Im Winter gibt es künftig wahrscheinlich mehr Niederschlag, im Sommer weniger. Wie müssen wir uns anpassen, um auch im Sommer Trinkwasser oder Wasser für Felder zu haben?
Regen wird es in Zukunft voraussichtlich öfter und stärker im Winter geben, im Sommer drohen dafür mehr Dürren - davon gehen Fachleute aus. "Die Häufigkeit von Trockenphasen ist gestiegen", schreibt etwa der Deutsche Wetterdienst in einem Faktenpapier. Generell werde zwar weiterhin innerhalb eines Jahres etwa so viel Wasser zur Verfügung stehen wie bisher - nur eben weniger über das Jahr verteilt, heißt es vom Niedersächsischen Landesamt für Energie. Entscheidend dürfte daher sein, Wasser im Winter aufzufangen, um es im Sommer nutzen zu können - etwa als Trinkwasser oder zum Bewässern von Feldern. Wie das gelingen könnte.
Entscheidend sei, Wasser länger in der Fläche zu halten, erklärt Tim aus der Beek, der am IWW Rheinisch-Westfälischen Institut für Wasser zum Thema Wassermanagement forscht. Dazu seien natürliche und technische Hilfen denkbar. Wälder etwa hinderten Wasser am Abfließen, dadurch habe es mehr Zeit, ins Grundwasser zu sickern. Hilfreich seien auch Talsperren: In Bayern werde beispielsweise über neue Stauanlagen nachgedacht.
Möglichkeiten in der Landwirtschaft
Auch in der Landwirtschaft gibt es demnach Möglichkeiten: Weil stehendes Wasser Ernten zerstören kann, werden viele Felder mit Drainagen entwässert. So wird zwar kein Grundwasser angereichert, über die Drainagenleitungen könne das Wasser aber in Zisternen geleitet und dort gespeichert werden, sagt aus der Beek. Im Idealfall werde es in Trockenzeiten zurück auf die Felder gepumpt.
Generell wichtig sei ein schonender Umgang mit Wasser. In Deutschland sei wegen der Energiekrise 2023 weniger Wasser verbraucht worden als erwartet, sagt der Forscher. Das deute darauf hin, dass Menschen auch mit weniger Wasser auskommen könnten. In der Landwirtschaft könnte wiederum Wasser gespart werden, wenn Felder mit Leitungen bewässert würden statt mit Sprinklern, bei denen der Großteil des Wassers verdunste. In Israel werde das so gemacht.
Abwasser wiederverwenden?
Schwieriger umzusetzen sei hingegen die Beregnung von Feldern mit gereinigtem Abwasser. Das Bundesforschungsministerium hält diese Idee, die auch in der Nationalen Wasserstrategie der Bundesregierung auftaucht, für vielversprechend. Bauern hätten aber die Sorge, dass Bio-Produkte dann wegen möglicher Rückstände im Wasser nicht mehr den Anforderungen genügten, sagt aus der Beek.
Die Nationale Wasserstrategie, die die künftige Wasserversorgung sichern soll, sieht aber auch andere Punkte vor. So soll ein System aufgebaut werden, das die Wasserentnahme aus dem Grundwasser in Echtzeit erfassen kann. Kommunen sollen zudem die Wasserspeicherung verbessern, und bundesweite Entgelte sollen Industrie und Landwirtschaft animieren, nachhaltiger mit Wasser umzugehen.
Grundwasser künstlich anreichern
Bewährt habe sich bereits die künstliche Grundwasseranreicherung, sagt eine Sprecherin des Forschungsministeriums. Dabei gelangt Oberflächenwasser über sogenannte Sickerbecken aus Sand ins Grundwasser. Einer Untersuchung des Kompetenzzentrums Wasser in Berlin zufolge müsste diese Grundwasseranreicherung vor allem in Winter stattfinden, wenn viel Wasser an der Oberfläche zur Verfügung stehe.
Viele Wasserversorger würden derzeit daran arbeiten, sagt aus der Beek. Die Kommunen hätten spätestens durch die Dürre von 2018 bis 2019 erkannt, dass man mit Wasser nachhaltiger umgehen müsse. Der Forscher ist überzeugt, dass die Trinkwasserversorgung in Deutschland auch künftig gesichert sei, wenn die Kommunen sich weiter damit befassten. "Nichtsdestotrotz wird es regional aber zeitweise auch immer mal wieder zu Engpässen kommen können", sagt er.
Niedersachsen denkt über Ausbau von Talsperren nach
In Niedersachsen war das Thema zuletzt aktuell. Um den Jahreswechsel verursachte Regen in vielen Regionen Hochwasser. Das füllte zwar bodennahe Grundwasserspeicher auf, die nach einigen Dürrejahren wenig Wasser hatten, führte aber auch zu Millionenschäden. Schon länger wird in dem Bundesland zu Anpassungsmöglichkeiten beim Wassermanagement geforscht. Eine Studie südniedersächsischer Hochschulen ergab 2023, die Talsperren im Harz auszubauen - etwa durch Aufstocken der Staumauern oder neue Anlagen. Rund 13 Prozent des niedersächsischen Trinkwassers kommt aus Talsperren.
Doch Grundwasserspeicher allein dürften künftig nicht ausreichen, um im Winter ausreichend Niederschläge für den Sommer zu konservieren, vermutet man in Niedersachsen. Ein Grund: Die Böden seien nach Dürre-Sommern so trocken, dass ein Großteil des Regens nicht ins Grundwasser versickere und stattdessen in Flüsse abfließe. Wasserreservoirs von Talsperren würden sich hingegen leichter erholen.
Konkurrenz um Wasser
Hinzu kommt bei Talsperren ein ökologischer und wirtschaftlicher Aspekt: Indem sie im Sommer Wasser an Flüsse abgeben, die sonst ausdünnen würden, können sie einerseits Lebensräume für Tiere erhalten. Andererseits könnten manche Flüsse so auch schiffbar gehalten werden. Größere Stauseen könnten damit Wasserkonflikten vorbeugen, erklärt Experte aus der Beek: "Die Trinkwasserherstellung, Ökosysteme oder die Binnenschifffahrt stehen in Konkurrenz um das Wasser."
Eine flächendeckende Lösung dürften Talsperren oder auch Hochwasserrückhaltebecken zum Anstauen von Flüssen im Flachland allerdings nicht sein. Einerseits brauche es dafür entsprechende Flächen oder Gebirge, heißt es aus dem Bundesforschungsministerium. Andererseits seien sie teuer und mit großem Planungsaufwand verbunden.
Fernleitungen als letzte Möglichkeit
Wichtig sei auch eine Entsiegelung von Flächen, damit Böden überhaupt Wasser aufnehmen könnten, heißt es vom niedersächsischen Umweltministerium. Prinzipiell sinnvoll seien im Flachland zudem Flutungsgebiete, wie das Niedersächsische Landesamt für Energie mitteilt. Dabei müssten aber Interessenkonflikte berücksichtigt werden. Solche Gebiete könnten einerseits helfen, Grundwasserspeicher zu füllen und Hochwasser aufzufangen. Andererseits könnten Grundwasserspiegel dadurch mitunter so steigen, dass Keller nass würden. (Maurice Arndt, dpa / ari)
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