Rot ist nicht immer Rot und Grün nicht für alle das gleiche Grün: Einige Menschen nehmen Farben anders wahr und können vor allem diese beiden schlecht voneinander unterscheiden. Woher kommt eine Rot-Grün-Sehschwäche, und wie beeinträchtigt sie den Alltag?

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Einige Paprikasorten sind rot, andere grün. Die meisten Menschen können die eine Variante des Fruchtgemüses ganz klar von der anderen unterscheiden. Anders sieht es aber für diejenigen aus, die eine Rot-Grün-Sehschwäche haben. Dann erscheinen zwei Paprikas mit verschiedenen Farben eher grau. Wie entsteht die Sehschwäche? Wie merkt man, ob man betroffen ist? Und wenn es so ist, was kann man tun? Wir beantworten die wichtigsten Fragen zum Thema.

Was ist eine Rot-Grün-Sehschwäche?

Eine Rot-Grün-Sehschwäche ist eine Störung der Farbwahrnehmung, die immer beide Augen beeinträchtigt. Wer betroffen ist, sieht die beiden Farben Rot und Grün schwächer und kann sie nicht klar und deutlich voneinander unterscheiden. Es gibt verschiedene Ausprägungen, die Farben werden also unterschiedlich intensiv wahrgenommen. Je nachdem erscheinen sie matter, farbloser und eher wie unterschiedlich gefärbte Graustufen.

Unter dem Oberbegriff werden zwei Störungen zusammengefasst: Bei der Rot-Sehschwäche oder Protanomalie erkennen Betroffene die Farbe Rot schlechter, bei der Grün-Sehschwäche oder Deuteranomalie nehmen sie Grün weniger gut wahr.

Wie unterscheiden sich Rot-Grün-Blindheit und -Sehschwäche?

Im Alltag ist häufig von einer Farbenblindheit oder Rot-Grün-Blindheit die Rede, wenn die Sehschwäche gemeint ist. Doch die Bezeichnungen sind irreführend, denn das Sehvermögen für die beiden Farben ist bei der Sehschwäche noch vorhanden.

Es gibt aber tatsächlich eine Rot-Grün-Blindheit, die allerdings seltener vorkommt: Dann sehen Betroffene die beiden Farben gar nicht. Bei einer Farbenblindheit werden überhaupt keine Farben erkannt, sondern nur Kontraste. Darüber hinaus existiert auch eine Gelb-Blau-Sehschwäche.

Wer ist von der Sehschwäche betroffen?

Von einer Rot-Grün-Sehschwäche oder -Blindheit sind deutlich mehr Männer als Frauen betroffen: 9 Prozent von ihnen haben Schwierigkeiten, die beiden Farben zu erkennen oder sehen sie gar nicht. Bei den Frauen sind es nur 0,8 Prozent. Eine vollständige Farbenblindheit oder Gelb-Blau-Sehschwäche kommen dagegen statistisch nur je einmal bei 100.000 Menschen vor, also viel seltener.

Woher kommt die Sehschwäche?

Die Sehschwäche ist genetisch bedingt und kann vererbt werden. Sie ist damit in jedem Fall angeboren, Menschen können sie nicht im Lauf ihres Lebens entwickeln. Die Fehlsichtigkeit wird durch ein fehlerhaftes Gen auf einem der X-Chromosomen verursacht. Deshalb sind auch weniger Frauen betroffen: Sie haben zwei X-Chromosomen. Eine fehlerhafte Erbanlage auf einem davon kann vom anderen Chromosom ausgeglichen werden. Männer dagegen haben nur ein X- sowie ein Y-Chromosom.

Bestimmte Zellen in der Netzhaut ermöglichen dem menschlichen Auge das Farbensehen. Sie heißen Farbzapfen, und es gibt sie für jede der drei Grundfarben Rot, Grün und Blau. Die fehlerhaften Gene können die Funktion oder Entstehung dieser Zapfen stören.

Wie erkennt man eine Rot-Grün-Sehschwäche?

Augenärzte legen dem Patienten verschiedene Farbtafeln vor, um die Sehschwäche festzustellen – und um herauszufinden, ob eher Rot oder eher Grün betroffen ist. Die Tafeln enthalten Zahlen und Figuren, die sich aus Linien mit roten, orangen und grünen Punkten zusammensetzen. Sie sehen beispielsweise so aus:

Normalsichtige erkennen in diesen Bildern eine rote und orangefarbene 12 beziehungsweise eine 6 vor einem jeweils grünlichen Hintergrund. Betroffene der Rot-Grün-Sehschwäche können die Ziffern nicht oder schlecht lesen. Diese Sehtests hat der japanische Augenarzt Ishihara Shinobu 1917 entwickelt. Es gibt weitere Methoden, um die Fehlsichtigkeit zu diagnostizieren, bei denen zum Beispiel Farben sortiert werden müssen. Dazu kommen Tests speziell für Kinder mit einfachen Symbolen.

Ist die Sehschwäche heilbar?

Die Rot-Grün-Sehschwäche kann weder geheilt noch behandelt werden. Inzwischen sind allerdings Spezialbrillen mit einer Beschichtung zu haben, die das Erkennen der beiden Farben erleichtern sollen.

Wie beeinträchtigt die Fehlsichtigkeit den Alltag?

Die Sehschwäche hat im Alltag kaum Auswirkungen – abgesehen vom Straßenverkehr und bei der Berufswahl. Menschen mit einer Rotschwäche erkennen rote Ampeln vor allem nachts oft erst dann, wenn sie sich ganz in der Nähe befinden. Eine Grünschwäche ist weniger gefährlich, weil bei einer grünen Ampel keine schnelle Reaktion erforderlich ist. Es hängt aber auch hier von der Ausprägung der Fehlsichtigkeit ab, wie stark die Einschränkungen sind.

Rot-Grün-Blinde können dagegen keinen Führerschein machen. Probleme können Betroffene bei der Berufswahl bekommen, wenn die Sehschwäche stark ausgebildet ist. In manchen Fällen können dann Tätigkeiten wie Bus- oder Taxifahrer, Pilot, Lokomotivführer, Kapitän oder Polizist nicht ausgeführt werden. Wer diese Berufe ausüben will, muss deshalb vorher augenärztliche Untersuchungen absolvieren.

Verwendete Quellen:

  • Universitäts-Augenklinik Bochum: Störungen der Farbwahrnehmung
  • Netdoktor.de: Rot-Grün-Schwäche
  • Lifeline.de: Farbenblind? Ishihara-Bilder enthüllen Rot-Grün-Schwäche


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