Vor allem jüngere Menschen schließen sich Bewegungen wie dem Veganuary oder dem No Buy Year an - und wollen dadurch bewusster und nachhaltiger leben. Die Transformationsforscherin Maja Göpel erklärt dazu im Interview, warum es aus ihrer Sicht dringend notwendig ist, dass wir eine neue Normalität schaffen - und wieso es nach hinten losgehen kann, an Altem festzuhalten.
Mit dem Start ins neue Jahr schnallen einige Menschen den Gürtel enger. Und das völlig freiwillig. Unter dem Hashtag #nobuyyear etwa wirbt vor allem die Generation Z dafür, bewusst weniger einzukaufen, seien es Klamotten, Möbel oder Beauty-Produkte. Andere sind mit dem sogenannten Veganuary ins neue Jahr gestartet. Dabei verzichtet man einen Monat lang bewusst auf tierische Produkte.
Was die beiden Bewegungen gemeinsam haben: Die Idee dahinter ist, sich bewusst zu machen, was man wirklich braucht – und was man nur aus einer Laune heraus kauft oder konsumiert. Aspekte dabei sind auch Nachhaltigkeit und Klimaschutz.
Lesen Sie auch
Bewusster konsumieren, dafür wirbt die Transformationsforscherin und Nachhaltigkeitsexpertin Maja Göpel schon lange. "Das, was wir momentan als normal bezeichnen, ist es eigentlich nicht, weil es mit sehr viel Schaden verbunden ist", sagt sie im Interview mit unserer Redaktion.
"Diese Schäden summieren sich auf und führen uns ohnehin zu einer anderen Situation. Die eigentliche Frage ist also: Veränderung by design oder by disaster." Sprich: Führen wir Veränderungen bewusst und willentlich herbei - oder werden sie uns durch Katastrophen quasi aufgezwungen?
Maja Göpel: Nachhaltige Ideen als Angebot sehen
Göpel nennt ein Beispiel. "Wenn wir weiterhin so viel Fleisch konsumieren wollen wie jetzt, haben wir bald ein riesiges Problem mit dem Grundwasser. Es stellt sich auch die Frage, wo wir noch genug anbauen können, wenn die Böden durch den hohen Einsatz von Gülle, Pestiziden und anderen Schadstoffen verseucht sind und welche Todeszonen im Meer entstehen durch den Ablauf an den Küsten." Irgendwann heiße es dann also: "Entweder oder: Was wollen wir erhalten und was ändern wir?"
"Im Idealfall überlegen wir gemeinsam frühzeitig, was es für Alternativen gibt, die ebenso gut schmecken und uns vielleicht sogar gesünder ernähren", sagt Göpel. Ihr Appell: Statt an einzelnen Dingen festzuhalten, die angeblich niemals verschwinden dürften, könne man sich auf Bedürfnisse fokussieren und Strategien dafür finden, diese zu befriedigen. "Historisch betrachtet nennen wir das dann auch in aller Regel 'Fortschritt'", fügt sie an.
Die Forscherin bedauert, "dass immer von Verzicht gesprochen wird". Häufig werde fast nur über Zumutungen gesprochen und kaum darüber, was man dazugewinnen könne. Ihrer Ansicht nach sind die Ideen, wie man nachhaltiger leben kann, eigentlich ein Angebot: "Hier gibt es zukunftssichere Alternativen, mit denen wir die Krisen zurückdrängen und trotzdem unsere Bedürfnisse befriedigen können", sagt Göpel.
"Es geht darum, die Freiheit zu haben zu sagen: 'Ich kann gut ernährt werden, ich kann wohnen, ich kann von A nach B kommen, ich habe Zugang zu Wasser und kann an einer Gesellschaft teilhaben, die diese Versorgungssicherheit im 21. Jahrhundert der Krisen garantiert.'" Das sei das eigentliche Versprechen.
Durch nachhaltigen Konsum eine neue Normalität schaffen
Kleidung, Ernährung, Mobilität - viele Menschen wollen an ihrem jetzigen Lebensstil festhalten. Laut Göpel ist das allerdings nicht einfach nur eine Entscheidung für "Es bleibt alles beim Alten". Denn die Krisen seien das Ergebnis unserer Gewohnheiten "und gehen nicht weg, solange wir an ihnen festhalten". Sicherheit liege dann im Neuen, beispielsweise eben im nachhaltigen Konsum: "Wenn wir so denken, können wir tatsächlich eine neue Normalität schaffen, die auch trägt, ohne die ständigen Risiken, Schocks und Sorgen, und wenn wir uns erstmal darauf einlassen - mit Freude!"
Über die Gesprächspartnerin
- Maja Göpel ist Politökonomin und Expertin für Nachhaltigkeitspolitik und Transformationsforschung. Sie lehrt als Honorarprofessorin an der Leuphana Universität Lüneburg. Zudem arbeitet sie als Rednerin und Beraterin und hat mehrere Bücher geschrieben, darunter "Werte. Ein Kompass für die Zukunft".
Verwendete Quellen
- Gespräch mit Maja Göpel im Rahmen der DLD Munich 2025 am 17. Januar
- Recherche auf Instagram und TikTok
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.