Kleinkrafträder sowie 50er-Roller sollen schneller laufen dürfen als 45 km/h. Eine unserer Einschätzung nach sinnvolle Petition wurde Anfang 2023 gestartet und sammelte genug Unterschriften. Leider scheint sie weiterhin vom Petitionsausschuss unbearbeitet zu bleiben.

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Seit 2002 gilt EU-weit für Kleinkrafträder, wozu Mokicks, Mopeds und Roller bis 50 Kubik zählen, aber auch Elektro-Zweiräder bis 4 Kilowatt Leistung, eine bauartbedingte Höchstgeschwindigkeit von maximal 45 km/h. Die zuvor in Deutschland gültige Höchstgeschwindigkeit 50 km/h wurde damit der Europäisierung geopfert. Das sorgte von Anfang an für Kritik, gerade aus Motorradfahrer-Kreisen.

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Wichtigstes Argument gegen das neue Limit: 45 km/h macht Mopedfahren gefährlicher. Denn mit 45 km/h ist es nicht mehr möglich, im mindestens 50 km/h und mehr fahrenden Stadtverkehr mitzuschwimmen. 50er-Fahrer werden also nicht nur zu Verkehrshindernissen, die die Autos ungewollt ausbremsen. Sie sind zusätzlich noch der nicht unerheblichen Gefahr ausgesetzt, permanent überholt und dabei geschnitten zu werden.

Über 50.000 Unterschriften kamen zusammen

Seit Jahresbeginn 2023 lief die Online-Petition. Die erforderlichen 50.000 Stimmen wurden mit 52.155 Unterschriften noch übertroffen. Die Stimmen wurden gesammelt, um folgenden Antrag im Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages einzureichen: "Der Deutsche Bundestag möge beschließen, die zulässige Höchstgeschwindigkeit für Kleinkrafträder mit bis zu 50 ccm Hubraum bzw. bei E-Scooter bis zu einer maximalen Dauernennleistung von 4 KW (6 PS), die mit dem im Führerschein der Klasse B integrierten Führerschein der Klasse AM geführt werden dürfen, von 45 km/h auf 60 km/h anzuheben."

Beim Petitionsausschuss des Bundestages eingereicht

Initiator der Petition war der SIP Scootershop aus dem bayerischen Landsberg am Lech. Das Team SIP Scootershop vermeldete am 18. Juli 2023: "Wir sind aktuell auf der Suche nach einem Mandatsträger für eine öffentliche Übergabe der Unterschriften. Wir werden euch hier auf dem Laufenden halten! Im Anschluss werden wir die Unterschriften technisch an den Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages zur Beratung einreichen."

Update vom 29. August 2023

Am 29. August 2023 war es dann so weit: Die Unterschriften wurden an den Bundestagsabgeordneten Volker Ullrich von der CSU übergeben und die Petition wurde beim Petitionsausschuss des Bundestages eingereicht. Jetzt ist also die Politik gefragt.

Update vom 1. Dezember 2023: weitere Prüfung eingeleitet

Die Initiatoren bekamen vom Petitionsausschuss des Bundestages Bescheid, dass zu ihrem Anliegen eine weitere Prüfung eingeleitet wurde. Der Ausschussdienst des Petitionsausschusses erstellt im nächsten Schritt eine Beschlussempfehlung mit Begründung. Darauf folgt dann die parlamentarische Beratung und letztendlich die Beschlussfassung im Bundestag. Wir sind gespannt, wie es weitergeht und halten euch auf dem Laufenden.

Update vom 9. Januar 2025: Petitionsantrag bleibt unbearbeitet

Die Initiatoren der Petition, die Jungs vom SIP Scootershop, geben sich nicht zufrieden mit der Hinhaltungstaktik des Petitionsausschusses und haken weiter nach. Im Dezember 2024 bekamen sie vom Ausschuss folgende Antwort: "Ihr Vorgang befindet sich weiterhin zur Prüfung bei den als Berichterstatter eingesetzten Abgeordneten des Petitionsausschusses. Anschließend wird er dem Petitionsausschuss vorgelegt. Aufgrund der aktuellen politischen Situation kann es jedoch zu Verzögerungen kommen. (...)" Die Initiatoren folgern daraus: "Mit diesem Schreiben werden wir weiter hingehalten. Offenbar besteht kein Interesse im Bundestag, sich mit dem Sachverhalt auseinanderzusetzen." Und sie schlagen Folgendes vor:

"Was kann jetzt jeder Einzelne tun? Es ist Bundestagswahl, und das ist die Zeit in der Wahlperiode, in der die zur Wahl Stehenden zuhören. Schreib deinen Wahlkreisabgeordneten an. Den findest du schnell hier: www.bundestag.de/abgeordnete/wahlkreise. Frag, warum sich mit dem Anliegen nicht auseinandergesetzt wird. Bitte deinen Abgeordneten, beim Petitionsausschuss und dort direkt bei der Amtsrätin Knop nachzuhaken. Email: vorzimmer.pet1@bundestag.de. Vielleicht können wir ein wenig Druck aufbauen. Danke für deine Unterstützung!"

DDR-Schwalbe darf 60 km/h fahren

Übrigens: Für eine Reihe Kleinkrafträder aus der ehemaligen DDR, allen voran die legendäre Simson Schwalbe, sieht das seit 2002 gültige Gesetz ohnehin eine Ausnahme vor: Schwalbe und Co. dürfen, wenn sie vor März 1992 erstmals in den Verkehr gekommen sind, wie zu Ostzeiten weiterhin in Deutschland bis zu 60 km/h schnell sein.

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Fazit

In 7 von 12 Staaten der Europäischen Gemeinschaft galt für Kleinkrafträder eine Beschränkung auf 45 km/h, nur in 3 Ländern galt 50 km/h, darunter Deutschland und Österreich. Der Kompromiss wurde damals also einfach zugunsten der Mehrheit geschlossen. Mittlerweile gilt in nahezu allen EU-Staaten eine Hubraum-Beschränkung für Schnellstraßen und Autobahnen. Das heißt, nur weil Kleinkrafträder 50 oder 60 km/h schnell fahren dürften, bekämen sie keinen Freifahrtschein für Straßen, auf denen es gefährlich für sie werden könnte. Demnach sieht es an der Argumentationsfront der 45-km/h-Befürworter denkbar dünn aus. Wir drücken die Daumen für den Antrag, der leider seit 2023 vom Petitionsausschuss unbearbeitet zu bleiben scheint.  © Motorrad-Online

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