Die Erforschung der Folgen des Klimawandels konzentriert sich auf Trends bei den Durchschnittswerten. Doch auch Extremereignisse sind wichtig. Forscher benennen nun eine bedrohliche Entwicklung.
Weltweit kommen die Meere immer häufiger ins Schwitzen: In den vergangenen drei Jahrzehnten gab es über 50 Prozent mehr Hitzewellen-Tage als bis Mitte des 20. Jahrhunderts.
Dies habe gravierende Folgen für die Ökosysteme, berichtet ein internationales Forscherteam nach einer umfassenden Datenanalyse im Fachmagazin "Nature Climate Change". Verschiedene artenreiche Regionen im Pazifik, Atlantik und im Indischen Ozean seien besonders gefährdet. Viele der dort vorkommenden Arten lebten bereits an ihrer Temperatur-Obergrenze, eine weitere Erwärmung könnten sie kaum tolerieren. Außerdem stünden die Ökosysteme dort bereits durch andere menschliche Einflüsse stark unter Druck, etwa durch Überfischung oder Verschmutzung.
Dass es Hitzewellen nicht nur an Land, sondern auch in Meeren gibt, ist lange bekannt. Bereits im vergangenen Jahr berichteten Wissenschaftler um Eric Oliver von der Dalhousie University in Halifax (Kanada), dass die Häufigkeit von Hitzewellen seit 1925 um 34 Prozent zugenommen hat.
Auch die Zahl der Tage, die zu einer Hitzewelle gerechnet werden, erhöhte sich der Studie zufolge um 54 Prozent. Als Hitzewelle definieren die Wissenschaftler Zeiträume, an denen die Oberflächentemperatur einen für die jeweilige Region geltenden Wert an mindestens fünf aufeinanderfolgende Tagen um ein bestimmtes Maß überschreitet.
Viele Lebewesen bereits am oberen Rand ihres Temperaturbereichs
Das Team um Dan Smale von der Marina Biological Association of the United Kingdom in Plymouth bestätigte in der Untersuchung nun die vorliegenden Zahlen. Demnach gab es zwischen 1987 und 2016 etwa 54 Prozent mehr Hitzewellen-Tage als zwischen 1925 und 1954. In weiteren Analysen versuchten die Wissenschaftler, die Folgen der Erwärmung genauer zu ermitteln.
Sie stellten etwa fest, wo es eine Zunahme der Hitzewellen-Tage in besonders artenreichen Regionen gibt. Das fanden sie insbesondere südlich von Australien, in der Karibik und im Küstenbereich des mittleren, östlichen Pazifiks.
Im Südwest Pazifik und dem mittleren Westatlantik trafen Hitzewellen auf Regionen, in denen besonders viele Arten bereits am oberen Rande ihres Temperaturbereichs leben. Mit dem Nordost- und zentralen Westatlantik sowie dem Nordwest-Pazifik waren Regionen betroffen, in denen bereits Überfischung und Verschmutzung die Ökosysteme stark belasteten.
Auch vorübergehende extreme Ereignisse ausschlaggebend
Weitere Untersuchungen zurückliegender Hitzewellen verdeutlichten die weitreichenden ökologischen Folgen. Besonders gefährdet sind demnach Vögel, da sich die Verfügbarkeit ihrer Beute verändert, und Korallen, weil Hitze die Wahrscheinlichkeit für die Korallenbleiche erhöht.
Langzeitdaten zeigten darüber hinaus, dass eine Zunahme von Hitzetagen die Dichte von Seegras-Populationen und die Kelp-Biomasse mindert.
Bei der Untersuchung der ökologischen Folgen der Erwärmung habe sich die Forschung in der Vergangenheit vor allem auf die Trends bei den Durchschnittswerten konzentriert. Vorübergehende extreme Ereignisse seien jedoch ebenfalls ausschlaggebend, da sie die Struktur und Funktion der Ökosysteme plötzlich und dramatisch verändern können, schreibt das Team. © dpa
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