Optische Uhren sind genauer als jede andere Uhr und könnten schon bald die Atomuhr ablösen - allerdings gelten sie auch als unzuverlässig. Forscher aus Braunschweig haben gezeigt, dass die Sekunde mit ihnen dennoch neu definiert werden kann.
Ticktack, ticktack - es ist dieses Geräusch, was wohl viele mit einer klassischen Uhr verbinden. Gleichmäßig und ruhig schwingt das Pendel. Zu ruhig für die Wissenschaft, der dieses Intervall schon lange nicht mehr reicht. Deshalb tüfteln Forscher an immer genaueren Zeitmessern. Denn: Je häufiger der Taktgeber einer Uhr pro Sekunde schwingt, desto genauer lässt sich die Sekunde bestimmen und desto weniger geht die Uhr im Laufe der Jahre falsch.
Lange galt die Cäsium-Atomuhr als die genaueste Uhr der Welt. Was bei der klassischen Wanduhr das Pendel ist, ist hier eine atomare Schwingung. Neun Milliarden Mal pro Sekunde schwingt es. Doch es geht noch hektischer und damit noch genauer. An der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) in Braunschweig arbeiten Forscher an einem möglichen Nachfolger: der optischen Uhr. Die atomare Schwingung ist hier noch einmal rund 100.000 Mal schneller.
Wie eine klassische Uhr sieht die optische Uhr allerdings nicht aus. Auf einem großen Tisch im Labor der PTB sind zahlreiche winzige Spiegel angebracht, die Laserstrahlen hin und her leiten. Hier werden die normalerweise viel zu feinen Schwingungen des Lichts messbar gemacht. "Da sind schon viele Doktorarbeiten reingeflossen", sagt Christian Lisdat, Arbeitsgruppenleiter bei der PTB.
Mit Laserlicht zur Zeitmessung
In der Uhr befinden sich mehrere Tausend Strontiumatome in einem Gitter aus Laserlicht. Die Physiker der PTB regen die Atome mit einem weiteren Laser an, um Übergänge der Elektronen auszulösen und anschließend die Schwingungen der Atome zählen zu können.
"In zehn Jahren könnte die optische Uhr die Cäsium-Atomuhr ablösen", meint Wissenschaftler Lisdat. Genauer ist sie jetzt schon, allerdings noch etwas unzuverlässig. "Ein lautes Türenknallen reicht manchmal schon und der Laser kommt aus dem Lot", berichtet er. Dann kommt es bei der Uhr zu Ausfällen.
Um diese Unsicherheit auszugleichen, kombinierten die Wissenschaftler die optische Uhr mit einem Maser, der einem Laser im Mikrowellenbereich entspricht, der bei Ausfällen einsprang. Das gekoppelte System lief 25 Tage lang und konnte die Messunsicherheit geringer halten als zuvor. So gering, dass der Verlust seit Beginn des Universums vor etwa 14 Milliarden Jahren nur 100 Sekunden betragen würde. "Auf der Welt gibt es vielleicht zwei oder drei Uhren, die genauer sind. Aber bei der Stabilität stehen wir dafür super da", sagt Lisdat.
Auf den ersten Blick wirkt die Arbeit der PTB-Wissenschaftler, als sei sie nur etwas für Detailverliebte. "Die Erfahrung zeigt jedoch, dass die heutigen Forschungsuhren morgen technisch eingesetzt werden und es dann wieder eine nächste Generation gibt, an der gerade geforscht wird", meint Thomas Udem vom Max-Planck-Institut für Quantenoptik. Die optischen Atomuhren seien gerade im Begriff den Bereich der Forschung zu verlassen, während die Cäsium-Atomuhren im Alltag bei der Synchronisation von Datennetzen also zum Beispiel beim Übermitteln einer E-Mail und bei der Satellitennavigation, die heute fast jeder Smartphone-Besitzer nutzt, eingesetzt würden.
Auch Lisdat meint: "Natürlich ist das für den Wecker zuhause und den Fahrplan der Bahn irrelevant." Für Highspeed-Trading im Bankensektor oder der Satellitennavigation sei eine noch genauere Bestimmung der Sekunde aber sehr nützlich. Er ist deshalb zuversichtlich, dass die optische Uhr der Welt schon bald den Takt vorgeben wird. © dpa
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