Die Zahl der gemeldeten Corona-Infektionen ist in den vergangenen Tagen stark gestiegen. Die politische Ansage seit dem Sommer ist dennoch: Kitas und Schulen bleiben offen. Dieses Ziel wurde jetzt noch einmal bekräftigt - und mit Zahlen untermauert.

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Mit steigenden Corona-Zahlen steigt auch die Nervosität bei vielen Familien: Geht es jetzt wieder los mit flächendeckenden Schul- und Kitaschließungen?

Spitzenpolitiker aus Bund und Ländern haben am Freitag versucht, die Sorgen zu zerstreuen. Schul- und Kitaschließungen seien nur das "allerletzte Mittel", sagten Familienministerin Franziska Giffey (SPD) und Gesundheitsminister Jens Spahn bei einer gemeinsamen Pressekonferenz in Berlin. Präventive flächendeckende Schließungen seien derzeit nicht angezeigt, erklärte Giffey.

Die Vorsitzende der Kultusministerkonferenz der Bundesländer (KMK), die rheinland-pfälzische Bildungsministerin Stefanie Hubig (SPD), sagte nach Beratungen mit ihren Länderkollegen, alle 16 Minister seien sich einig, dass das Recht auf Bildung oberste Priorität haben müsse. "Für Schülerinnen und Schüler, für Lehrkräfte aber auch für Eltern ist es zentral, dass Präsenzunterricht stattfindet".

Warum Kitas und Schulen trotz steigender Corona-Zahlen offen bleiben und was es zu beachten gibt:

1. Bisher gibt es kaum Corona-Fälle in Kitas

Die Verantwortlichen versuchten am Freitag auch mit Zahlen zu untermauern, dass Schulen und Kitas nicht "Treiber der Pandemie" seien. Giffey legte Zwischenergebnisse einer seit Mai laufenden bundesweiten "Corona-Kita-Studie" des Robert-Koch-Instituts (RKI) und des Deutschen Jugendinstituts vor. In der Studie werden Gesundheitsdaten zu Infektionen und regelmäßige Befragungen von Einrichtungen ausgewertet.

In den vergangenen Wochen hätten weniger als ein Prozent der Kitas in Deutschland coronabedingt ganz oder teilweise schließen müssen, hieß es vom Bundesfamilienministerium. Die Zahl der gemeldeten Corona-Ausbrüche pro Woche bewege sich im einstelligen Bereich - bei bundesweit rund 57.000 Kitas. Laut Jugendinstitut bewegen sich die tatsächlichen Infektionsfälle zwar in einem sehr niedrigen Bereich. Mit dem Thema zu tun hat trotzdem jede vierte Kita, weil es zum Beispiel immer wieder Verdachtsfälle gibt.

2. Kleine Kinder sind weniger betroffen

Spahn sagte bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit Giffey: "Es läuft sehr gut in den Kitas". Es gebe bei Kindern bis fünf Jahren eine unterdurchschnittliche Zahl an Infizierten und bei Kindern und jüngeren Menschen überdurchschnittlich sehr, sehr milde Verläufe. "Kitas selbst sind keine Infektionsherde, und Kinder sind nicht die Infektionstreiber", sagte Giffey.

Vom RKI hieß es, Kinder trügen eher weniger zur Übertragung bei. Das Risiko von Corona-Erkrankungen und Übertragungen steige in der Kindheit mit dem Alter und gleiche sich zwischen 13 und 15 Jahren dem von Erwachsenen an. Mit steigenden Infektionszahlen rechnet RKI-Experte Walter Haas aber damit, dass auch mehr Infektionen in die Einrichtungen hineingetragen werden. "Das folgt der Situation in der Bevölkerung, aber es ist eben nicht ein Treiber, der dem vorausgeht", sagte er in Berlin.

3. Die Lage an Schulen ist bisher vergleichsweise normal

Die Zahlen an den Schulen sehen zumindest bisher auch noch relativ gut aus: Bis zum Start der Herbstferien hätten durchschnittlich 98 Prozent aller Schülerinnen und Schüler an Präsenzunterricht teilnehmen können, berichtete das Redaktionsnetzwerk Deutschland am Freitag nach einer Umfrage bei den Kultusministerien der Länder.

Verschiedenen Abfragen bei den Ministerien in den vergangenen Wochen hatten gezeigt, dass zwischenzeitlich mehrere Zehntausend der insgesamt 11 Millionen Schüler in Deutschland in Quarantäne waren. Vereinzelt kam und kommt es auch vorübergehend zu kompletten Schulschließungen.

Karl Lauterbach, SPD, 2020, Berlin

Karl Lauterbach warnt vor der Corona-Gefahr im Herbst und im Winter in vollen Schulen

Die Rückkehr zum Präsenzunterricht in den deutschen Schulen wird nach Ansicht des SPD-Gesundheitsexperten Karl Lauterbach in der kalten Jahreszeit zum unkalkulierten Risiko. Schüler, Lehrer und Eltern seien durch überfüllte Klassenräume und in der Folge steigende Coronazahlen gleichermaßen gefährdet.

4. Masken müssen im Unterricht getragen werden

Weil die Zahlen steigen, wird es jetzt in einzelnen Bundesländern für Schüler wieder unbequem: So wie das schon zu Beginn des Schuljahres in Bayern oder auch in Nordrhein-Westfalen der Fall war, müssen Masken auch im Unterricht getragen werden. Baden-Württemberg zum Beispiel kündigte das ab Montag für Schüler ab der fünften Klasse an.

In den Ländern gibt es dafür entsprechende Stufenpläne, die sich wie andere Corona-Maßnahmen auch an den regional festgestellten Ansteckungszahlen - der Zahl der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner innerhalb einer Woche - orientieren.

Je höher die Zahl, desto strenger die Maßnahmen. So müssen etwa in Bayern beim Überschreiten des 50er-Werts in einer Region auch in der Grundschule im Klassenzimmer Masken aufgesetzt werden. Das gilt auch für Kinder im Hort und in der Mittagsbetreuung.

5. Getestet wird nur bei Verdacht

Großflächige regelmäßige Tests an Schulen und Kitas sind vorerst nicht geplant. Das ist in der neuen bundesweiten Testverordnung, die seit Donnerstag in Kraft ist, nicht vorgesehen.

Getestet wird in der Regel nur bei Verdachts- oder Infektionsfällen in einer Einrichtung. Kostenlose regelmäßige Tests auch bei symptomfreien Menschen - vor allem die neuen Schnelltests - gibt es laut Verordnung zunächst für Menschen und Besucher in Pflegeeinrichtungen und im Gesundheitswesen.

In den Bundesländern wurden nach dem Sommer allerdings eigene Testprogramme aufgelegt. Lehrkräfte oder Beschäftigte in Kitas können sich zum Teil mehrfach kostenlos testen lassen. (dpa/mf)  © dpa

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