- Sie sind erkältet, der Corona-Selbsttest zeigt "negativ" an. Aber Sie trauen der Sache nicht so recht?
- Eine Internetseite hilft nun, das Ergebnis besser einzuschätzen. Ein Wert dürfte bei vielen für Verwirrung sorgen.
Die Frage bleibt allgegenwärtig: Wie zuverlässig ist das Ergebnis meines Corona-Selbsttests wirklich? Dabei ist nicht allein die Qualität des Produkts entscheidend. Auch die Viruslast spielt eine zentrale Rolle dabei, ob der Test eine Infektion richtig erkennt.
Ein Problem bezüglich der Qualität ist: Derzeit können Schnelltest-Hersteller ihre Produkte noch selbst zertifizieren. Das heißt: Eine unabhängige Prüfung ist nicht erforderlich. Voraussichtlich erst ab Mai 2022 soll sich das ändern: Dann müssen ein EU-Referenzlabor und eine sogenannte Benannte Stelle hinzugezogen werden, kündigte das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) an. Wichtig aber auch zu wissen: Das PEI prüft laufend verfügbare Tests und versucht zu beruhigen: Man könne davon ausgehen, im Handel zuverlässige Tests zu erhalten.
Die Ergebnisse des PEI veröffentlicht das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) auf seiner Website. Dort findet sich eine Liste mit Corona-Schnelltests. Zwar halten nicht alle der Prüfung stand, aber: Testzentren, Apotheken und auch Discounter orientierten sich an den veröffentlichten Ergebnissen und kaufen positiv bewertete Tests ein, sagte PEI-Präsident Klaus Cichutek im ZDF.
Barcode von Selbsttest schnell auf Website scannen
Was heißt aber "zuverlässig" oder "positiv bewertet"? Viele Verbraucherinnen und Verbraucher möchten es genauer wissen. Die Liste des BfArM ist dabei keine große Hilfe, da sie schwer verständlich ist.
Eine Hilfe liefert das Forscherkollektiv "zerforschung". Das Team entwickelte eine Website, die anhand des Barcodes die genauen Prüfungsergebnisse des PEIs zum jeweiligen Test ermittelt. Die ehrenamtlichen Macher hinter der Seite schränkten zu Beginn ein, dass zum einen noch nicht alle auf dem Markt erhältlichen Tests vom PEI geprüft wurden. Zum anderen sei das Programm noch nicht völlig ausgereift. Durch die sehr ähnlichen Namen der Tests könnten sich auch kleine Fehler eingeschlichen haben. Die Resonanz sei aber sehr groß, wie es in einem Statement heißt.
Das leicht zu bedienende Programm lässt sich über die Adresse "schnelltesttest.de" abrufen. Zu Beginn haben Nutzerinnern und Nutzer dann zwei Möglichkeiten, "Code scannen" oder "Tests durchsuchen":
- Code scannen: Sie erlauben der Seite den Zugriff auf die Kamera und halten diese nun auf den Barcode. Unmittelbar erscheint das Ergebnis zur Zuverlässigkeit Ihres Tests. Sollte sich der Code nicht scannen lassen, haben Sie immer noch die Möglichkeit, die Nummernabfolge einzutippen.
- Tests durchsuchen: Sie geben sie Nummer unter dem Strichcode ins Suchfeld ein und gehen anschließend auf "Überprüfen".
Diese vier Produkte haben wir gescannt
Eine Stichprobe unserer Redaktion mit drei Selbsttests aus dem Drogeriemarkt kam mit der Seite von "zerforschung" zu folgenden Ergebnissen:
- Safecare COVID-19 Ag Rapid Test Kit (Swab) von Safecare Biotech Hangzhou": "Erkennt Infizierte mit sehr hoher Viruslast zu 100%", "Über alle Viruslasten erkennt der Test 62% der Infizierten"
- SARS-CoV-2 Antigen Schnelltest von Xiamen Boson Biotech: "Erkennt Infizierte mit sehr hoher Viruslast zu 100%", "Über alle Viruslasten erkennt der Test 54% der Infizierten"
- COVID-19 Antigen Schnelltest (Colloidal Gold) von Joinstar Biomedical Technology: "Erkennt Infizierte mit sehr hoher Viruslast zu 100%", "Über alle Viruslasten erkennt der Test 64% der Infizierten"
- NADAL COVID-19 Ag Schnelltest von nal von minden gmbh: "Erkennt Infizierte mit sehr hoher Viruslast zu 83,3%", "Über alle Viruslasten erkennt der Test 36% der Infizierten"
Was Selbsttests zuverlässig erkennen - und was nicht
Diese Ergebnisse stimmen mit den Daten des PEI überein. Die erste Zahl zeigt: Hoch infektiöse Menschen werden zuverlässig erkannt. Der zweite Wert allerdings ist erstaunlich, wenn nicht sogar für Laien erschreckend niedrig. Es ist allerdings nichts Neues: Schon lange warnen Experten wie Christian Drosten davor, dass Tests bei niedriger Viruslast falsch-negative Ergebnisse anzeigen können. Gerade vor Symptombeginn kann dies der Fall sein, wenn die Person aber bereits ansteckend ist.
Hier zeigt sich der große Unterschied zwischen Antigen- und PCR-Tests. Konkret lägen bei PCR-Tests sowohl die Sensitivität als auch die Spezifität beim Coronavirus bei fast 100 Prozent – auch bei geringer Viruslast, erklärte kürzlich der Vorsitzende des Berufsverbandes Deutscher Laborärzte, Andreas Bobrowski, der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Zur Erklärung:
- Sensitivität ist die durch die Untersuchung ermittelte Wahrscheinlichkeit, mit der eine tatsächlich erkrankte Person auch als "positiv" getestet wird.
- Spezifität ist die Wahrscheinlichkeit, mit der eine nicht-erkrankte Person auch korrekterweise einen negativen Test erhält. Anders gesagt: Eine Spezifität von 100 Prozent besagt, dass es praktisch keine falsch-positiven Ergebnisse gibt.
Bei Infizierten mit Symptomen funktionierten die Antigentests recht zuverlässig, sagt Bobrowski: Die Sensitivität liege bei etwa 80 und die Spezifität bei etwa 95 Prozent. Bei asymptomatischen Verläufen mit geringer Viruslast sei das anders: Hier falle nur bei etwa der Hälfte der Infizierten der Antigentest korrekt positiv aus. "Das heißt, wir übersehen die Hälfte."
Großteil der Corona-Schnelltests können Omikron-Variante erkennen
Bei einer noch nicht veröffentlichten Studie zeigte sich Ähnliches: Die meisten Omikron-Infizierten waren einige Tage lang infektiös, bevor dies durch Antigen-Schnelltests nachgewiesen werden konnte, fand ein Team um Blythe Adamson an der University of Washington heraus.
Auch seitens des PEI heißt es: Eine Infektion könnten die Tests nur entdecken, wenn zum Testzeitpunkt eine hohe Viruslast bestehe. Grundsätzlich könne aber der Großteil der in Deutschland angebotenen Corona-Schnelltests die Omikron-Variante erkennen.
Um Verbraucherinnen und Verbrauchern bessere Orientierung zu geben, kündigte Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) kürzlich eine Positivliste mit Tests an, "die für Omikron besonders geeignet sind". Wie das "Ärzteblatt" berichtet, sollen erste Erkenntnisse dazu Mitte bis Ende Februar vorliegen. (af)
Verwendete Quellen:
- ZDF: Wie zuverlässig sind Schnelltests?; 10.1.22
- Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte
- schnelltesttest.de
- PEI: SARS-CoV-2-Antigentests für Nachweis der Omikron-Infektion geeignet; 30.12.21
- dpa: Lauterbach: Positivliste für Schnelltests, die Omikron erkennen, 9.1.22; Cichutek: 80 Prozent der Corona-Schnelltests erkennen Omikron, 10.1.22.; Freitesten (zu) leicht gemacht? Was Antigentests leisten können, 12.1.22
- Ärzteblatt: Positivliste des PEI zu Antigentests für Mitte Februar erwartet; 31.1.22
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