Colditz (dpa) - Die Fluchtversuche der alliierten Offiziere aus dem Gefangenenlager Schloss Colditz waren filmreif. Der wohl kühnste Plan ist nun in der Schlosskapelle verewigt.

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Aus Möbelstücken, Bettlaken und anderen Textilien bastelten zwei britische Offiziere ihr abenteuerliches Fluggerät. Es sollte ihnen gegen Ende des Zweiten Weltkriegs zur Flucht aus dem Kriegsgefangenenlager Schloss Colditz südöstlich von Leipzig verhelfen. Genau 70 Jahre nach der Befreiung der dort inhaftierten alliierten Militärs soll an diesem Donnerstag (16. April) eine originalgetreue Nachbildung des legendären "Colditz-Gleiters" präsentiert werden - genau dort, wo die britischen Offiziere ihn einst heimlich bauten: auf dem Dachboden der Schlosskapelle.

Als Werkstatt diente damals ein mit einer falschen Wand abgetrennter Teil des Dachbodens, der über eine getarnte Luke zu erreichen war, wie Peter Knierriem, Leiter von Schloss Colditz, berichtet. Vom Dach der Schlosskapelle sollte der Segler in einem Bogen über die Wasser der Mulde ans andere Ufer gleiten. Die Briten setzen ihren Plan jedoch nie um, da US-Truppen das Gefangenlager am 16. April 1945 befreiten. Das Flugzeug blieb nach dem Zweiten Weltkrieg verschollen.

Der von Mitgliedern des Vereins Flugwelt Altenburg Nobitz nachgebaute Flieger wird nun in der Schlosskapelle gezeigt. "Wir haben versucht, alles so wieder herzurichten, wie es die Gefangenen damals vorfanden", sagt Elke Paust vom Staatsbetrieb Immobilien- und Baumanagement des Freistaates Sachsen. Auch Teile des Tunnelsystems seien gesichert und für Besucher hergerichtet worden, sagt Paust.

Die Tunnel, die die Strafgefangenen mit einfachen Werkzeugen gegraben hatten, dienten bei einigen Ausbruchsversuchen als Fluchtwege. Die Offiziere verkleideten sich als deutsche Soldaten oder feine Damen, versteckten sich in Postpaketen oder Kleidersäcken, sprangen über Mauern oder seilten sich aus Fenstern ab. 300 Fluchtversuche soll es gegeben haben, etwa 30 gelangen. Einige wurden später verfilmt.

Schon in der Vergangenheit hatten die Fluchtpläne der Briten Bastler angespornt, den "Colditz-Gleiter" nachzubauen. So sorgte 2012 eine englische Filmcrew für Aufsehen. Sie ließ einen Gleiter von der Schlosskapelle über den Fluss gleiten und erbrachte so den Beweis, dass der Flieger tatsächlich flugfähig war. Ein Film darüber gehört zum Begleitprogramm der Schau.

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