- Die neue Omikron-Variante des Coronavirus breitet sich derzeit weltweit aus.
- Daher geht der Virologe Christian Drosten davon aus, dass sich die Pandemie noch länger hinziehen könnte.
- Zudem erwartet Drosten, dass die Variante eine Anpassung der vorhandenen Impfstoffe nötig machen werde.
Die Corona-Pandemie könnte sich nach Einschätzung des Berliner Virologen
Die zuerst im südlichen Afrika nachgewiesene Variante B.1.1.529 ist von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) als "besorgniserregend" eingestuft worden. Die EU-Gesundheitsbehörde ECDC spricht von ernsthaften Sorgen, dass die Variante die Wirksamkeit der Impfstoffe erheblich verringern und das Risiko von erneuten Infektionen erhöhen könnte. Welche genauen Auswirkungen die Variante hat, steht noch nicht fest. "Ich denke, ab Januar werden wir mit Omikron in Deutschland ein Problem haben", sagte Drosten.
Drosten hält Omikron-Variante für "extrem verbreitungsfähig"
Das Omikron-Problem könne bis in den Sommer andauern, warnte Drosten. Bisher seien ihm hierzulande aus dem Austausch mit Kollegen ungefähr 25 bis 30 Omikron-Fälle bekannt. Die Zahl sei nicht vollständig und werde rasch zunehmen. Das Virus scheine "extrem verbreitungsfähig" zu sein. Das Robert Koch-Institut (RKI) hatte vergangenen Donnerstag von vier bisher bestätigten Fällen gesprochen.
Der Virologe betonte, dass es rund um die Variante noch viele offene Fragen gebe und mehr Daten abgewartet werden müssten. Mehrfach sprach Drosten von einer "Ratestunde". Die Ausgangslagen in Südafrika und England, wo Omikron sich in besorgniserregender Geschwindigkeit ausbreite, seien zudem anders als in Deutschland. Das betreffe unter anderem die Anteile von Geimpften und Genesenen, aber auch die Maßnahmen, die aktuell in Kraft seien. Deutschland fahre derzeit mit "angezogener Handbremse", deshalb könne es sein, dass die Ausbreitung nicht ganz so schnell erfolgen werde. Auch könnten Daten aus manchen Ländern wegen gezielter, sehr genauer Nachverfolgung bei Reiserückkehrern und deren Umfeld verzerrt sein.
Kein "lebenslanges Impf-Abo"
Er wolle nicht den Teufel an die Wand malen, halte aber Vorsicht angesichts der Veränderungen des Virus für geboten, sagte der Charité-Forscher. Bei Omikron sei die "blödeste Kombination" an Eigenschaften zu befürchten: Immunflucht und und Fitnessgewinn - also eine Variante, die den Antikörpern von Geimpften und Genesenen besser entkommt und zudem ansteckender ist. Nach Einschätzung des Corona-Experten könnte ab dem zweiten Quartal 2022 womöglich eine neue Generation angepasster Impfstoffe verwendet werden. Hersteller hatten Arbeiten zur Anpassung an Omikron angekündigt. Die Variante weist zahlreiche Mutationen an kritischen Stellen auf.
Aktuell sei es sicher noch "gut", die vorhandenen Impfstoffe einzusetzen und auch die Booster-Impfung "unbedingt voranzutreiben", sagte Drosten. Geimpfte müssten kein völliges Verschwinden ihres Immunschutzes fürchten, aber eine Verringerung sei absehbar. Er glaube nicht, dass Menschen, die bereits eine Auffrischungsimpfung hatten, wieder so dastünden wie am Anfang der Pandemie. Ein Boostern der Bevölkerung zum Winter hin in den nächsten Jahren schloss Drosten nicht aus. Er widersprach aber deutlich Darstellungen, wonach die Menschen ein "lebenslanges Impf-Abo" vor sich haben könnten.
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Befürchtung: Omikron für Ungeimpfte "nicht harmlos"
Auch angesichts schwerer Verläufe, die nun bei Kindern in Südafrika beobachtet würden, sei zu befürchten, dass Omikron für Ungeimpfte "nicht harmlos" sei, sagte Drosten. Man dürfe wegen Berichten über milde Verläufe in Südafrika nicht in Euphorie verfallen: Dort seien die meisten Menschen schon mit Sars-2-Coronavirus infiziert gewesen. Deutschland sei mit der Immunität in der Bevölkerung noch nicht so weit.
Fauci sieht Möglichkeit milderer Verläufe bei Omikron
Der US-Immunologe Anthony Fauci wies am Dienstag zwar auf die Möglichkeit milderer Verläufe bei einer Infektion mit der Omikron-Variante hin, mahnte jedoch, dass es zu früh sei für eine abschließende Bewertung. Die beobachteten verhältnismäßig milden Verläufe könnten auch damit zu tun haben, dass vor allem jüngere Menschen betroffen seien.
Drosten mahnte erneut das Schließen der Impflücken an. Bund und Länder haben das Ziel ausgegeben, dass bis Jahresende bis zu 30 Millionen Erst-, Zweit- und Booster-Impfungen verabreicht werden, ausgehend vom Stand der Impfungen bei der Bund-Länder-Runde vom 18. November. Tatsächlich ist die Impfkampagne inzwischen auf Touren gekommen, nach Angaben des Robert Koch-Instituts haben inzwischen 14,6 Millionen Menschen in Deutschland eine Auffrischungsimpfung erhalten.
Lieferung von Impfstoffen sorgt für Probleme
Ärzteverbände beklagen aber nach wie vor einen Mangel an Verlässlichkeit bei der Lieferung von Corona-Impfstoffen. "Bei diesem Tempo ist das Ziel von 30 Millionen Impfungen bis Weihnachten nicht völlig unrealistisch", sagte Andreas Gassen, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Mittwoch). Der Fortschritt werde aber von der Politik ausgebremst. Für die Impfungen in dieser Woche hätten Vertrags- und Betriebsärzte sowie der Öffentliche Gesundheitsdienst insgesamt rund 6,5 Millionen Dosen Biontech bestellt. "Geliefert werden wohl aber nur 2,9 Millionen Dosen und damit weniger als die Hälfte."
Der scheidende Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) versicherte am Dienstagabend im ZDF noch einmal, dass es genügend Impfstoff gebe, um in den nächsten Wochen das Ziel von 30 Millionen Impfungen zu erreichen. Er verstehe, dass es im Praxisalltag Frust und Wut gebe. "Dafür kann ich mich nur entschuldigen." Geboostert wird mit den Mitteln von Biontech und Moderna, wobei der Bund für Biontech kürzlich bis auf weiteres Bestell-Obergrenzen einführte - denn für den bisher am häufigsten genutzten Impfstoff leeren sich die Lager schnell. In vielen Praxen wirbelte bereits das die Terminplanungen durcheinander. (dpa/ska) © dpa
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