Chemtrails am Himmel sollen uns vergiften, die Erde ist eine Scheibe und den Klimawandel haben sich die Chinesen ausgedacht. Verschwörungstheorien gibt es in allen Facetten. Doch so absurd sie auch klingen: Es gibt Leute, die von ihrer Wahrheit überzeugt sind. Warum aber glauben Menschen lieber dem Absurden, als den wissenschaftlichen Fakten?

Alle Mystery-Themen im Überblick

Es ist nicht immer alles so, wie es scheint. Davon sind Verschwörungstheoretiker rund um den Globus überzeugt.

Jeder von ihnen begründet dieses Misstrauen anders. Doch fest steht: Wird das Grundvertrauen des Menschen in die Politik und die Welt im Großen und Ganzen erschüttert, bieten Verschwörungstheorien einen willkommenen Anker.

Glaube an Verschwörung gründet auf Angst

Der Mensch wird von einer diffusen Unsicherheit sich selbst und der Welt gegenüber dazu verleitet, Dinge zu glauben, die gar nicht der Wahrheit entsprechen.

Kann er sich etwas nicht erklären, weil es dafür seiner Meinung nach keine sinnvolle Erklärung gibt, öffnet er sich Theorien, die ihn in seinen eigenen Gedanken bestärken.

Physiker Prof. Harald Lesch erklärt dieses Phänomen in der ZDF-Sendung "Verschwörungstheorien - Erfundene Wahrheiten?" folgendermaßen:

"Ich glaube, dass vieles von dem, was in Verschwörungstheorien steckt, damit zu tun hat, dass sehr viele Menschen unzufrieden damit sind, was in der Welt passiert. Entweder, weil sie es nicht verstehen, weil sie es nicht glauben können oder weil sie eine Mischung aus Glauben und Verstehen nicht zusammenkriegen. Und weil sie dieser ganzen Welt gegenüberstehen und sagen: 'Das sind doch alles Verbrecher, die wollen doch mich, mein Land, meinen Kontinent, in den Untergang treiben.'"

In jedem von uns schlummert ein Verschwörungstheoretiker

Es ist das klassische Narrativ des Verschwörungstheoretikers: Eine Gruppe wird dafür verantwortlich gemacht, anderen schaden zu wollen, um sich selbst Macht und Weltherrschaft sichern zu können.

Chemtrails etwa, also die Kondensstreifen von Flugzeugen am Himmel, sollen Menschen und Pflanzen vergiften, um die Zahl der Bevölkerung auf der Erde zu reduzieren. Vorausgesetzt, die Welt, wie wir sie kennen, gibt es überhaupt: Die Flat Earth Society vertritt nämlich die Meinung, die Erde sei gar keine Kugel.

Auch normale Themen haben Verschwörungspotenzial

Doch es müssen nicht immer absurde Dinge sein, die zur Verschwörungstheorie werden: Es reichen aktuelle Geschehnisse und politische Entwicklungen, um den unbescholtenen Bürger zum Nachdenken anzuregen.

Findet er bei dieser Gedankenreise keine Erklärung, sondern entdeckt vielmehr die Möglichkeit, dass er ein Opfer sein könnte, ist die passende Theorie eines Komplotts schnell formuliert.

Philosoph Richard David Precht, seinerseits Gastgeber bei "Verschwörungstheorien - Erfundene Wahrheiten?", drückt es folgendermaßen aus: "Das wichtigste Motiv des Menschen ist es, recht zu haben - und nicht die Wahrheit."

In der direkten Kommunikation mit anderen legen wir nicht immer Wert darauf, dass ein Sachverhalt wirklich stimmt, sondern, dass dieser Sachverhalt glaubwürdig vermittelt wird. Wer also einfach nur recht haben will, ist durchaus bereit, sich die hierfür nötigen Theorien bereitzulegen.

Können wir eine Täuschung identifizieren?

Hat man als "normaler" Bürger überhaupt eine Möglichkeit, herauszufinden, wo eine Täuschung der Öffentlichkeit stattfindet und wo es sich um eine Verschwörungstheorie handelt?

Lesch beantwortet die Frage mit einem klaren Nein. Denn eine wirkliche Sicherheit, was wahr und was inszeniert ist, können wir seiner Meinung nach nicht haben.

Die einzige Möglichkeit der Annäherung sieht Lesch darin, dass man seinen Verstand und sein Bauchgefühl einsetzt, um gemeinsam mit anderen den Gehalt einer Sache von Grund auf zu hinterfragen.

Doch ist das, was dabei herauskommt, schließlich die "wahre" Wahrheit?

"Eine absolute Wahrheit gibt es nicht, also müssen wir etwas glauben. Wahrheit und Wirklichkeit müssen aber nicht immer direkt etwas miteinander zu tun haben, auch wenn wir der Auffassung sind", ist Lesch überzeugt.

Klimawandel? Gibt es gar nicht. Oder doch?

Ein Beispiel hierfür stellt die Diskussion um den Klimawandel dar. Die Wissenschaft kann belegen, dass es den Klimawandel gibt und wie weitreichend seine Auswirkungen auf Lebewesen und die Erde sind. Doch physikalische Wahrheiten werden von Kritikern nicht akzeptiert, wie es etwa Donald Trump bewiesen hat.

Im Juni 2017 hatte der US-Präsident den Ausstieg der USA aus dem Pariser Klimaabkommen angeregt, weil der Klimawandel seiner Meinung nach keine echte Bedrohung für die Menschheit darstellt.

"Klimaskeptiker kritisieren eine Physik, die genau die Physik ist, die eine Grundlage für die Technologie darstellt, die sie selbst jeden Tag nutzen!", sagt Lesch. Der Mensch an sich glaubt eben, was er glauben will.

Verschwörung als Rettungsanker zur Realität

Auf viele Fragen gibt die Wissenschaft eine klare Antwort - doch viele Fragen, die den Menschen in seinem Leben betreffen, bleiben unbeantwortet. So werden Verschwörungstheorien quasi Nachfolger der Mythen.

Mythen, wie man sie sich früher erzählt hat, um für Unerklärliches, wenn schon keine Erklärung, so zumindest etwas zu haben, an das man glauben kann.

Etwas, das auch ohne einen Gott auskommt - denn auch dessen Existenz lässt sich nun mal nicht beweisen. In diesem Punkt sind sich Physiker und Philosoph einig. (ncs)

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