Was tun mit alten Rovern vom Mars oder Apollo-Landemodulen? Ist das nur Müll? Ein interdisziplinäres Team sieht die technischen Geräte als archäologische Funde, die geschützt werden sollen - und auf keinen Fall zerstört oder recycelt.

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Mehr als ein halbes Jahrhundert ist vergangen, seit die Menschheit erstmals Spuren auf einem anderen Planeten hinterließ. Damals, im Jahr 1971, zerschellte die Raumsonde einer sowjetischen Mission auf dem Mars. Mindestens weitere 15 Missionen folgten, mit Landemodulen, Fahrzeugen, Bohrmaschinen, Helikoptern.

Diese menschengemachten Dinge sollten als archäologische Funde und Teil des kulturellen Erbes der Menschheit betrachtet werden, schreibt eine interdisziplinäre Gruppe aus Fachleuten der Archäologie, Anthropologie, Astronomie und Geologie in einem Kommentar im Fachblatt "Nature Astronomy".

Dokumentation und Schutz gefordert

"Es ist wichtig, darauf hinzuweisen, dass die archäologischen Eintragungen auf dem Mars ein Beweis für die erste Erforschung eines anderen Planeten durch unsere Spezies sind - und jede versehentliche zukünftige Zerstörung dieser Aufzeichnungen wäre dauerhaft." Deswegen sollten die für die Menschheit wichtigen archäologischen Orte außerhalb der Erde dokumentiert und geschützt werden.

Besonders zentrale Orte auf anderen Himmelskörpern sind für die Gruppe vor allem das Landungsgebiet der Apollo-11-Mission auf dem Mond im Jahr 1969, in dessen Umgebung die ersten Fußabdrücke von Menschen auf dem Mond entstanden, sowie der Einschlagskrater der sowjetischen Luna-2-Mission auf dem Mond im Jahr 1959. Auch auf dem Planeten Venus hinterließen Missionen schon Sonden. "Diese Beispiele sind herausragende Meilensteine in der Geschichte der Menschheit", heißt es in dem Kommentar.

"Weltraummüll" oder "Weltraumerbe"?

Häufig würden die zurückgelassenen Materialien als "Weltraummüll" oder "galaktische Abfälle" bezeichnet, beklagen die Forschenden. Neben Raumsonden, Landungsmodulen und Fahrzeugen gehören dazu auch Netze, Fallschirme, Teile von Aluminiumrädern und Hitzeschutzteile. Allein auf dem Mars könnten das etwa 9.979 Kilogramm sein.

Tatsächlich redet Manuel Metz von der Deutschen Raumfahrtagentur im DLR von Weltraumschrott, wenn er von seinem Aufgabengebiet spricht. Dabei hat er nicht nur die Hinterlassenschaften der Raumfahrt auf Mond, Mars und Venus im Blick, sondern vor allem die zahlreichen Satelliten, welche die Erde umkreisen. Dabei werde Weltraumschrott vor allem unter einem Aspekt betrachtet: Ob er eine Gefahr für die Raumfahrt oder für die Menschen auf der Erde darstellt.

Diesen Blickwinkel hofft das Autorenteam des "Nature Astronomy"-Kommentars zu verändern. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zählen neben materiellen Überbleibseln auch nicht-tragbare Artefakte auf anderen Himmelskörpern zu den archäologischen Funden, etwa Probeentnahmestellen, Fußabdrücke oder Fahrspuren.

Forschungsteam möchte "Weltraumerbe" erhalten

"Zusammengenommen stellen diese Stätten, Artefakte und Merkmale eine wichtige materielle Kultur dar - bekannt als Weltraumerbe -, die untrennbar mit der evolutionären Migrationsgeschichte unserer Art verbunden ist." Dieses Erbe sei gefährdet durch Verwitterung, Meteoriteneinschläge, Abstürze oder zu nahe Landungen, schreiben sie. Dabei müsse es im Interesse der Menschheit sein, dieses Erbe zu erhalten.

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"Unser Hauptargument ist, dass die Ausbreitung des Homo sapiens in Afrika begann, dann andere Kontinente erreichte und nun auch außerhalb der Erde weitergeht", erläutert Hauptautor Justin Holcomb von der University of Kansas. "Wir haben damit begonnen, das Sonnensystem zu bevölkern. Und so, wie wir Artefakte und Merkmale nutzen, um unsere Ausbreitung, Evolution und Geschichte auf der Erde zu verfolgen, können wir dies auch im Weltraum tun, indem wir Sonden, Satelliten, Landegeräte und verschiedene zurückgelassene Materialien verfolgen."

Oder doch alte Materialien recyceln?

Andere Fachleute sehen die Objekte im Weltall nicht so sehr als Kulturerbe, sondern eher als Ressource. Sie schlagen vor, Satelliten und Raumstationen nach Ende ihrer Nutzung im Orbit zu belassen, um daraus Materialien zu recyclen. Metz von der DLR Raumfahrtagentur aber hält die Idee für nicht sehr plausibel. "Alte Satelliten einzusammeln, die Materialien sauber zu trennen, sie im Orbit einzuschmelzen und dann dort neue Satelliten zu produzieren: Das wird sich wahrscheinlich nie lohnen."

Selbst bei der Internationalen Raumstation ISS, die immerhin eine sehr große Struktur ist, wäre das Wiederverwerten laut Metz "sehr, sehr komplex". "Ein zweites Problem ist die Orbit-Höhe. Um sie vernünftig zu parken, müsste man sie von 400 auf 2.000 Kilometer anheben, ansonsten kann sie absinken. Das wäre ein unglaublich komplexes Manöver mit vielen Raumschiffen", sagt er. Deswegen sei die derzeitige Lösung für solchen, wie er sagt, "Weltraumschrott": Absinken lassen und zum Absturz bringen. (Doreen Garud, dpa/bearbeitet von sbi)

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