Durch die Erderwärmung schmelzen weltweit immer mehr Eisberge. Auf Tiktok suggeriert ein Experiment mit einem Eiswürfel, dass der Meeresspiegel eigentlich sinken müsse, wenn dieses Eis schmilzt. Das stimmt nicht: Der Meeresspiegel steigt, wenn Eis von einer Landmasse in den Ozean gelangt - zum Beispiel in der Antarktis.
Ein Video auf TikTok und Facebook zeigt einen großen Eiswürfel, der in einem Messbecher schwimmt. Was wird passieren, wenn das Eis schmilzt? Man sieht: Ist der Eisblock geschmolzen, hat sich am Wasserstand nichts verändert. Das liege daran, dass sich gefrorenes Wasser ausdehne - wie bei einer geplatzten Wasserflasche im Eisfach. Daraus wird geschlussfolgert: "Also müsste der Meeresspiegel sinken, wenn die Antarktis schmilzt, richtig?“
Eis im Becher nicht vergleichbar mit der Antarktis
Das Video ist irreführend. Ein Eiswürfel im Becher ist nicht mit der Eisschmelze vergleichbar. Die Antarktis ist eine mit Eis bedeckte Landmasse – schmilzt dieses Landeis, fließt das Wasser in die Ozeane. Das kann zu einem Anstieg des Meeresspiegels führen.
In einem Becher mit Wasser und Eis ist das anders: Es kommt kein zusätzliches Wasser dazu, sondern das Eis taut. Ein Eiswürfel schwimmt wegen seiner geringeren Dichte auf dem Wasser. Zudem hat er ein höheres Volumen als Wasser, nimmt also mehr Platz ein. Schmilzt der Eiswürfel, bleibt der Wasserpegel im Becher unverändert.
Schmilzt Landeis, steigt der Meeresspiegel
Der Meeresspiegel steigt. Seit den 1970er Jahren ist der Einfluss des Menschen der Hauptfaktor für diesen Anstieg, schreibt der Zwischenstaatliche Ausschuss für Klimaänderungen (IPCC) 2019 in seinem Sonderbericht über den Ozean und die Kryosphäre. In dem Report heißt es, dass der Meeresspiegel in den nächsten Jahren weiter steigen und sich diese Entwicklung wahrscheinlich sogar noch beschleunigen werde.
Doch wenn es um die Ursachen dafür geht, ist es wichtig, zwischen Land- und Meereis zu unterscheiden. Denn das Meereis in der Antarktis ist gefrorenes Meerwasser - ähnlich wie bei der Versuchsanordnung im Video. Beim Schmelzen ändert sich der Meeresspiegel nicht, denn die Wassermenge bleibt immer gleich, egal ob gefroren oder nicht. Damit vergleichbar ist auch die sich immer wieder verändernde Küstenlinie aus Meereis, die im Winter durch die tiefen Temperaturen entsteht. Auch dieses Eis schwimmt auf dem Wasser und erhöht den Meeresspiegel nicht, wenn es schmilzt.
Ausschlaggebend ist stattdessen das sogenannte Landeis. In der Antarktis sind 70 Prozent der weltweiten Süßwasserreserven in Form von Eis gespeichert. Diese sind als Landeis seit Jahrtausenden gebunden, die Eismassen liegen also direkt auf dem Kontinent. Schmelzen die Landeismassen der Antarktis, könnte der Meeresspiegel um bis zu 60 Metern steigen, schreiben das Umweltbundesamt und die Fachwebseite klimafakten.de. Denn: Dieses Wasser war vorher nicht in den Weltmeeren, es käme also hinzu.
Solches Landeis gibt es nicht nur in der Antarktis, sondern auch in Grönland und in den vielen Gletschern, die das Schmelzwasser über Flüsse in die Weltmeere transportieren. Dieses Schmelzwasser ist einer der größten Faktoren für den Anstieg des Meeresspiegels, schreibt der IPCC in seinem Sonderbericht.
Die Weltmeere werden immer heißer - und dehnen sich aus
Zusätzlich kommt hinzu, dass die Weltmeere immer wärmer werden, wie der IPCC schreibt. Denn Wasser dehnt sich nicht nur aus, wenn es gefriert, sondern auch, wenn es wärmer als vier Grad wird. Und die Weltmeere erwärmen sich seit Jahren immer stärker - 2022 war für die Weltmeere das heißeste Jahr.
Das Video auf Tiktok und Facebook berücksichtigt das Schmelzen der Landeismassen und den Temperaturanstieg der Weltmeere nicht und führt so in die Irre.
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