitungen einstellen. "Wir werden auch bestimmte Tunnel in den Blick nehmen", sagte die stellvertretende Verdi-Bundesvorsitzende, Christine Behle. Es könnte zu Tunnelsperrungen kommen, "wie beispielsweise beim Elbtunnel".
Warnstreik trifft Hunderttausende Flug-Passagiere – DB-Fernverkehr wird komplett eingestellt
Auf der Schiene sind neben der Deutschen Bahn, die den gesamten Fernverkehr bundesweit einstellen wird, laut EVG unter anderem die Bahn-Unternehmen Transdev, AKN, Osthannoversche Eisenbahnen, erixx, vlexx, eurobahn sowie Die Länderbahn betroffen. "Der ganztägige Streik beginnt in der Regel in der Nacht vom 26. auf den 27. März um 00:00 Uhr und endet um 24:00 Uhr", teilten beide Gewerkschaften weiter mit.
Die Warnstreiks an Flughäfen betreffen den Gewerkschaften zufolge einerseits die Verhandlungen für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes, zum anderen örtliche Verhandlungen für Beschäftigte der Bodenverkehrsdienste sowie die bundesweiten Verhandlungen für die Beschäftigten der Luftsicherheit.
Der angekündigte große Warnstreik wird nach Einschätzung des Flughafenverbands ADV Hunderttausende Passagiere treffen. "Rund 380.000 Geschäfts- und Privatreisende werden ihren Flug nicht antreten können", teilte der Verband am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur in Berlin mit. Der ADV sprach von "Streikeskalation nach französischem Vorbild". Ein ganzes Land werde vom internationalen Luftverkehr abgeschnitten.
Am Frankfurter Flughafen findet angesichts der angekündigten Warnstreiks kein regulärer Passagierverkehr statt. "Alle Aufgaben, die einen vollumfänglichen Flugbetrieb ermöglichen", seien aufgrund des Warnstreiks ausgesetzt, teilte die Betreibergesellschaft Fraport am Donnerstag mit.
Und auch am Flughafen München findet kein regulärer Passagier- und Frachtverkehr statt. Das teilte die Flughafengesellschaft am Donnerstag mit.
ADV kritisiert Streik an Flughäfen
"Die Gewerkschaften verabschieden sich von der bewährten Tradition, dass in Deutschland Lösungen am Verhandlungstisch erreicht werden", kritisierte ADV-Hauptgeschäftsführer Ralph Beisel. Die angekündigten Aktionen sprengten jedes vorstellbare und vertretbare Maß und hätten nichts mehr mit einem Warnstreik zu tun. "Vielmehr ist es der Versuch, per Generalstreik französische Verhältnisse in Deutschland einziehen zu lassen."
Das Unverständnis bei den Flughäfen sei deshalb so groß, da nächste Woche Tarifgespräche in Potsdam in dritte Runde bevorstünden. Die jüngste Serie der Warnstreiks an Flughäfen brächten erhebliche Folgeprobleme mit sich. "Das Image des Luftverkehrsstandorts Deutschland bei internationalen Reisenden nimmt Schaden."
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Warnstreik wird auch Schifffahrt und Bahn stark einschränken
Der Gewerkschaft Verdi zufolge wird auch die Schifffahrt stark beeinträchtigt sein. Sowohl zahlreiche Schleusen auf wichtigen Wasserstraßen würden bestreikt als auch der Hamburger Hafen, sagte die stellvertretende Verdi-Bundesvorsitzende, Christine Behle, am Donnerstag in Berlin. "In bestimmten Bereichen, da wird es nicht weitergehen", betonte sie. Demnach werden große Schiffe beispielsweise den Hamburger Hafen nicht anlaufen können. Zudem soll es zu deutlichen Verzögerungen bei der Beladung von Schiffen kommen.
Die Deutsche Bahn rechnet aufgrund des angekündigten Warnstreiks mit "massiven Beeinträchtigungen" für den gesamten Bahnbetrieb. "Genauere Informationen zu Auswirkungen auf den Verkehr folgen", teilte der Konzern am Donnerstag mit. "Klar ist bereits jetzt, dass für die betroffenen Fahrgäste umfangreiche Kulanzregelungen vorgesehen sind."
Die Bahn kritisierte den Arbeitskampf als "als grundlos und unnötig". "Die EVG muss sich ihrer Verantwortung stellen und umgehend an den Verhandlungstisch zurückkehren", forderte Personalvorstand Martin Seiler. "Unsere Mitarbeitenden und Fahrgäste brauchen jetzt eine zügige Lösung, keinen großen Warnstreik."
Mit den Aktionen erhöht Verdi den Druck für die am Montag beginnende dritte Verhandlungsrunde mit Bund und Kommunen. Gemeinsam mit dem Beamtenbund dbb fordert die Gewerkschaft für den öffentlichen Dienst 10,5 Prozent und mindestens 500 Euro mehr Lohn. Die Arbeitgeber hatten in der zweiten Verhandlungsrunde Ende Februar ein Angebot vorgelegt. Es umfasst unter anderem eine Entgelterhöhung von insgesamt fünf Prozent in zwei Schritten und Einmalzahlungen in Höhe von insgesamt 2.500 Euro.
Gewerkschaft fordert mindestens 650 Euro mehr Lohn
Ende Februar begannen zudem die Verhandlungen der EVG mit der Bahn und rund 50 weiteren Eisenbahn-Unternehmen. Die Gewerkschaft hatte in der vergangenen Woche ein erstes Angebot der Bahn abgelehnt. Sie fordert mindestens 650 Euro mehr Lohn. Bei den höheren Entgelten strebt sie eine Steigerung um zwölf Prozent an bei einer Laufzeit des Tarifvertrags von zwölf Monaten.
Die Bahn hatte unter anderem angeboten, die Löhne der rund 180.000 betroffenen Beschäftigten in zwei Schritten um insgesamt 5 Prozent anzuheben sowie mehrere Einmalzahlungen in Höhe von insgesamt 2.500 Euro in Aussicht gestellt.
Der Nah- und Fernverkehr sowie Flughäfen in ganz Deutschland wurden schon vor mehr als 30 Jahren im Zuge eines mehrwöchigen Streiks gleichzeitig bestreikt. Bei diesem harten Arbeitskampf im öffentlichen Dienst im Frühjahr 1992 legten mehrere hunderttausend Beschäftigte zeitweise die Arbeit nieder. Dabei handelte es sich aber um einen regulären Arbeitskampf, nicht um Warnstreiks. (dpa/mbo/tas)
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