• In der Karakum-Wüste Turkmenistans befindet sich nahe dem Dorf Derweze ein Krater, in dem seit Jahrzehnten Flammen lodern.
  • Es wird vermutet, dass es sich beim "Tor zur Hölle" um die Folge eines Unfalls während sowjetischer Probebohrungen in den 1970er Jahren handelt.
  • Das beeindruckende Phänomen ist jedoch kein Einzelfall und auch für die Forschung interessant – etwa für die Frage, ob es Leben im Weltall gibt.

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Von Weitem betrachtet ist es tagsüber nur eine dunkle Fläche, die sich deutlich sichtbar vom hellen Boden der Karakum-Wüste in Turkmenistan abhebt. Je näher man ihr kommt, desto stärker zeichnet sich ab, dass hier ein großer Krater, ein nahezu kreisförmiges Loch im Boden ist.

Erst aus der Nähe zeigt sich dann, dass es sich um keine gewöhnliche Vertiefung handelt: Im Inneren des Kraters lodern Flammen, von denen kein Rauch ausgeht. Vor allem nachts entfaltet das Phänomen seinen Zauber, man sieht den rötlichen Schein der Flammen schon von Weitem.

Beim Blick in die Tiefe fühlt man sich an traditionelle Darstellungen des Höllenfeuers erinnert. Allerdings ist die Ursache für dieses Phänomen im Krater von Derweze sehr weltlich: An der Stelle tritt Gas aus dem Boden aus, das verbrennt.

Ein einzigartiges Spektakel

"Was dort brennt, sind sicher Kohlenwasserstoffgase", meint Reinhard Sachsenhofer, Professor für Erdölgeologie an der Montanuniversität Leoben, im Gespräch mit unserer Redaktion: "Hauptsächlich Methan, ich würde aber annehmen, dass auch noch Spuren von dem, was man als höhere Kohlenwasserstoffe wie Ethan, Propan oder Butan bezeichnet, enthalten sind."

Unter dem Strich handelt es sich dabei um eine Form von Erdgas. Dieses lässt sich in Kohlenwasserstoffgase und Nicht-Kohlenstoffwassergase einteilen. Zu letzteren gehören etwa Kohlenstoffdioxid (CO2), Wasserstoff oder Schwefelwasserstoff, während bei ersterem Methan am häufigsten vorkommt.

Im Fall des Kraters von Derweze dürfte das Gas seinen Ursprung in tief gelegenen Kohlevorkommen unter der Wüste haben: "Damit man eine Erdgaslagerstätte kriegt, braucht man im Normalfall ein Muttergestein. In diesem Fall dürfte das in den unter- und mitteljurassischen Schichten sein, wo es anscheinend Kohleflöze gibt. Wenn Kohle hier versenkt wird, dann entsteht aus dem kohligen Material Methan. Dieses Methan entweicht auch in höhere Schichten und wenn es dann eine Falle gibt, wie etwa in diesen Karbonaten, die nach oben abgedichtet sind, dann entsteht dort eine natürliche Lagerstätte." Karbonat neigt zur Verkarstung, sodass große Hohlräume entstehen können.

Erdgas muss dabei aber nicht immer Kohle als Ursache haben, es ist aber häufig der Fall: "Ein Großteil des Erdgases in Norddeutschland kommt beispielsweise aus der Kohle, die im Ruhrgebiet abgebaut worden ist", verweist Sachsenhofer nach Deutschland. Diese Kohlevorkommen reichen weit in den Norden, liegen dort aber bereits so tief, dass sie nicht mehr mittels Bergbau gewonnen werden können.

Folgen einer sowjetischen Bohrung?

Wie dieser faszinierende Ort in der Karakum genau entstanden ist, ist nicht völlig klar. Die am meisten verbreitete Annahme ist, dass der Krater die Folge einer Bohrung aus dem Jahre 1971 ist. Turkmenistan war damals noch kein eigenständiger Staat, sondern eine sozialistische Republik innerhalb der Sowjetunion. Sowjetische Geologen, so das bekannte Narrativ, seien auf der Suche nach Erdgas auf eine unterirdische Höhle gestoßen, die durch die Probebohrungen zerstört wurde.

Daraufhin sei an dieser Stelle der Boden eingebrochen und der Krater entstanden. Aus Angst, dass das austretende Methan negative Folgen für die Umgebung haben könnte, entschloss man sich, das Gas anzuzünden und hoffte, dass das Feuer nach einiger Zeit von selbst wieder ausgehen würde. Das stellte sich allerdings als Trugschluss heraus und der Krater steht bis heute in Flammen, weil immer wieder neues Gas aus der Tiefe nach oben gelangt.

So spannend die Geschichte auch klingt, ihr Wahrheitsgehalt ist schwer nachzuweisen. Aufzeichnungen über ein solches Unternehmen in dieser Region sind nicht bekannt. Wenn es welche gibt, befinden sie sich wohl in irgendeinem Archiv bis heute unter Verschluss. Was man hingegen sicher weiß ist, dass die dortigen Vorkommen an Erdöl und Erdgas zu Sowjetzeiten erschlossen wurden. Noch heute gibt es in der Karakum mehrere Gasfelder. Turkmenistan ist weltweit im Besitz der viertgrößten Reserven an Erdgas.

Allerdings ist es auch gut möglich, dass es sich dabei nur um einen Mythos handelt. So gibt es auch Aussagen turkmenischer Geologen, dass es den Krater bereits in den 1960er Jahren gegeben haben soll und dass das Gas erst zu einem späteren Zeitpunkt angezündet worden sein könnte – vielleicht sogar erst in den 1980er Jahren.

Es muss auch nicht zwingend ein durch Menschenhand verursachter Vorgang gewesen sein, der Krater könnte auch natürlich entstanden und das Gas ebenso natürlich entzündet worden sein, etwa durch einen Blitzeinschlag. Im Umfeld des Kraters gibt es zudem noch zwei ähnliche Löcher, in denen allerdings kein Feuer brennt, dafür sind sie mit Wasser bzw. Schlamm gefüllt. Auch Sachsenhofer geht davon aus, dass es sich wohl um die Folgen eines Unfalls handelt: "Ich glaube, dass es ein Unglück der Kohlenwasserstoffindustrie gewesen ist. Wann und wie genau, weiß man aber nicht."

Kann man den Brand löschen und das Gas nutzen?

In Anbetracht dieser Erkenntnisse drängt sich die Frage auf, ob es sich im Falle von Derweze nicht um eine gigantische Verschwendung von Erdgas handelt, das hier verbrannt wird ohne genutzt werden zu können. "Vielleicht kann man das Wort 'gigantisch' hinterfragen", gibt Sachsenhofer zu bedenken, "eine Verschwendung ist es in jedem Fall. Das Feuer brennt zwar seit 50 Jahren, aber so ganz gewaltig sind die Flammen eigentlich nicht. Ich gehe davon aus, dass da immer noch Methan nachströmt, aber nicht in gigantischem Ausmaß. Wobei jetzt 'gigantisch' nicht definiert ist. Aber es ist eine Verschwendung und es wäre auf jeden Fall vernünftiger, man würde das Gas sammeln."

Nachdem in den letzten Jahren noch versucht wurde, den Ort als Tourismus-Attraktion zu vermarkten, ist seit Anfang 2022 das erklärte Ziel der turkmenischen Regierung, den Brand zu löschen. Hier dürfte wohl auch der Gedanke im Spiel sein, das Gas tatsächlich als weitere Erdgasquelle zu nutzen. Bislang hat sich hierbei aber noch nicht viel getan.

Ob es grundsätzlich schwierig ist, ein solches Feuer zu löschen, kann auch Sachsenhofer nicht sicher sagen: "Ich stimme zu, dass es prinzipiell möglich sein muss", meint er.

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Er erinnert an den Zweiten Golfkrieg 1990/91, als irakische Truppen die dortigen Förderanlagen angezündet hatten, diese aber schließlich wieder gelöscht werden konnten. Allerdings hatten diese Anlagen damals nur wenige Quadratmeter Fläche, der Krater in Derweze hingegen ist deutlich größer. "Aus meiner Sicht müsste man versuchen, den Krater luftdicht abzuschließen", meint Sachsenhofer, gibt aber zu bedenken: "Die Frage ist dann aber: Was macht das Gas? Das Gas hat einen bestimmten Druck, vielleicht würde es sich dann neue Wege suchen, entlang von Rissen rund um den Betonstoppel, den man da drauf machen würde. Das sind aber technische Fragen, die jenseits meiner Expertise sind."

Kein Einzelfall: "Ewige Flammen" gibt es seit dem Altertum

Wegen des wahrscheinlichen Unfall-Hintergrunds mag der Karter in der Karakum einen Sonderfall darstellen, das Phänomen selbst ist jedoch nicht so selten, wie es erscheinen mag. Mit Hilfe von Satelliten ist es vor einigen Jahren gelungen, rund um den Globus etwa 7.000 solcher brennender Erdgasstätten aufzuspüren. Die größte davon befindet sich mit Punta de Mata in Venezuela.

Grundsätzlich sind Erdbrände bereits seit der Antike und als "ewige Feuer" bekannt. So gibt es mit Yanar Dağ in Aserbaidschan und Chimaira in der Türkei zwei Stätten, in denen bereits seit dem Altertum Gas verbrennt. Chimaira fällt dabei etwas aus der Reihe, weiß Sachsenhofer. Denn hier treten nicht wie in den allermeisten Fällen Kohlenwasserstoffe nach oben, sondern Wasserstoff und ein durch Umwandlung aus diesem entstandenes Methan – eine geologische Seltenheit.

Eine weitere bekannte Anlage mit langer Geschichte ist der Ateschgah, ein in der aserbaidschanischen Hauptstadt Baku liegender Feuertempel, dessen Flamme ebenfalls seit der Antike brennt. Allerdings nicht ununterbrochen: "Ich war vor zwei Jahren dort", berichtet Sachsenhofer, "und sie haben uns erzählt, dass das ewige Feuer leider ausgegangen ist, vermutlich durch die Kohlenwasserstoffproduktion in der Umgebung. Jetzt haben sie eine Gaspipeline hingelegt." Somit brennt diese Flamme heute noch, aber nicht mehr durch das dort entstandene Gas, sondern durch eine künstliche Zufuhr.

Solche Phänomene gibt es aber auch im deutschsprachigen Raum. So etwa den Brennenden Berg im Saarland, der bereits von Goethe beschrieben wurde, sowie den Hohen Meißner im Norden Hessens. Bei diesen Erdbränden wird aber kein Gas verbrannt, sondern dort befindliche Kohle. Beide Fälle sind allerdings erst in der Neuzeit aufgetreten. Gasaustritte kennt man zudem auch aus Österreich. "Die Kohlenwasserstofflagerstätten im Wiener Becken, die relativ groß sind, hat auch ein Bauer entdeckt, der gemerkt hat, dass in seinem Fischteich Gasblasen aufstiegen", erinnert Sachsenhofer.

Nutzen für die Forschung

Haben Orte wie Derweze auch einen konkreten Nutzen für die Forschung? Grundsätzlich sind Gasaustritte hilfreich, meint Sachsenhofer, um Rückschlüsse über den jeweiligen Untergrund zu ziehen: "Wenn man Austritte von Kohlenwasserstoffen beobachtet, dann ist das sowohl wissenschaftlich als auch eventuell ökonomisch interessant, weil man eben weiß, dass Kohlenwasserstoffe im Untergrund sind, und dann kann man sich überlegen, warum diese dort sind." Als man etwa im oberösterreichischen Wels nach Wasser bohrte, stieß man auf Erdgas, womit der erste Nachweis erbracht war, dass es auch im Alpenvorland Erdölquellen geben muss.

Wenn das Gas allerdings bereits brennt, wird es schwieriger. Im Falle von Derweze hat man dennoch Erkenntnisse gewinnen können, allerdings ganz anderer Art: Der bekannte Abenteurer George Kourounis war 2013 als erster Mensch im Rahmen einer wissenschaftlichen Expedition in den Krater hinabgestiegen, um von dort Proben zu sammeln. Anhand dieser konnte festgestellt werden, dass es im Krater tatsächlich Leben gibt – Bakterien, denen die hohen Temperaturen und die methanhaltige Umgebung sichtlich nichts ausmachen. Diese wurden allerdings nur dort, nicht aber im Boden um den Krater herum gefunden. Das so gewonnene Wissen könnte nun für die Frage, ob es Leben außerhalb unseres Sonnensystems gibt und wo man nach diesem suchen kann, hilfreich sein. Es ist bekannt, dass es Planeten gibt, deren Oberfläche ähnliche Zustände haben. Somit könnte das "Tor zur Hölle" auch ein wichtiges "Tor zu den Sternen" sein.

Über den Experten: Reinhard Sachsenhofer ist Professor an der Montanuniversität Leoben in der Steiermark und Inhaber des dortigen Lehrstuhls für Erdölgeologie am Department Angewandte Geowissenschaften und Geophysik. Seine Forschungsschwerpunkte sind geologische Beckenanalysen, Kohlenwasserstoffsysteme, Kohlegeologie und organischen Petrologie.

Verwendete Quellen:

  • Gespräch mit Reinhard Sachsenhofer, Professor an der Montanuniversität Leoben
  • National Geographic: Q&A: The First-Ever Expedition to Turkmenistan's "Door to Hell"
  • National Geographic: Unterwelt in Flammen: der Krater von Derweze
  • Geo: "Das Tor zur Hölle": Wie es entstand – und warum es so schwer ist, es zu löschen
  • Spektrum.de: Wie man ein 50 Jahre altes Feuer löscht
  • Harald Lesch u. Klaus Kamphausen: Die Menschheit schafft sich ab. Die Erde im Griff des Anthropozän, 6. Auflage, München 2017
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