Nismo feiert 40 Jahre. Und wir feiern mit. Biturbogeladen, drehfreudig, hochoktanig samt Blick auf den heiligen Berg Fuji samt weißer Schneemütze.

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Als die Nissan Motorsports International Co. vor 40 Jahren gegründet wurde, ahnte keiner, wohin sich die Welt – auch die automobile – mal entwickeln würde. Beim Start in Omori ging es 1984 darum, die motorsportliche Aktivität von Nissan zu bündeln, professionell zu stärken und zudem profitabel in die Serie zu bringen. Sportliche Modelle gab es schließlich schon seit Jahrzehnten, sowohl auf der Straße als auch erfolgreich in Rallyes. Vor allem die harten Langstreckenklassiker zementierten Nissans Ruf als beinharte Durchhalter, etwa in Australien oder Afrika, konkret bei der Safari Rallye. Nismo konzentriert sich auf Rundstrecke und Asphaltsportler. Erkennbar schon vor der Anreise. Unser Hotel liegt nahe einer Autobahn Zahlstation und da kannst Du schon in der Nacht ahnen, dass das ein großartiger Sonntag wird. Auch wenn die Jungs höflich sind und nicht grundsätzlich voll durchladen, der bassige Sound der Sechszylinder-GT-R dringt durch die Hotelfenster, es fällt leicht, auch das Turbopfeifen zu ahnen.

Fairladies jeden Alters

Am nächsten Tag lotst uns der buchstäblich schneeweiße Fuji mit seiner leuchtenden Mütze zum Event am Speedway. In einer langen Schlange pilgern sie zum Parkplatz. Liebevoll erhaltene GT-R der 60er und 70er, Fairladies jeden Alters – also die sechszylindrigen, nicht die auf dem Beifahrersitz. Frauen sieht man beim Festival reichlich, aber im Gegensatz zu sonst kaum am Steuer. Gleichberechtigung hat noch echt Potenzial in Japan. Aber das ist wieder eine andere Geschichte. Eine ebensolche könnte man über Hunde schreiben. Schließlich ist der Hund das neue Kind im bevölkerungsschwindenden Japan. Immerhin: sollten die Menschen auf der Insel aussterben, die Hundepopulation wäre kein Problem. Auch beim Festival werden sie gern präsentiert, in teurer Kleidung (also die Hunde) und in Hightech-Wägelchen mit E-Antrieb oder Trinkwasserspender.

R33 mit HKS und 600 PS

E-Antrieb? Nicht auf dem Fan-Parkplatz. Natürlich hat Nismo inzwischen ebenfalls E-Power entdeckt, nimmt an der Formel E teil oder zeigt mit dem Ariya Nismo Ambitionen Richtung dynamischer Elektromobilität, doch der Nukleus bleibt Z und GT-R. Die begleiten das Festival in allen Varianten. Überraschend viele viertürige Skylines – eine Spezies, bei uns noch exotischer als die Zweitürer R32, 33 und 34, die es offiziell ebenfalls nie in Deutschland gab. Lustig, dass die Japaner lange an der freiwilligen 180 km/h-Begrenzung und dem 280-PS-Limit festhielten. Zumindest, wenn Du dich mit Sakuro Hakachima unterhältst. Dessen R33 dürfte um die 600 PS entwickeln. Wie standfest ist schwierig zu beurteilen, aber die umfangreich HKS-modifizierten Atemwege samt der zwei Oversize-Turbinen legen zumindest eine eruptive Leistungsentfaltung des 2,6-Liter-Reihensechsers nahe.

Robust, Bodykit, Schaltstock

Die überquadratisch ausgelegten Reihensechser gelten wegen ihrer robusten Bauart als tuningfreundlich, nehmen hohen Verbrennungsdruck nicht gleich krumm und behalten ihre Ventile länger bei sich als manch andere Aggregate. Sakuro verwaltet seinen Motor jedenfalls unter anderem mit einem überraschend langen Schaltstock, hält jedoch mit technischen Details hinterm Berg. Doch an Power scheint es seinem Skyline ebenso wenig zu fehlen wie an Style. Dazu trägt schon der Bodykit bei, der die Kühler an der Front freizügig anströmt. Schalensitze und Extra-Instrumente? Ehrensache. Bremse? Mit geschlitzten Maxischeiben und fetten Zangen. Domstrebe? Da regt ihn schon die Frage auf, wer schnell sein will, braucht Steifigkeit. Und Präzision. Die verströmen hier fast alle Autos. Liebe und Präzision. Bei vielen explizit auch die Liebe zum Nürburgring, dokumentiert durch Aufkleber. Krasse Fahrwerksinterpretationen mit absurdem Negativsturz sieht man hier kaum – im Gegensatz zu Daikoku, wo Optik und Performance in einem – sagen wir unverkrampfteren Verhältnis stehen.

Bratwurst? Bitte, gern!

So oder so, wir verabschieden uns vom Parkplatz und suchen nach einem passenden Imbiss als Lunchstopp. Obwohl Japanisch immer geht, zieht es uns zur Deutschlandflagge und dem Café Elbe, das seit 2014 Schnitzel, Bratwurst, Pommes und Co produziert. Der Chef trägt Porsche-Mütze und ist Fan. Wenn Du ihm erzählst, Du kommst aus Stuttgart, kannst Du die Yen in der Tasche lassen.

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Von March Super Turbo bis RB26DETT

Rausgelassen hat Nissan dafür ein Teil seiner Heritage Collection. Normalerweise sind die Nismos Teil der Sammlung im Werk Zama. Sie zeigt die Historie vom Start 1933 bis heute, dabei Nutzwertiges, Elegantes und Trendsetzendes wie den Prairie, Terrano oder Patrol. Oder eben die wilden Hunde von Nismo. Solche wie der March Super Turbo. Die Basis, bei uns bekannt als Micra, rannte in Japan in der Little Dynamite Series. 930 Kubik, Turbo und Kompressor, 110 PS. Reichte 1989 für Bambule. Ein Jahr vorher lief der R88C mit 750 PS starkem V8 als 15. in Le Mans ein. 1995 gelang dem einen GT-R LM mit "nur" 400 PS ein zehnter Platz. Beweis für das Potenzial des GT-R und seines RB26DETT-Motors. Später wurden gute Platzierungen mit seriennahen Modellen schwieriger, sodass Nismo sich 1998 den dritten Platz mit dem Prototypen R390 GT1 holte. Nummer 32 kreist dann auch für Demo-Runden über den Fuji Speedway, ebenso wie eine Armada der in Japan erfolgreichen Skyline GT-R und Z-Modellen aus der Super GT und der JGTC. Irres Gefühl, im November gewärmt von kuscheligen Sonnenstrahlen, mit Blick auf den verschneiten Fuji auf den Naturtribünen zu fläzen und den Idolen aus dem Spielkonsolen-Klassiker Gran Turismo zu lauschen. Wir kommen jedenfalls gern wieder. Vielleicht zum 50sten?  © auto motor und sport

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