Ein Unfall zwischen Pferd und Auto kann schnell ein tragisches Ende nehmen. Doch wer haftet in solchen Situationen eigentlich? Und wer muss zahlen? Hier ein Überblick…

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Die Nachrichten sind schrecklich. Bei einem Unfall im Osterzegebirge starb im Herbst 2024 ein Pferd. In Niedersachsen brach wenige Wochen später ein Pferd von der Koppel aus, lief auf die Bundesstraße – und vor einen Wagen. Das Pferd starb, Fahrer und Beifahrerin wurden leicht verletzt. Und erst am Neujahrstag endete ein Ausritt in Friedberg (Hessen) tödlich, weil ein Pferd vor ein Auto lief.

So fürchterlich die Unfälle sind: Wenn es um die Frage der Haftung geht, ist die Antwort meist klar. Die sogenannte Tiergefahr überwiegt gegen die Betriebsgefahr des Wagens. Salopp gesagt: Freilaufende Pferde haben auf der Straße nichts zu suchen. Heißt: den Pferdehalter trifft mindestens eine Mitschuld.

Im Straßenverkehr muss Rücksicht genommen werden

Aber: Auch hier muss jeder Einzelfall geprüft werden. Wurde zum Beispiel der Koppelzaun von Unbekannten beschädigt, kann die Mitschuld entfallen. Und nach §833 BGB gibt es noch eine Ausnahme. Die Haftungspflicht entfällt nämlich bei Nutztieren, solange der Tierhalter Maßnahmen zur Sicherung ergriffen hat. Heißt: Wenn das Pferd ein Nutztier ist, kann die Haftungspflicht entfallen.

Im Straßenverkehr muss Rücksicht genommen werden.
Im Straßenverkehr muss Rücksicht genommen werden. © Foto: unsplash.com/Milan Bosancic (Symbolfoto)

Und wie sieht es aus, wenn es zu einem Unfall zwischen Auto und einem geführten oder gerittenen Pferd kommt? Auch hier wird jeder Fall individuell geprüft. Denn: Für Pferde gelten im Straßenverkehr ähnliche Regeln wie für Fahrzeuge. Grundsätzlich heißt das: Autofahrer müssen auf Pferde besondere Rücksicht nehmen. Sie müssen zum Beispiel die Geschwindigkeit beim Passieren oder Überholen reduzieren.

Unfall mit Pferd: Gab es individuelle Fehler?

Und Reiter? Sie unterliegen ebenfalls der Straßenverkehrsordnung. Dadurch müssen sie in Deutschland den rechten Fahrbahnrand auf der rechten Straßenseite zur Fortbewegung nutzen. Neben dem Rechtsfahrgebot müssen Reiter außerdem die Verkehrszeichen, die Vorfahrtsregeln und das Halten an roten Ampeln befolgen. Und: Reiter sind verpflichtet, Maßnahmen zu ergreifen, die ein Scheuen ihres Pferdes verhindert beziehungsweise sicherzustellen, dass diese weiterhin zu kontrollieren sind, informiert "bussgeldkatalog.org". Schließlich handelt es sich bei Pferden um Fluchttiere.

Kommt es trotzdem zu einem Unfall und der Fall landet vor Gericht, gucken die Richter genau hin. Dabei geht es vor allem darum, mögliche individuelle Fehler der Reiter, Tier- und Fahrzeugführer berücksichtigen. Darüber hinaus wird auch die allgemeine Betriebsgefahr beim Führen von Kfz (§ 7 Straßenverkehrsgesetz) sowie die typische Tiergefahr (§ 833 Bürgerliches Gesetzbuch) berücksichtigt. Liegt bei einem Verkehrsunfall mit Pferd kein schuldhaftes Verhalten vor, werden die Kosten meist zwischen den Parteien aufteilt.

Urteil: Kein Geld, wenn Beweise fehlen

Doch wie beurteilen Richter das Verhalten von Autofahrern, Pferdebesitzern und Pferden? Hier kommt es auch darauf an, was bewiesen werden kann. Ein Beispiel: Eine Frau führte ihr Pferd, das scheute heftig, als ein Auto heranfuhr, und riss die Frau zu Boden. Dabei wurde sie von einem Huf ins Gesicht getroffen und schwerst verletzt. Sie verlangte vom Fahrzeugführer die Übernahme der Kosten und Schadenersatz. Doch auch in der Berufung entschieden die Richter: Sie bekommt kein Geld (OLG Celle, 26.03.2014, 14 U 128/13).

Reiter unterliegen der Straßenverkehrsordnung.
Reiter unterliegen der Straßenverkehrsordnung. © Foto: pixabay.com/Marzena P. (Symbolfoto)

In der Begründung ging es auch darum, ob der Autofahrer zu schnell und zu nah an ihr vorbeigefahren sei, wie die Frau sagte. Der Fahrer hingegen gab an, dass er nur mit zehn km/h unterwegs geweisen und gar nicht an der Frau und dem Pferd vorbeigefahren sei. Das Fazit: Es sei nicht erwiesen, "dass sich der Betrieb dieses Fahrzeugs auf das Verhalten des Pferdes, insbesondere dessen Scheuen, ausgewirkt habe und er damit für den eingetretenen Schaden in adäquat kausaler Weise ursächlich gewesen sei".

Und: Wer ein Pferd führt, muss vorsichtig sein. Heißt: Man muss so stehen beziehungsweise gehen, dass man einem scheuenden Pferd ausweichen kann. Das hat die Frau in diesem Fall nicht gemacht.

Unfälle: Hochzeitskorso muss zahlen

Ganz anders sah es für den Fahrer eines Hochzeitskorsos aus. An der Spitze fuhr der Hochzeitswagen hupend und mit scheppernden Blechdosen im Schlepptau an einer Weide vorbei. Dort stand eine Zuchtstute, die durch den Lärm in Panik geriet. Dabei stürzte sie und verletzte sich so schwer, dass sie am nächsten Tag erlöst werden musste.

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Der Besitzer verlangte Schadensersatz vom Hochzeitspaar. Und bekam Recht: Das Scheppern von Blechbüchsen und auch das Hupen sind typische Gefahren, für die der Fahrzeughalter haften muss. Die Panikreaktion der Stute wurde durch den unnötigen Lärm ausgelöst. Denn: Da sie seit Jahren auf der Koppel stand, war sie an "normalen" Straßenverkehr gewöhnt (LG Köln, 21 O 267/95).  © Pferde.de

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