Bayerns Ministerpräsident Markus Söder hält die bayerische Strategie, flächendeckend Menschen auf Corona zu testen, auch wenn diese keinerlei Symptome zeigen, für erfolgreich. Aus der Ärzteschaft regt sich allerdings zum wiederholten Mal Widerstand. Ärztekammer-Präsident Klaus Reinhardt übt scharfe Kritik.

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Seit dem 1. Juli ist die die sogenannte "Bayerische Teststrategie" in Kraft, wonach sich alle Bürgerinnen und Bürger Bayerns bei einer niedergelassenen Vertragsärztin oder einem niedergelassenen Vertragsarzt auch ohne Symptome kostenlos testen lassen können.

Über Sinn oder Unsinn dieser Maßnahme wird seit ihrer Einführung diskutiert - nicht nur, weil es bei der Auswertung und Übermittlung der Testergebnisse zu größeren Pannen kam. Bereits Anfang August ertönte ein Hilfeschrei der bayerischen Hausärzte, die sich durch die Politik übergangen, im Stich gelassen und nicht ernst genommen fühlte.

Reinhardt: Bayerns Teststrategie "völlig falsch"

Nun hat Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer, noch einmal seinen Unmut über die bayerische Teststrategie ausgedrückt. Im Interview mit der Bayern 2-radioWelt sagte er über die flächendeckenden Tests: "Das halte ich für völlig falsch, weil ich glaube, dass das eine Verschwendung von Laborressourcen ist."

Menschen zu testen, die über keinerlei Symptome klagten, sei sinnlos. Stattdessen sollten vor allem diejenigen getestet werden, die Kontakt zu Infizierten hatten oder über spezifische Symptome klagen.

"Ich glaube, dass wir die Kraft mehr darauf verwenden sollten, dass wir dort testen, wo wirklich erhebliche Gefahr besteht", sagte der Ärzte-Boss - also in Altenheimen, Reha-Einrichtungen und Pflege-Einrichtungen sowie in Krankenhäusern und im gesamten Gesundheitswesen.

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© 1&1

Söder: Teststrategie "hat voll funktioniert"

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hält die umstrittene bayerische Corona-Teststrategie hingegen für einen großen Erfolg. "Das hat ja voll funktioniert", sagte er vergangenen Freitag dem Nachrichtenportal "The Pioneer" über die Massentests für Reiserückkehrer an Flughäfen, Autobahnen und Bahnhöfen.

6.000 positive Fälle seien identifiziert worden. "Die wären ohne die Maßnahmen unerkannt gewesen und hätten zu einer großen Verbreitung geführt." Es sei zwar immer mal wieder zu Verzögerungen bei der Mitteilung der Testergebnisse gekommen. "Aber insgesamt habe ich den Eindruck, dass gerade die bayerische Bevölkerung da schon sehr dankbar war, dass es diese Möglichkeiten gibt."

Sorge vor möglicher Überlastung der Arztpraxen

Ärzte-Präsident Reinhardt macht sich zudem Sorgen über eine ausreichende Versorgung im Herbst, wenn die Zahl der Infekte und Grippeerkrankungen saisonal wieder steigt. "Das Entscheidende ist, ob wir mit der Teststrategie und dem Umgang in den Arztpraxen bei der Versorgung der sonst übrigen Erkrankten alles richtig machen."

Dafür müsse die Politik jetzt die richtigen Maßnahmen treffen. "Das ist eine organisatorische Herausforderung, auf die man sich jetzt vorbereiten sollte und nicht dann, wenn es plötzlich so weit ist", warnt Reinhart.

Sein Vorschlag: Um die Arztpraxen vor einer Überforderung zu schützen, das Testgeschäft komplett aus dem ärztlichen Normalbetrieb herausgehalten und stattdessen über Infektionssprechstunden oder Testzentren abgefangen werden.

Verwendete Quellen:

  • www.br.de: "Ärztekammer: Flächendeckende Corona-Tests sind Verschwendung"
  • Agenturmaterial von dpa
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