Bedingt durch den Klimawandel breiten sich einige Insektenarten in Deutschland aus - auch jene, die unserer Gesundheit schaden können. Auf Grundlage einer Untersuchung geht ein Forschungsteam davon aus, dass sich Kriebelmücken in den kommenden Jahren weiter verbreiten könnten.
So manch kleine Plagegeister, die zur Gesundheitsgefahr werden können, breiten sich durch den Klimawandel in unseren Breitengraden immer mehr aus. Unter anderem profitieren Zecken, die bereits in Teilen Deutschlands wieder aktiv sind. Auch eine andere Spezies ist auf dem Vormarsch: die Kriebelmücke.
Experten erwarten in diesem Jahr eine Zunahme der Kriebelmücken in Deutschland. Insbesondere die medizinisch relevanten Arten könnten durch den voranschreitenden globalen Klima- und Landnutzungswandel vermehrt auftreten, heißt es in einer Mitteilung zu einer neuen Studie.
Fakten zur Kriebelmücke (Simuliidae)
- Schwarz, Aussehen ähnelt harmloser Stubenfliege
- etwa 1 bis sechs Millimeter groß
- Kommt noch in Höhen bis 4.000 Meter vor
- Weibchen sind sogenannte "Poolsauger"
- Blutquellen sind Vögel und Weidetiere, aber auch der Mensch
- können mithilfe des Windes Entfernungen über mehrere hundert Kilometer zurücklegen
Arten mit besonders aggressivem Stechverhalten könnten sich ausbreiten
Für die Studie, die im Fachjournal "Science of the Total Environment" publiziert wurde, modellierte ein Forschungsteam der Goethe-Universität und des Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrums in Frankfurt die räumlichen Verbreitungsmuster von Kriebelmücken in Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Sachsen. In Deutschland seien bisher 57 Kriebelmückenarten beschrieben worden, erklärt Erstautorin Sarah Cunze von der Goethe-Universität Frankfurt. "Anhand von 1.526 Datensätzen aus Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Sachsen haben wir die zwölf häufigsten dort heimischen Arten in drei biogeografische Gruppen unterteilt: Arten, die an Gewässeroberläufen leben, über verschiedene Landschaften weit verbreitete Arten und Tieflandarten."
Diese drei Gruppen werden sich laut den Studienautoren unter dem voranschreitenden globalen Klima- und Landnutzungswandel verschieden entwickeln. Arten, die an Gewässeroberläufen leben, schätzt das Forschungsteam wegen steigender Temperaturen und zunehmender chemischer Belastung der Gewässer als potenziell gefährdet ein. Anders sieht die Prognose für die dritte Gruppe aus. "Ihr vorherrschendes Vorkommen in großen Flüssen, insbesondere in Deltaregionen, zeigt, dass sie in der Lage sind, höhere Temperaturen und Verschmutzung zu tolerieren", heißt es in der Studie. Sie werden deshalb wahrscheinlich gut mit einem erwarteten Anstieg der Temperaturen und den anhaltenden anthropogenen Veränderungen zurechtkommen, heißt es weiter.
Das Problem mit der dritten Gruppe: Zu ihr zählen veterinär- und humanmedizinisch relevante Kriebelmückenarten. Das sind Kriebelmücken, die ein besonders aggressives Stechverhalten gegenüber Säugetieren und Menschen aufweisen. Hinzu kommt, dass sie häufig in sehr hoher Zahl auftreten. Cunze warnt: "Zukünftige höhere Temperaturen könnten zu verkürzten Entwicklungszeiten, zu mehr Generationen pro Jahr und damit insgesamt zu einem häufigeren Auftreten von Kriebelmücken führen."
Gefahren durch Kriebelmücken: Allergische Reaktionen und Übertragung von Krankheiten
Von Kriebelmücken gehen gleich mehrere Gefahren aus. Wenn die Weibchen stechen, raspeln sie mit ihren scharfen "Zähnchen" die Haut des Wirtes auf, um dann den Blutstropfen aufzunehmen, der sich dabei bildet. Deshalb werden sie auch "Poolsauger" genannt. Sven Klimpel vom Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum sagt: "Durch die von den Mücken in die Wunde eingetragenen gerinnungshemmenden und betäubenden Substanzen können die Stiche schwerwiegende allergische Reaktionen auslösen, oder es kann zu bakteriellen Sekundärinfektionen kommen."
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Allerdings können Kriebelmücken nicht nur allergische Reaktionen auslösen, sondern auch Erreger von Infektionskrankheiten übertragen. Der bekannteste Erreger, den sie an Mensch und Tier weitergeben können, ist Nematode Onchocerca volvulus. Er löst die sogenannte Onchozerkose aus, auch bekannt als "Flussblindheit". Vor allem in Afrika stellt die Krankheit ein großes Problem dar. Wie die Weltgesundheitsorganisation (WHO) berichtet, leiden weltweit mehr als 1,15 Millionen Menschen infolgedessen an einem Sehverlust. Mehr als 99 Prozent der Betroffenen leben in 31 afrikanischen Ländern. Aber auch in Brasilien, Venezuela und im Jemen kommt die Krankheit vor.
Um sich vor Kriebelmücken zu schützen, sollte man lange Kleidung und geschlossene Schuhe tragen. Von unbedeckte Körperpartien lassen sich die Tierchen mithilfe von Insektenschutzsprays abhalten.
Verwendete Quellen
- Pressemitteilung des Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrums in Frankfurt: "Kriebelmücken: Zunahme der Blutsauger in Deutschland erwartet"
- Science of The Total Environment, Studie: "Ecologically and medically important black flies of the genus Simulium: Identification of biogeographical groups according to similar larval niches"
- Website der World Health Organisation: "Onchocerciasis"
- uniklinikum-leipzig.de: CME "Durch Mücken übertragbare Erkrankungen"
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