Sogenanntes nicht-konventionelles Fracking ist in Deutschland seit diesem Jahr verboten. Zu unklar sind die Risiken für Umwelt und Gesundheit, vor allem wenn es um Wasser- und Luftverschmutzung geht. Laut einer neuen Studie aus den USA könnte die Methode zur Erdöl- und Erdgasgewinnung aber auch für Ungeborene gefährlich sein.

Mehr zum Thema Natur & Umwelt

Vor einigen Jahren war das Hydraulic Fracturing, kurz: Fracking, in aller Munde und ein großer Hoffnungsträger im Energiesektor. Tief im Gestein verborgenes Erdöl und Erdgas sollte damit gehoben werden, vor allem in den USA herrschte nahezu Goldgräberstimmung. Ein Bundesstaat, Pennsylvania, bekam besonders viele Fracking-Anlagen.

Denn dort gibt es die sogenannte Marcellus-Formation – eine Gesteinsformation von 250.000 Quadratkilometern Größe (etwa die Größe Großbritanniens und Nordirlands), in der besonders viel Schiefergas zu holen sein könnte.

Aus Pennsylvania stammt nun auch eine aktuelle Studie zu möglichen gesundheitlichen Auswirkungen des Fracking.

Wissenschaftler der Universitäten in Princeton, der University of Chicago und der University of California in Los Angeles haben die Geburtsdaten von mehr als einer Million Babys untersucht, die dort zwischen 2004 und 2013 zur Welt kamen.

Mehr Babys mit unter 2.500 Gramm Geburtsgewicht

Die Forscher stellten fest, dass Neugeborene, deren Mütter weniger als einen Kilometer von einer Fracking-Anlage entfernt lebten, häufiger ein niedriges Geburtsgewicht von unter 2.500 Gramm hatten, als Neugeborene, deren Mütter weiter weg wohnten.

Zudem war das durchschnittliche Geburtsgewicht umso niedriger, je näher die Schwangeren an der Anlage wohnten.

Wohnten sie weiter als drei Kilometer weg, zeigte die Datenanalyse keine Beeinträchtigungen mehr. Offenbar hat die Nähe zu Fracking-Anlagen also eine negative gesundheitliche Auswirkungen auf die Entwicklung des Babys im Mutterleib.

Ein niedriges Geburtsgewicht erhöht laut medizinischen Studien unter anderem die Wahrscheinlichkeit für Säuglingssterblichkeit und für Krankheiten wie ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätssyndrom) oder Asthma.

Die Studie legt zwar einen Zusammenhang zwischen dem niedrigen Geburtsgewicht und der nahen Fracking-Anlage nahe, allerdings merken die Autoren selbst kritisch an, dass sie nicht erklären können, was konkret die Ursache dafür sein könnte.

Gefahr für das Grundwasser?

Weitere Studien werden nötig sein, auch wenn es hinsichtlich dieser recht neuen Technologie nicht nur bei Umweltschützern mittlerweile Bedenken gibt. Nicht umsonst hat die Bundesregierung am 11. Februar 2017 ein Gesetz verabschiedet, wonach nicht-konventionelles Fracking in Deutschland verboten ist.

Beim nicht-konventionellen Fracking wird ein Wasser-Sand-Chemikalien-Gemisch unter hohem Druck so in Schiefer- oder anderes festes Gestein gepresst, dass es aufgerissen wird und das darin enthaltene Erdöl oder -gas abgezapft werden kann.

Anders als beim konventionellen Fracking, das in größerer Tiefe und porösem Gestein stattfindet, liegen die Fracking-Rohre beim nicht-konventionellen Fracking weiter oben und somit näher am Grundwasserspiegel, wie das Bundesumweltministerium schreibt.

Konventionelles Fracking ist zudem in mehrerlei Hinsicht weniger aufwendig. Erstens weil das Gestein, in dem befrackt wird, durchlässiger ist, zweitens, weil das Gas in diesem Gestein leichter zu gewinnen ist.

Radioaktive Isotope im Gestein

Unter anderem gibt es die Befürchtung, dass die beim nicht-konventionellen Fracking in hohem Maß eingesetzten Chemikalien, die unter anderem dazu dienen, die Risse für die Zeit der Förderung offen zu halten, ins Grundwasser gelangen könnten.

Eine Studie ebenfalls in Pennsylvania hat etwa gezeigt, dass das Grundwasser in der Nähe einer Fracking-Anlage nach der Inbetriebnahme mehr Chlorid und mehr Feststoffe führte als vorher. Zudem wird bei dieser Technik sogenanntes Lagerstätten- oder Tiefenwasser mit gefördert, das vorher im Gestein eingeschlossen war und das laut Umweltministerium hoch mineralisiert und teilweise radioaktiv sein kann.

Die EU-Kommission hat vor drei Jahren nach eingehender Prüfung der bis dato vorliegenden Daten eine Risikoeinschätzung abgegeben, bei der ebenfalls einige negative Auswirkungen des Fracking genannt wurden.

Neben der Wasserverschmutzung (vor allem durch die Chemikalien und falsche Entsorgung von Abwässern) waren das Luftverschmutzung (vor allem durch Methan und Kohlendioxid; bei einer Studie in den USA wurde auch das Atemgift Dichlormethan gemessen) und der hohe Wasserverbrauch beim Sprengen des Gesteins.

Auffällig viele Krebsfälle in Niedersachsen

Diese Unsicherheiten und möglichen Gefahren haben in Deutschland zu dem erwähnten Teilverbot von Fracking geführt. Die Bedingungen für konventionelles Fracking, wie es bereits vor Jahrzehnten in Niedersachsen eingeführt wurde, wurden zwar verschärft, es ist aber nach wie vor erlaubt.

Dass konventionelles Fracking nicht auch Risiken für die Gesundheit birgt, kann jedoch nicht ausgeschlossen werden.

Tatsächlich hat es in den vergangenen Jahren eine auffallend hohe Zahl an Krebsfällen in der Gemeinde Bothel und der Stadt Rothenburg/Wümme gegeben, wo seit den 1980er Jahre gefrackt wird.

Bisherige Untersuchungen haben laut dem Umweltministerium keinen Zusammenhang zwischen dem Fracking und den Krankheitsfällen ergeben, es sollen aber weitere Studien folgen.

Mehr Unabhängigkeit durch Fracking

Befürworter der Fracking-Technik betonen vor allem, dass sie ein Land unabhängiger von Energieimporten und damit unabhängiger von anderen Ländern mache. Das führe auch zu niedrigeren Energiepreisen.

Ganz besonders gilt das für die USA, weshalb das Fracking dort vor einigen Jahren einen großen Boom erlebte.

Die möglichen positiven Auswirkungen des Booms haben auch die Autoren der aktuellen Neugeborenen-Studie erwähnt: Eine bessere wirtschaftliche Lage der Familien im Umkreis von Fracking-Anlagen könne einige negative gesundheitlichen Auswirkungen durchaus aufheben, schreiben sie.

JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.