- Menschen haben sich wesentlich früher mit dem Erreger der Pest angesteckt, als bislang angenommen wurde.
- Ein Forscherteam entdeckte in Knochenresten eines 50-jährigen Mannes genetische Spuren des Krankheitserregers.
- Dabei könnten Nagetiere die Menschen angesteckt haben.
Bereits vor 5.000 Jahren haben sich Menschen mit dem Erreger der Pest angesteckt. Forscher aus Kiel wiesen Erbgut des Yersinia pestis-Bakteriums bei einem Mann nach, der damals im Gebiet des heutigen Lettlands lebte.
Große Pest-Epidemien wie später etwa in der Spätantike oder im Mittelalter habe es damals vermutlich aber nicht gegeben, schreiben die Forscher im Fachmagazin "Cell Reports". Wahrscheinlich habe sich der Mann durch den Biss eines Tieres infiziert, der Erreger sei aber vermutlich weniger ansteckend gewesen als spätere Stämme.
Knochenreste bereits 1875 entdeckt
Das Team um Julian Susat und Ben Krause-Kyora von der Universität Kiel hatte Knochen von insgesamt vier Menschen untersucht, die in Lettland nahe des Flusses Salaca beerdigt worden waren. Die heute als Rinnukalns bekannte archäologische Stätte besteht aus Schichten von unverbrannten und verbrannten Süßwassermuscheln sowie Fischknochen, die vor gut 5.000 Jahren in einem kurzen Zeitraum von 100 bis 200 Jahren abgelagert worden waren.
Knochenreste von zwei Menschen seien bereits 1875 von dem Amateur-Archäologen Carl Georg Count Sievers entdeckt worden, wie die Wissenschaftler in ihrer Studie berichten. Es handelte sich um eine 12- bis 18-jährige Frau und einen etwa 50-jährigen Mann, die der Archäologe als "prähistorisch" einstufte.
Für eine Bestätigung dieser Annahme schickte er die Schädel dem Mediziner Rudolf Virchow nach Berlin, der sie untersuchte. Nach dem Zweiten Weltkrieg waren die Knochen verschollen, erst 2011 wurden sie in einer Sammlung Virchows wiedergefunden.
Forscher finden DNA des Pest-Erregers
In diesen sowie in den Knochen von zwei weiteren in Rinnukalns entdeckten Menschen - einem erwachsenen Mann und einem Neugeborenen - suchten die Forscher nun nach genetischen Spuren von Krankheitserregern.
Bei dem 50-jährigen Mann - als RV2039 bezeichnet - wurden sie fündig: Sie entdeckten DNA von Yersinia pestis, dem Pest-Erreger. Der nachgewiesene Stamm unterscheide sich genetisch von späteren Stämmen der Jungsteinzeit und der Bronzezeit, berichten die Forscher.
Ihre Analysen ergaben, dass sich Yersinia pestis vor etwa 7.000 Jahren vom Bakterium Yersinia pseudotuberculosis abgespalten hatte - früher als bislang angenommen. Vor etwa 5.000 Jahren begann sich dann die Linie des Pest-Erregers in mehrere Stämme aufzufächern. Der bei RV2939 gefundene Erreger sei der erste dieser Stämme.
Menschen könnten sich bei Nagetieren angesteckt haben
Es sei denkbar, dass sich die damaligen Menschen bei Nagetieren ansteckten, die sie jagten. Interessanterweise seien in Rinnukalns vor allem Reste von Bibern gefunden worden, die bekanntermaßen häufig mit Y. pseudotuberculosis infiziert waren, also dem Vorgänger des jetzt nachgewiesenen Pest-Erregers.
Ob und wie sehr der Mensch unter der Pest gelitten habe, sei unklar, schreiben die Forscher weiter. Dem Erreger habe noch die genetische Anpassung gefehlt, die eine Übertragung über Flöhe erlaube, so wie es bei der Beulenpest der Fall sei.
Allerdings sei er theoretisch in der Lage gewesen, in die Lunge zu wandern und dann mit Aerosolen weitergetragen zu werden. Die Lungenpest sei allerdings heute selten - ebenso wie vermutlich auch damals, schreiben die Forscher.
Es sei schwierig, die Gefährlichkeit und Ansteckungsfähigkeit der frühen Erreger zu beurteilen. Bisher seien Nachweise des Bakteriums bei prähistorischen Menschen immer Einzelfälle gewesen. Es sei daher vorstellbar, dass der Mann unter der sogenannten septikämischen Pest gelitten habe, bei der der Erreger durch Tierbisse übertragen wird und sich dann in der Blutbahn ausbreitet. (ff/dpa)
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.