Strebsam, pragmatisch und fast schon überangepasst: Noch nie seit der Nachkriegszeit ist die Jugend in Deutschland so wenig rebellisch wie heute gewesen.

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Das ist ein Hauptergebnis der neuen Sinus-Jugendstudie, die Sozialwissenschaftler in Berlin vorgestellt haben. Die Sehnsucht nach Geborgenheit und Orientierung in einer zunehmend unübersichtlichen Welt lasse Teenager eine ungewöhnlich große Nähe zur Elterngeneration suchen, lautet eine Erklärung dafür.

Zu weiteren Ergebnissen zählt, wie sehr Teenager das Thema Flüchtlinge interessiert und wie tolerant viele der Zuwanderung gegenüberstehen. Gewundert hat die Forscher, dass junge Leute zunehmend ein wenig online-müde werden. Zum dritten Mal seit 2008 haben Jugendforscher im vergangenen Jahr 14- bis 17-Jährige nach ihren Meinungen und Gefühlen gefragt.

Zuwanderung

Toleranz wird im Ergebnis in fast allen Jugendmilieus groß geschrieben. Anders als in der Welt der Erwachsenen ist die Sorge vor Zuwanderung kein großes Thema, Teenager zeigten eher Mitgefühl mit Flüchtlingen. Dazu kommt ein Pragmatismus, den die Forscher der jungen Generation generell attestieren.

Zuwanderung sehen viele Jugendliche nur so lange als akzeptabel an, wie die Kapazitäten für eine gelungene Integration ausreichen. Ressentiments gegen Flüchtlinge fanden sich auch - allerdings häufig in Form von Stereotypen, die Teenager vom Hörensagen kannten.

Die Wissenschaftler erklären sich die Offenheit auch mit der multi-ethnischen Wirklichkeit, in der viele Jugendliche heute aufwachsen, vor allem in großen Städten.

Werte

Oben auf der Prioritätenliste stehen Gemeinschaft, Familie, Sicherheit und Wohlstand. Dazu kommen Freiheit, Toleranz und soziale Werte. Für die Planbarkeit von Leben und Karriere nehmen Jugendliche klassische preußische Tugenden wie Pflichterfüllung in Kauf. Was nicht heißt, dass sie auf Ich-Fixierung, Spannung, Spaß und Risiko bis zur Ekstase verzichten. "Hart feiern, aber gute Noten", lautet ein Credo.

Digitale Welt

Für Teenager gibt es kein Dasein ohne Internet und Smartphone. Leben heißt "online sein". Ohne soziale Medien drohe Ausgrenzung, lautet ein Fazit. Die bedingungslose Faszination aber beginnt zu bröckeln: Der Umgang mit neuen Medien ist mit Blick auf die Herausgabe persönlicher Daten zunehmend kritisch und selbstbestimmt.

Zum ersten Mal wächst eine Minderheit, die sich der digitalen Dynamik mit dem Wunsch nach Entschleunigung zeitweise entziehen will. "Die Jugendlichen sind bestens mit Geräten ausgestattet und wunschlos glücklich", sagt Calmbach.

Liebe

Es gibt einen breiten Konsens, dass Vertrauen, Ehrlichkeit und Verlässlichkeit zentrale Voraussetzungen für eine Partnerschaft sind. Der große Wunsch ist eine stabile Beziehung bis spätestens Mitte 30. Auch der Wunsch nach einer eigenen Familie ist früh da - viele Jugendliche koppeln die Idee aber an einen sicheren Job und guten Lebensstandard.

Die Ergebnisse der Studie basieren auf langen und persönlichen Interviews mit 72 Teenagern aus verschiedenen Milieus, erläuterte Projektleiter Marc Calmbach. Die Forschung schätzt diese Methode wegen ihrer Tiefenschärfe als seriös ein. Für die repräsentativen Befragungen der Shell-Studie werden weit mehr Jugendliche interviewt.  © dpa

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