Eitel Sonnenschein in der "Generation Mitte": Eine neue Studie zeigt, dass sich der Großteil der 30- bis 59-jährigen Deutschen in der aktuellen Lebenssituation erstaunlich wohl fühlt. Wolkenlos sieht der Himmel über dem Mittelbau unserer Gesellschaft dennoch nicht aus. Denn in die Zukunft werfen viele einen bangen Blick.
35 Millionen Menschen in Deutschland sind 30 bis 59 Jahre alt. Sie schultern unsere Gesellschaft: Sie zahlen den größten Anteil der Steuern im Land, sie sorgen dafür, dass die Wirtschaft läuft, währenddessen ziehen sie Kinder groß und pflegen ihre Elterngeneration. Wie geht es dieser mittleren Altersgruppe? Dieser Frage ist das Institut für Demoskopie Allensbach im Auftrag des GDV (Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V.) nachgegangen. In einer repräsentativen Umfrage untersuchte es die berufliche, wirtschaftliche und private Situation dieser Menschen. Insgesamt 1.420 Männer und Frauen wurden dafür befragt.
Herausgekommen ist ein überraschend positives Ergebnis. Das Gros ist überdurchschnittlich zufrieden mit den eigenen Lebensbedingungen. Auf einer Skala von null bis zehn lag die Lebenszufriedenheit im Schnitt bei 7,2. Besonders wichtig sind Gesundheit, eine glückliche und stabile Beziehung, gute Freunde, Familienzusammenhalt und finanzielle Unabhängigkeit.
Stabilität ist wichtiger als gedacht
Landläufig heißt es, in der heutigen Zeit hätte nichts mehr Bestand. Die Studie kommt zu einem ganz anderen Ergebnis. So träumt die "Generation Mitte" nicht nur von Stabilität, sondern lebt diesen Grundsatz offensichtlich auch. Sehr viele (52 Prozent) haben ihr gesamtes bisheriges Leben an ein und demselben Ort verbracht. 50 Prozent arbeiteen schon länger als zehn Jahre beim gleichen Arbeitgeber. Die Mehrheit hat kein Bedürfnis, den Job zu wechseln und hält den eigenen Arbeitsplatz auch zukünftig für sicher. Dennoch: Ein Großteil der Arbeitnehmer steht unter beruflichem Stress und unter hohem Leistungsdruck.
Zufrieden ist die "Generation Mitte" nicht nur mit ihrem Privat- und Berufsleben. Trotz Eurokrise schätzen auch 35 Prozent der Befragten ihre wirtschaftliche Situation für besser ein als vor fünf Jahren. Beim Großteil hat sich die Lage nicht geändert. 23 Prozent geht es jedoch heute wirtschaftlich schlechter.
Optimistische Deutsche, pessimistisches Rest-Europa
Im Gegensatz zu vielen Nachbarländern blicken viele 30- bis 59-Jährige in Deutschland optimistisch in die nähere Zukunft. 54 Prozent rechnen damit, dass die persönliche wirtschaftliche Lage in den kommenden Jahren stabil bleiben wird. Knapp jeder Fünfte glaubt, dass sie sich verbessern wird. Nur 12 Prozent fürchten, finanziell abzusteigen.
Doch trotz vorwiegend guter Lebensbedingungen im Hier und Jetzt und der positiven Grundstimmung für die nähere Zukunft, macht sich ein Großteil der Befragten doch Sorgen um die ferne Zukunft. Das meiste Kopfzerbrechen bereitet die eigene Gesundheit. 73 Prozent der Befragten haben Angst davor, krank zu werden. 55 Prozent fürchten, den jetzigen Lebensstandard im Alter nicht halten zu können und 50 Prozent glauben, im fortgeschrittenen Alter jeden Cent umdrehen zu müssen.
Wenig überraschend, dass vor allem Menschen mit niedrigem Einkommen und Frauen - insbesondere Mütter - solche Ängste plagen. "Der Berufsausstieg ist in Deutschland weiblich", sagt die Geschäftsführerin des Allensbach-Instituts Renate Köcher. Die Umfrage zeigt einmal mehr: Mütter müssen bei der Rente zurückstecken. Konkret steigen vier Fünftel in der Familienphase ganz oder teilweise aus dem Job aus, bei den Vätern sind es nur neun Prozent. Das rächt sich im Alter. Bei einer Scheidung verschärft sich die Situation.
Im Alter länger arbeiten zu gehen, als gesetzlich vorgeschrieben ist, möchten trotz drohender finanzieller Probleme die wenigsten. Nur für sechs Prozent ist das eine Option. Jeder Dritte möchte vielmehr frühzeitig in Rente gehen.
Jetzt schon ans Alter denken? Später...
Vor der Sorge, im Lebensabend zu verarmen, stehen die meisten wie Kaninchen vor der Schlange. Denn mit der Altersvorsorge beschäftigt sich die "Generation Mitte" ziemlich spät. Nur 39 Prozent der 30- bis 39-Jährige haben sich schon konkrete Gedanken über ihre persönliche Versorgung im Alter gemacht. Erst ab dem 40. Lebensjahr setzen sich mehr Leute mit dem Thema auseinander: zwei Drittel der 40- bis 49-Jährigen und drei Viertel der 50- bis 59-Jährigen.
Zur Altersvorsorge-Verdrossenheit trägt wohl in großem Maße bei, dass den meisten 30- bis 59-Jährigen das Vertrauen in eine langfristige finanzielle Planung fehlt. Nur neun Prozent glauben, dass es überhaupt möglich ist, weiter als zehn Jahre in die Zukunft zu planen.
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