Milan Nedeljkovic, Produktionsvorstand bei BMW, sprach in einem Interview mit der Zeitung "Merkur" die Herausforderungen und Chancen der Elektromobilität, die Situation der Produktionsstandorte in Deutschland und die internationale Expansion des Unternehmens.

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Nedeljkovic erklärte die Strategien, mit denen BMW auf die aktuellen Entwicklungen reagiert, und plädierte für neue Anreize, um die Verbreitung von Elektroautos zu fördern.

Elektroautos und Anreize zur Förderung

Der gebürtige Serbe stellte klar, dass BMW das Ziel unterstützt, den Anteil von Elektroautos auf den Straßen deutlich zu erhöhen. Er äußerte jedoch Bedenken gegenüber dem in der EU diskutierten Verbot von Verbrennerfahrzeugen ab 2035. "Ein Verbot von Neufahrzeugen mit Verbrenner ab 2035 ist in seiner Absolutheit kaum umzusetzen", sagte er und argumentierte, dass ein solches Verbot für viele Verbraucher schwer umsetzbar sei und stattdessen Anreize geschaffen werden sollten, um den Umstieg auf Elektrofahrzeuge zu erleichtern.

Zu diesen Anreizen zählte er nicht nur staatliche Kaufprämien, sondern auch Maßnahmen, die das tägliche Leben der Autofahrer erleichtern könnten. Besonders wichtig sei es, Elektroautos durch exklusive Vorteile attraktiver zu machen. Er schlug vor, Elektrofahrzeugen privilegierten Zugang zu Innenstädten zu gewähren und ihnen kostenlose Parkmöglichkeiten anzubieten. Einer der markantesten Vorschläge: Die Einführung einer eigenen Spur auf Autobahnen, die ausschließlich für Elektroautos reserviert ist. Der 53-Jährige erklärte: "Würde man im Stau stehend dauernd von E-Autos überholt, würden sich viele sicherlich überlegen, ob sie nicht doch umsteigen." Diese Idee zielt darauf ab, den Komfort und die Zeitersparnis für Elektrofahrzeugbesitzer zu erhöhen, was den Kaufanreiz verstärken könnte.

Produktionsstandorte und Investitionen in Deutschland

Trotz der Schwierigkeiten, mit denen die Automobilindustrie in Deutschland konfrontiert ist, unterstreicht der Vorstand, dass BMW weiterhin stark auf seine deutschen Produktionsstandorte setzt. Die Werke in Deutschland seien gut ausgelastet, das Unternehmen habe in den letzten Jahren erhebliche Investitionen getätigt, um diese Standorte für die Zukunft der Automobilindustrie vorzubereiten. "Allein in den vergangenen fünf Jahren haben wir rund fünf Milliarden Euro in unsere deutschen Standorte investiert", so Nedeljkovic. Diese Investitionen flossen unter anderem in die Entwicklung von Kompetenzzentren für Batterietechnologie und Elektroantriebe sowie in die Vorbereitung der künftigen Batteriefertigung im niederbayerischen Straßkirchen.

Nedeljkovic betonte, dass Deutschland trotz der bestehenden Herausforderungen wie hoher Energiepreise, Bürokratie und einer verbesserungswürdigen Infrastruktur ein starker Wirtschafts- und Industriestandort bleibt. "Deutschland ist ein starker Wirtschaftsraum und Industriestandort, das sollte man nicht pauschal schlechtreden", sagte er. Gleichzeitig warnte er jedoch, dass diese Probleme nicht ignoriert werden dürfen. Besonders die hohen Standortkosten und die bürokratischen Hürden könnten die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands in der globalen Automobilindustrie beeinträchtigen. Er forderte die Politik auf, entschlossen zu handeln und die notwendigen Reformen anzugehen, um den Standort Deutschland langfristig attraktiv zu halten.

Expansion nach Ungarn und Standortstrategie

Neben den Investitionen in Deutschland treibt BMW auch seine internationale Expansion voran. Ein bedeutendes Projekt in diesem Zusammenhang ist das neue Werk im ungarischen Debrecen. Dieses Werk ist ein zentraler Baustein in der Strategie von BMW, das Produktionsnetzwerk in Europa für die nächste Generation von Elektrofahrzeugen zu erweitern. Nedeljkovic erläuterte die Entscheidung für den Standort: "Ungarn stellt große Flächen für Neuansiedelungen zur Verfügung und weil es dort viele Zulieferer, gute Universitäten und eine gute Infrastruktur für die Autoindustrie gibt, haben wir uns für den Standort entschieden."

Obwohl Ungarn unter der Führung von Viktor Orbán politisch umstritten ist, machte Nedeljkovic deutlich, dass BMW langfristig in Europa investiere und sich nicht von der Tagespolitik beeinflussen lasse. "Ungarn ist Teil der europäischen Gesellschaft und seit mehr als 20 Jahren EU-Mitglied. Wir investieren mit unserem Werk langfristig in Europa. Unabhängig von der Tagespolitik", sagte er.

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Gleichzeitig betonte der promovierte Ingenieur, dass Deutschland weiterhin ein wichtiger Standort für BMW bleibt. Er verwies auf das Beispiel der neuen Batteriefertigung in Straßkirchen, die trotz anfänglicher Proteste und Bedenken aus der Bevölkerung durchgesetzt wurde. BMW trat in einen intensiven Dialog mit den Bürgern ein und konnte letztlich eine breite Zustimmung für das Projekt erreichen. "Es gehört dazu, dass die Bürger ihre Sorgen und Zweifel auf den Tisch legen dürfen. Das ist ein wichtiger Teil der Demokratie", sagte Nedeljkovic und hob hervor, wie wichtig es ist, die lokale Bevölkerung in Entscheidungsprozesse einzubeziehen.

In der Fotoshow zeigen wir Ihnen die Batteriewerk-Strategie von BMW.  © auto motor und sport

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