Am 26. April 1986 kam es im ukrainischen Tschernobyl zu einer Katastrophe. Es war das größte nukleare Unglück in der Geschichte der Kernenergie. Wie sieht die Lage 30 Jahre später aus?

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In Block IV des Unglücksreaktors sollte im April 1986 ein Versuch zur Überprüfung der Stromversorgung durchgeführt werden. Doch das Experiment lief schief: Der Reaktor fiel in einen Bereich ab, in dem er nicht mehr stabil war – Ausschalten wäre vermutlich die bessere Option gewesen.

Doch die Mitarbeiter des AKWs versuchten stattdessen, die Leistung des Reaktors weiter zu steigern - ein fataler Fehler.

Innerhalb weniger Sekunden überhitzte der Reaktor, es kam zur ersten Explosion. Der Reaktor fing Feuer, eine weitere Explosion folgte. Das radioaktive Material, das dadurch freigesetzt wurde, konnte auch nach Löschen des Brandes zehn Tage später nicht völlig unter Kontrolle gebracht werden.

Genaue Ursache bis heute ungeklärt

Bis heute ist nicht geklärt, wie es genau zu dieser Katastrophe in Tschernobyl kommen konnte. Unfallforscher waren bei ihren Rekonstruktionen auf die Beschreibungen und Dokumentationen des Unglückshergangs angewiesen. Diese sollen allerdings nicht besonders ausführlich gewesen sein.



Wie es zum Leistungsabfall des Graphit-Reaktors kam – ob es menschliches Versagen war, eine Schwachstelle des Reaktor-Typs RBMK, die schwerwiegenden sicherheitstechnischen Nachteile oder das Abschalten der Sicherheitssysteme – ist noch immer unklar. Vermutlich sorgte ein Zusammenspiel aller Faktoren für die nukleare Katastrophe.

Die Auswirkungen von Tschernobyl

Laut der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEO) sind bislang offiziell 30 Menschen an der direkten Strahleneinwirkung von Tschernobyl gestorben. Glaubt man anderen Quellen, liegt die Dunkelziffer derer, die aufgrund ihres Arbeitseinsatzes an der Unglücksstelle verstorben sind, bereits bei mehr als 50.000 Personen.

Insgesamt sollen bis zu 600.000 Menschen an den Aufräumarbeiten beteiligt gewesen sein. Rund 435.000 wurden von den Behörden nach Errichtung einer Sperrzone um das Kraftwerk umgesiedelt. Heutzutage liegt die Krebsrate der umliegenden Bevölkerung in der Ukraine und Weißrussland 30 Mal höher als vor der Atomkatastrophe.

Auch Erkrankungen der Schilddrüse und Leukämie sind in den Regionen um Tschernobyl mittlerweile stark verbreitet und werden von Medizinern nach Angaben der ARD-Wissenssendung "Planet Wissen" mit dem Reaktorunfall begründet.

So ist die Lage vor Ort heute

Der Sarkophag, der über den Unglücksreaktor gebaut wurde, um das radioaktive Material unter Verschluss zu halten, wurde in den 1990er-Jahren brüchig. Deshalb soll eine bogenförmige Metallkonstruktion (genannt NSC) in der Nähe des Reaktors errichtet und schließlich über den Sarkophag gestülpt werden.

Die Fertigstellung des NSC ist nach Angaben des Bundesamtes für Strahlenschutz für den 30. November 2017 vorgesehen. Hinsichtlich der Reaktoren des Kraftwerks sind die Blöcke 1 und 2 abgeschaltet - die Brennelemente aus dem zerstörten Block 4 und dem benachbarten Block 3 wurden vollständig entfernt.

740 Orte sind seit der Katastrophe 1986 kontaminiert. Die im Sperrgebiet gelegenen Städte Tschernobyl, Prypjat und Slawutysch gleichen Geisterstädten. Nur wenige Menschen sind trotz der anhaltenden Gefährdung der Gesundheit in das verseuchte Gebiet zurückgekehrt.

Einige Gegenden und Bereiche sind jedoch nicht mal für Arbeiter vor Ort zugänglich, weil die Strahlengefahr noch immer viel zu hoch ist.

Was spüren wir noch - 30 Jahre später?

In Deutschland ist die Strahlung, die durch die Katastrophe freigesetzt wurde, heute noch immer messbar. Diese stammt zu großen Teilen von Tschernobyl, inzwischen aber auch von der Nuklearkatastrophe in Fukushima.

Wie die "Zeit" berichtet, sind die radioaktiven Materialien Cäsium-137 und Strontium-90 30 Jahre nach dem nuklearen Super-GAU erst zur Hälfte zerfallen.

Tatsächlich kann noch heute eine deutlich erhöhte Cäsium-137-Aktivität bei Nahrungsmitteln gemessen werden, die aus den Wäldern stammen - insbesondere bei Pilzen und Wildtieren wie etwa Wildschweinen.

Zum zehnten Jahrestag der Katastrophe boten Deutschland und Frankreich anlässlich der Wiener IAEO-Konferenz im April 1996 der Ukraine, Russland und Weißrussland ihre Hilfe bei der Aufarbeitung noch ungelöster Aufgaben in Tschernobyl an.

Deutschland zieht Konsequenzen

Bereits im Anschluss an den schwerwiegenden Unfall in Tschernobyl 1986 wurde in Deutschland das Ministerium für Umwelt-, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) gegründet. Drei Jahre später folgte die Gründung des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS). Dieses soll im Notfall für eine zuverlässige Lageermittlung sorgen.

Wie das BfS in einem Bericht mitteilt, ermitteln hierzulande insgesamt 1.800 Messsonden mit Warnsystemen die radiologische Lage in Deutschland.

Laut Wolfram König, Präsident des Bundesamtes für Strahlenschutz, wären die Notfallschutzmaßnahmen Deutschlands einem derartigen GAU wie in Tschernobyl derzeit nicht gewachsen.



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