Nur rund 1,4 Prozent der deutschen Berufsfeuerwehrleute sind weiblich. Im Interview verrät eine dieser Frauen, dass sie sich in der Männerdomäne zunächst ein "dickeres Fell zulegen" musste und erklärt, warum sie ihre Entscheidung dennoch "bis heute nicht bereut" hat.
Lohnt sich eine Karriere bei der Feuerwehr? Wie läuft ein 24-Stunden-Dienst auf einer Wache ab? Und wie viel hat der Beruf wirklich mit dem Element Feuer zu tun? In der 8. Staffel der Dokutainment-Serie "Feuer und Flamme" wird diesen und weiteren Fragen nachgegangen – am Beispiel der Feuerwehrleute der Wache 3 in Hamborn, die quasi rund um die Uhr von einem Kamerateam begleitet worden sind. Auch Laura (30), eine von nur rund zehn Feuerwehrfrauen in Duisburg, hat sich für dieses TV-Format die Bodycam umgeschnallt und sich bei ihrer Arbeit filmen lassen.
Laura, Sie sind Berufsfeuerwehrfrau und gehören der Wache 3 in Hamborn, ein Stadtbezirk von Duisburg, an. In welchem Alter hat Sie die Faszination Feuerwehr gepackt?
Laura: Meine Feuerwehr-Karriere hat bereits im Alter von zwölf Jahren in der Jugendfeuerwehr begonnen. Da auch mein Vater in der Freiwilligen Feuerwehr aktiv war, gab es gewisse Berührungspunkte. Mit 18 bin ich dann in die aktive Gruppe übergetreten und durfte auch erstmals bei Einsätzen mitfahren. Parallel dazu habe ich mein Abitur gemacht, im Anschluss eine Ausbildung zur Speditionskauffrau. Ich habe aber schnell gemerkt, dass das nichts für mich ist – ehe mich meine früheren Kollegen von der Freiwilligen Feuerwehr ermutigt haben, mein Hobby zum Beruf zu machen.
Genau das haben Sie in die Tat umgesetzt. Wie lange hat die Ausbildung gedauert?
Die Ausbildung begann im April 2017, im Oktober 2018 war ich fertig. Seitdem arbeite ich auf der Feuerwache 3 in Hamborn. Für mich war es die richtige Entscheidung, die ich bis heute nicht bereut habe.
Man muss also nicht studiert haben, um in der Berufsfeuerwehr eine Karriere zu starten?
Nein, aber schaden kann es natürlich nicht. Ich persönlich habe mich aber für eine klassische Ausbildung entschieden, mit der ich in den mittleren Dienst einsteigen konnte. Zudem habe ich eine 18-monatige Ausbildung zur Brandmeisterin und Rettungssanitäterin absolviert. Mit einem Studium hat man wiederum die Chance, direkt in den höheren Dienst einzusteigen und Einsatzleiter zu werden.
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Waren Sie, um im Bild zu bleiben, sofort Feuer und Flamme, als Sie erfahren haben, dass Ihre Wache – und damit letztendlich auch Sie persönlich – in einer Dokutainment-Serie gezeigt werden?
Zunächst einmal war mir die Serie bereits ein Begriff, da ich die vorherigen Staffeln im Fernsehen verfolgt hatte. Für mich ist "Feuer und Flamme" das beste Format in diesem Bereich, weil es wirklich authentisch ist. Insofern war ich natürlich aufgeregt und gespannt, als ich davon erfahren habe, dass diesmal auch über unsere Wache berichtet werden soll. Eigentlich bin ich nicht der Typ, der vorprescht und gerne im Rampenlicht steht. Spätestens nach den ersten zwei, drei Drehtagen war auch ich dann Feuer und Flamme (lacht).
Wie sind die Dreharbeiten abgelaufen?
Die Filmcrew hat uns 24 Stunden am Tag begleitet – also genauso lange, wie unser Dienst eben dauert. Auch nachts waren Mitarbeiter der Produktion vor Ort, sie sind immer mit zu den Einsätzen ausgerückt. Außerdem waren wir über den gesamten Zeitraum mit Bodycams und Kameras an den Helmen ausgestattet, die wir bei den Einsätzen manuell einschalten mussten. Die Dreharbeiten, die den Alltag der vier Wachabteilungen eingefangen haben, dauerten insgesamt 70 Tage.
Viele Kinder träumen davon, zur Feuerwehr zu gehen. Bei der Berufsfeuerwehr arbeiten allerdings nur etwa 1,4 Prozent Frauen. Würden Sie sich demzufolge als Exotin bezeichnen?
Aktuell bin ich tatsächlich die einzige Frau auf unserer Wache. In Duisburg befinden sich im Moment rund zehn Frauen im aktiven Einsatzdienst. Das ist schon sehr wenig. Auch ich musste mir erstmal ein dickeres Fell zulegen. Der Umgangston unter Männern ist grundsätzlich etwas rauer als unter Frauen. Da darf man sich nicht jedes Wort zu Herzen nehmen. Ich kann nur von mir sprechen: Ich fühle mich dennoch sehr wohl und es ist auch nicht so, dass die Jungs überhaupt keine Rücksicht auf mich nehmen würden.
Was wird getan, um mehr Frauen für die Feuerwehr zu gewinnen?
Zum Beispiel findet einmal im Jahr der sogenannte Girls' Day statt, der in der Regel gut angenommen wird. An diesem Tag besucht uns immer eine Gruppe von Mädchen, denen wir Einblicke in unsere Arbeit gewähren. Wir zeigen ihnen dann, dass sie das genauso gut können wie die Männer. Kinder schauen bei uns regelmäßig vorbei – im Rahmen der Brandschutzerziehung, die wir Kindergärten anbieten.
Wie reagieren die Kinder auf die einzige Feuerwehrfrau auf der Wache?
Im ersten Moment schauen sie mich mit staunenden Augen an. Die Kinder freuen sich aber jedes Mal, wenn ich zu ihnen sage: "Kommt in 20 Jahren zu uns. Wir brauchen euch!"
Wo stehen wir im Jahr 2024, wenn es um das Bewusstsein geht, dass die Berufswahl nichts mit dem Geschlecht zu tun hat?
Genau, die Berufswahl hat nichts mit dem Geschlecht zu tun. Jeder oder jede kann grundsätzlich eine Karriere bei der Berufsfeuerwehr einschlagen. Man wird dort nicht alleine gelassen. Vor allem mit Blick auf den Rettungsdienst ist es sogar von Vorteil, eine Frau dabei zu haben, da es viele Patientinnen gibt, die lieber mit Frauen sprechen wollen.
Inwiefern begegnet Ihnen in Ihrer Tätigkeit als Feuerwehrfrau (Alltags-)Sexismus – getreu der fälschlichen Annahme, dass Männer für diesen "gefährlichen" Job viel besser geeignet sind?
Es kommt vor, ist aber eher die Ausnahme. Die Leute betrachten einen wirklich als helfende Person. Letztendlich ist es für sie zweitrangig, wer zur Hilfe kommt – Hauptsache, ihnen wird geholfen.
Welche Aufstiegschancen hat man bei der Feuerwehr?
Ich persönlich absolviere aktuell die Notfallsanitäter-Ausbildung, die noch einmal zweieinhalb Jahre dauert. Ende September steht für mich die Prüfung an. Der Beruf des Notfallsanitäters hat den Rettungsassistenten vor einigen Jahren abgelöst. In der Sache hat sich allerdings nichts verändert: Mit dieser Zusatzausbildung in der Tasche steigt man zur Führungsperson auf dem RTW (Rettungswagen; Anm. d. Red.) auf und hat etwas mehr Verantwortung.
Man kann auch Praxisanleiter oder Lehrer in der Schule werden, wenn man aus dem 24-Stunden-Dienst aussteigen möchte. Die Möglichkeiten sind vielschichtig: Man kann in die Leitstelle gehen oder den B3 machen und somit zur Führungsperson im Löschzug werden. Auch im Tagesdienst stehen interessante Stellen bereit – sei es in der Atemschutzwerkstatt oder in der Funkwerkstatt. Über ein Teilzeitstudium oder entsprechende Lehrgänge ist sogar der Weg zum Einsatzleiter möglich.
Ein 24-Stunden-Dienst besteht natürlich nicht nur aus Einsätzen. Wie verbringen Sie die freie Zeit miteinander?
Unser Dienst startet offiziell um 8:00 Uhr morgens, wobei die meisten bereits um 7:15 oder 7:30 Uhr auf der Wache erscheinen, um ihre Kollegen abzulösen. Mit Dienstantritt wird dann festgelegt, wer welche Position übernimmt. Nach der Geräteübernahme, die etwa eine halbe Stunde in Anspruch nimmt, frühstücken wir alle gemeinsam. Das Mittagessen steht in der Regel zwischen 12:00 und 12.30 Uhr an – je nachdem, wie zeitintensiv die Einsätze am Morgen ausgefallen sind. Nach der Mittagspause wird besprochen, welche Aufgaben unbedingt noch umgesetzt werden müssen. Am späten Nachmittag widmen wir uns dem Dienstsport.
Welche Sportarten sind das?
Einige joggen um die Wache, andere gehen in unser Fitnessstudio. Ab und zu wird auch Fußball gespielt. Abends schauen wir dann gemeinsam einen Film oder sitzen – wenn das Wetter schön ist – draußen und quatschen einfach miteinander. Irgendwann legen wir uns dann zum Ruhen hin, natürlich immer abhängig von den Einsätzen. Sobald der Alarm geht, stehen wir auf und fahren los. Dabei ist es sehr wichtig, dass jeder für sich seine eigene Routine entwickelt.
Wie familienkompatibel ist der Beruf mit Blick auf 24-Stunden-Dienste?
Ich halte diesen Beruf sogar für sehr familienkompatibel. Wir arbeiten 24 Stunden, haben danach aber auch 24 Stunden am Stück frei. Danach arbeiten wir erneut 24 Stunden und haben danach fünf Tage hintereinander frei. Natürlich kann es immer passieren, dass man mal aushelfen muss. Aber alleine fünf Tage am Stück freihaben zu dürfen, fühlt sich jedes Mal wie ein kleiner Urlaub an. Insofern ist das Privatleben mit dem Beruf gut vereinbar.
Inwiefern unterscheidet sich die Realität von dem Bild, das Sie als Kind hatten, als Sie sich den Beruf der Feuerwehrfrau ausmalten?
Das betrifft nicht nur die Kindheitsvorstellungen. Auch Erwachsene vergessen gerne den Rettungsdienst, der einen großen Teil unseres Berufsalltags einnimmt. Viele wissen gar nicht, dass die Feuerwehr auch das macht. Im Großen und Ganzen ist mein Beruf schon so, wie ich ihn mir als Kind ausgemalt habe – vielleicht mit etwas weniger Feuer, als angenommen. Es ist auch nicht so, dass wir ständig Hunde- oder Katzenbabys vom Baum retten müssen (lacht). Unser Alltag dreht sich dann doch schon eher um das Öffnen von Türen und um Brandmeldeanlagen, etwa wenn Menschen vergessen, ihren Herd auszuschalten.
Haben Sie wirklich noch nie eine Katze vom Baum geholt?
Vom Baum tatsächlich noch nie, aber aus der Dachrinne habe ich schonmal eine Katze befreit. Meistens springen die Tiere aber von ganz alleine runter, sobald man die Leiter aufgestellt hat. In dem Fall hat man seinen Job dann eben auch erledigt.
Zum Abschluss: Warum können Sie den Beruf der Feuerwehrfrau empfehlen?
Der Beruf ist sehr abwechslungsreich und man kann viel lernen. Wer auf Adrenalin steht oder viel erleben möchte, ist bei der Feuerwehr auf jeden Fall richtig. Ich kann nur jedem empfehlen, sich das zumindest mal anzuschauen – zum Beispiel bei "Feuer und Flamme". Ich würde mich freuen, wenn diese Doku-Serie auch Mädchen und Frauen Lust darauf macht, diesen Weg einzuschlagen und beruflich mal etwas Anderes auszuprobieren.
Zur Sendung
- Die 8. Staffel von "Feuer & Flamme" läuft seit dem 23. Mai 2024 immer donnerstags um 20:15 Uhr im WDR. Alle Staffeln sind auch in der ARD-Mediathek zu sehen.
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