- Deutschlandweit atmen Friseure und vermutlich auch viele Bürger auf: Ab 1. März dürfen die Salons unter Auflagen wieder öffnen.
- Andere körpernahe Dienstleistungen wie Kosmetik- oder Nagelstudios bleiben allerdings bis auf Weiteres geschlossen.
- Wie begründet die Politik die Ausnahmeregelung für Haarschneider?
Die Fallzahlen sinken weiter. Genauso wie die Akzeptanz für die Maßnahmen gegen die weitere Ausbreitung des Coronavirus. Auf dem Corona-Gipfel am Mittwoch haben deshalb Bundesregierung und Ministerpräsidenten erste Schritte aus dem Lockdown beschlossen.
Viel ändert sich vorerst nicht: Der bundesweite Lockdown wird bis zum 7. März verlängert. Für Kitas und Schulen soll es aber abweichende Regelungen geben – und für Friseure.
Sie dürfen ihre Salons unter Hygieneauflagen bereits ab dem 1. März wieder öffnen. Der Zustrom von Kunden soll mit Reservierungen gesteuert werden. Zudem soll es eine Pflicht zum Tragen von OP-Masken oder solche mit FFP2-Standard oder ähnlichem geben.
Andere körpernahe Dienstleistungen wie Massagesalons, Kosmetik- und Nagelstudios bleiben allerdings bis auf Weiteres geschlossen. Wie begründet die Politik diese Ausnahmeregelung für Haarschneider?
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Corona-Regeln: Politik betont die große Rolle der Friseure
Die Branche selbst zeigt sich hocherfreut. "Endlich haben wir eine Perspektive und Planungssicherheit", erklärt der Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Friseurhandwerks (ZV), Harald Esser, in einer Pressemitteilung.
Für viele Inhaber der 80.000 Salons in Deutschland sei die elf Wochen andauernde Schließung existenzbedrohend. Von Insolvenz sind allerdings auch tausende andere Einzelhändler und Dienstleister bedroht.
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder verteidigte die Entscheidung, Friseursalons früher zu öffnen. "Sie hat auch etwas mit – für die einen – Hygiene, aber auch mit Würde zu tun in diesen schwierigen Zeiten", sagte der CSU-Chef nach den Bund-Länder-Beratungen am Mittwochabend in Berlin. Für viele Menschen spielten Friseursalons in der Pandemie eine wichtige Rolle, um sich wiederzufinden.
Auch Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) befürwortet die bevorzugte Behandlung für Friseure. "Ich staune da über manche Debatte, wie groß die Rolle ist, die Friseure spielen", sagte der SPD-Politiker. Viele Menschen bräuchten aus hygienischen Gründen aber einfach Unterstützung – ähnlich wie bei der Fußpflege.
Infektionsimmunologe hält geöffnete Friseure für unproblematisch
Der Erlanger Infektionsimmunologen Christian Bogdan hält die Öffnung der Friseure zum 1. März für unkritisch. Mit Terminvergaben als Grundbedingung, dem nötigen Abstand zwischen den Frisiertischen und mindestens OP-Masken bei Kunden und Personal sei das "völlig unproblematisch".
Zu kurz gekommen seien seines Erachtens bei den Entscheidungen von Bundeskanzlerin und Länderchefs Regelungen bei Tätigkeiten, die der von Friseuren infektionsepidemiologisch vergleichbar sind.
Die Öffnungsbedingungen für Friseure könnten jederzeit auf andere Berufssparten im Bereich der Körperpflege ausgedehnt werden, sagte Bogdan. Ohne Risiko könnten die in Lebensmittelgeschäften, Apotheken, Drogerien, Postdienststellen und Fahrrad-/Auto-Reparaturwerkstätten geltenden Regeln zumindest auf kleine Einzelhandelsgeschäfte wie Schuhmacher, Juweliere und Parfümerien angewandt werden, "da dort ohnehin ein Massenandrang weder zu erwarten noch möglich ist".
Wenn der Friseur "privat" zum Haareschneiden kommen soll
Kommt womöglich bei Friseuren noch ein weiterer Grund für die Sonderregelung hinzu? Bei den Friseuren habe sich "regelrecht ein Schwarzmarkt" entwickelt, sagte Bundesinnenminister Horst Seehofer bereits vergangene dem "Spiegel". Immer mehr Menschen würden sich auf anderen Wegen und dann eben auch ohne Hygienekonzepte die Haare schneiden lassen. Das sei viel gefährlicher, als Friseurläden mit einem strengen Hygienekonzept die Öffnung zu gestatten.
"Vor allem unter dem Gesichtspunkt der Pandemiebekämpfung ist die Schwarzarbeit in unserem Handwerk zwischenzeitlich zu einem wohl echten Problem geworden", gibt auch ZV-Hauptgeschäftsführer Jörg Müller zu.
Immer wieder hätten Kunden angerufen und um "private" Besuche samt Haareschneiden gebeten. "Auf gar keinen Fall" dürfe man sich darauf einlassen, sagte Mike Engels von der Friseurinnung Köln. Aber: "Viele machen das aus Verzweiflung – wenn du Umsatz brauchst, greifst du zum letzten Strohhalm." (dpa/mf)
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