Das EU-Verfahren WLTP und der China-Zyklus CLTC liefern ganz unterschiedliche Werte für Verbrauch und Reichweite von Verbrennern und Elektroautos. Wir erklären die beiden Messverfahren und auch, wie Real Drive Emissions (RDE) ermittelt werden.

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Herstellerangaben für Verbrauch und Reichweite – beispielsweise bei neuen Elektroautos – werden auf ganz unterschiedliche Weise ermittelt. In Europa hat sich nach vielen Jahrzehnten NEFZ seit 2017 der Standard WLTP etabliert. In China hingegen werden die Werte aus dem CLTC angegeben. Doch was bedeuten die Abkürzungen? Und warum gibt es zwischen den Standards so große Unterschiede?

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Was bedeutet WLTP?

Die Abkürzung WLTP steht für die "Worldwide harmonized Light vehicles Test Procedure" – also das einheitliche Testverfahren zur Bestimmung der Abgasemissionen und des Kraftstoff-/Stromverbrauchs von Kraftfahrzeugen. Es wird vor allem in Europa, Japan und Indien bei der Neuzulassung von Autos als Datengrundlage angewandt. Die anderen großen internationalen Automärkte USA und China verwenden dafür einen anderen Standard (siehe unten). WLTP wurde 2017 eingeführt und ist seit dem Jahr 2021 verpflichtend bei den Verbrauchsangaben neuer Fahrzeuge. Das Testverfahren beschreibt genau, unter welchen Bedingungen Verbrauchs- und Emissionswerte auf dem Prüfstand gemessen werden sollen.

So ist etwa die Temperatur (23 und 14 Grad Celsius), die Art des Kraftstoffs oder die Reifenauswahl und der Reifendruck genau definiert. Zudem werden auch das Gesamtgewicht des Autos und dessen Zusatzausstattung bestimmt. Der gesamte Fahrzeugmarkt wird dafür in drei Klassen aufgeteilt, wobei die meisten Pkw nach dieser Definition mittlerweile als Hochleistungsfahrzeuge (Klasse 3) mit mehr als 46 PS pro Tonne Gesamtgewicht gelten. Die eigentlichen Fahrzyklen auf dem WLTP-Rollenprüfstand werden mit WLTC abgekürzt (Worldwide harmonized Light vehicles Test Cycle) und sind ebenfalls genau definiert.

Was bedeutet WLTC?

Der "Worldwide harmonized Light vehicles Test Cycle" (WLTC) für die üblichen Pkw (Fahrzeuge der Klasse 3) soll den Alltag bei unterschiedlichen Geschwindigkeiten realistisch abbilden. Auf einem Rollen-Prüfstand fährt dafür ein echtes Auto mit genau definierter Ausstattung. Schließlich müssen alle erhältlichen Motor-Getriebe-Kombinationen eines Fahrzeugmodells getestet werden. Dazu gehören auch Sonderausstattungen, die das Gewicht und die Aerodynamik des Fahrzeugs beeinflussen. Ein Durchlauf im WLTC dauert 30 Minuten und erstreckt sich auf 23,25 Kilometer Fahrstrecke. Trotz Stop-and-Go-Anteilen liegt die durchschnittliche Geschwindigkeit bei 46,5 km/h. Die Höchstgeschwindigkeit ist mit 131 km/h definiert.

Die vier Geschwindigkeitsbereiche sollen dabei Stadtverkehr, Vorstadt, Landstraße und Autobahn abbilden. 13 Prozent der Testdauer sind Standzeit, um Ampeln oder typisches Stop-and-Go zu simulieren. Während der Messung werden über feine Absgassensorik im geschlossenen Auspuffsystem die Emissionen und die Abgasbestandteile gemessen. Der Start wird mit kaltem Motor absolviert, was vor allem bei Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor großen Einfluss hat. Ergänzt werden die WLTP-Angaben für Fahrzeuge mit der strengen Abgasnorm Euro 6d durch sogenannte RDE-Tests.

Was bedeutet RDE-Test?

RDE steht für "Real Driving Emissions" – also die tatsächlich erzeugten Emissionen während der realen Straßenfahrt. Für eine RDE-Runde im gemischten Verkehr Stadt/Land/Autobahn wird das Auto dafür mit einem portablen Messsystem ausgerüstet (PEMS) und fährt damit eine 90 bis 120 Minuten lange Messrunde zweimal. Der Kraftstoffverbrauch muss dabei um mindestens 20 Prozent über dem WLTP-Wert liegen. Die Maximalgeschwindigkeit darf allerdings nicht höher sein als 145 km/h.

Auf diese Weise wird das reale Verkehrsgeschehen besser abgebildet. Bei der Typzulassung für die Neueinführung von Modellreihen sind seither die Verbrauchsangaben gestiegen. Kritisch waren beim RDE vor allem die Stickoxid-Emissionen von Dieselfahrzeugen. Die durften nach Euro 6 auf dem Prüfstand maximal 80 mg/km ausstoßen. Der Gesetzgeber gewährte für die realen Emissionen im Straßenverkehr aber zunächst einen Konformitätsfaktor von 2,1:1. Die NOx-Emissionen durften im RDE-Test anfangs 168 mg/km nicht überschreiten. Für Neuzulassungen ab 2021 reduzierte sich der Faktor auf 1,5, also 120 mg/km. Mittlerweile liegt er durch den Faktor 1,1 bei 88 Milligramm.

Was bedeutet CLTC – China-Zyklus?

Der CLTC (China Light-Duty Vehicle Test Cycle) ist ein auf den typischen chinesischen Autofahrer zugeschnittenes Prüfverfahren, das von der chinesischen Regierung entwickelt wurde, um den Kraftstoff-/Stromverbrauch und die Emissionen von Pkw zu messen. Basis für die Evidenz war das Fahrverhalten von 5.000 Fahrzeugen, die über drei Jahre überwacht wurden. Mit der Einführung des CLTC wollte sich China zudem unabhängiger von europäischen Standards machen.

Der CLTC-P dauert ebenfalls 30 Minuten – ist allerdings anders aufgeteilt als der WLTP. Er besteht aus elf kurzen Fahrten (sieben mit niedriger Geschwindigkeit, drei mit mittlerer und eine in der sogenannten Hochgeschwindigkeitsphase). Letzte wird mit maximal 114 km/h gefahren. Dazu kommen zwölf Leerlaufsegmenten, die wie im WLTP aus der Stop-and-Go-Simulation stammen.

Unterschied zwischen CLTC und WLTP

Im Vergleich zum weltweit harmonisierten Prüfverfahren WLTP (Worldwide Harmonized Light Vehicles Test Procedure) weist der CLTC einige Unterschiede auf:

  • Höherer Anteil an Leerlaufphasen: Der CLTC enthält mehr Phasen, in denen das Fahrzeug steht oder mit sehr niedriger Geschwindigkeit fährt.
  • Geringere Höchstgeschwindigkeit: Die maximale Geschwindigkeit im CLTC liegt mit 114 km/h unter der des WLTP (131 km/h).
  • Andere Gewichtung der Fahrphasen: Die einzelnen Fahrphasen sind im CLTC anders gewichtet als im WLTP. Der Autobahnanteil ist etwa extrem gering

Aus diesen Gründen liegen die Verbrauchs-Angaben des CLTC meist deutlich unter denen des WLTP. Auf der anderen Seite heißt das, dass die Reichweiten-Versprechen von Elektroautos in China deutlich positiver ausfallen aus bei uns. So wird etwa ein Tesla Model 3 bei uns mit einer Reichweite von 678 Kilometern beworben, in China dagegen mit 713 km. Je nach Modell ist der Unterschied teils noch deutlicher.

Was bedeutet EPA?

EPA ist die Abkürzung für die United States Environmental Protection Agency, zu Deutsch die Umweltschutzbehörde der Vereinigten Staaten. Sie ist eine Regierungsbehörde, die für den Schutz der menschlichen Gesundheit und der Umwelt verantwortlich ist. Ein wichtiger Bereich der EPA-Aufgaben ist die Regulierung von Emissionen, insbesondere von Fahrzeugen. Die EPA legt strenge Standards für Abgasemissionen fest, um die Luftqualität zu verbessern und die Gesundheit der Bevölkerung zu schützen.

Wie bei uns in Europa werden in den USA auf dem Prüfstand Stadt- und Überlandfahrten für gut 30 Minuten simuliert. Auch wenn die Rahmenbedingungen bei einer EPA-Messung nicht ganz so strikt erfolgen wie beim WLTP, so liegen die Verbrauchswerte doch meist über den WLTP-Angaben. Das liegt daran, dass die EPA den Verbrauch von Verbrennern beziehungsweise die Reichweite von Elektroautos mit einem Realitätsfaktor (0,7) verrechnet. So ergeben sich deutlich niedrigere Reichweiten und höhere Verbräuche.

Warum wurde der NEFZ abgeschafft?

Der NEFZ (Neuer Europäischer Fahrzyklus) wurde abgeschafft, weil er die Realität des Fahrverhaltens europäischer Autofahrer nicht mehr ausreichend widerspiegelte. Die Werte wichen immer weiter von den realen Erfahrungen der Nutzer ab und führten zu unrealistisch niedrigen Verbrauchswerten.

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Aus diesen Gründen wurde der NEFZ abgeschafft:

  • Der NEFZ basierte auf einem sehr einfachen und wenig dynamischen Fahrzyklus, der die komplexen Fahrmanöver im realen Straßenverkehr nicht abbildete.
  • Die im Labor gemessenen Verbrauchswerte lagen oft deutlich unter denen, die Autofahrer im Alltag ermittelten. Dies führte zu einer großen Diskrepanz zwischen den Herstellerangaben und den tatsächlichen Verbrauchskosten.
  • Der NEFZ berücksichtigte nicht den Einfluss von Sonderausstattungen auf den Verbrauch, obwohl diese im Alltag oft verbaut sind und den Verbrauch erhöhen.
  • Mit der Entwicklung neuer Technologien wie Start-Stopp-Systemen oder Hybridantrieben wurden die Anforderungen an ein Prüfverfahren immer komplexer. Der NEFZ konnte diesen Entwicklungen nicht mehr gerecht werden.

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