In der nächsten Woche geht es in Berlin um die Maßnahmen in der Corona-Pandemie und mögliche Lockerungen. Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Laschet hat eine Expertengruppe zu dem Thema einberufen. Ihre Vorschläge sollen einen Beitrag zur Debatte leisten.

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Eine von der nordrhein-westfälischen Landesregierung eingesetzte Expertengruppe hat Maßgaben und Vorschläge für Lockerungen der strengen Corona-Einschränkungen vorgelegt. In dem Papier des interdisziplinären Teams heißt es, über Lockerungen könne erst nachgedacht werden, wenn klar sei, dass das Gesundheitssystem "absehbar nicht überfordert ist" und Voraussetzungen für ein besseres "Monitoring" der Krise geschaffen seien

Dann aber könne die Rückkehr zur Normalität "schrittweise forciert werden". Das Papier liegt der Deutschen Presse-Agentur vor, zuvor hatte die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" berichtet.

"Fahrplan in verantwortungsvolle Normalität"

In einem beigefügten Schreiben an Merkel und die Regierungschefs der anderen Bundesländer betonte Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (beide CDU), es brauche "eine offene, transparente Debatte über den Weg aus der Krise und einen Fahrplan in eine verantwortungsvolle Normalität". Das Experten-Papier und eine Studie über den besonders von der Coronavirus-Epidemie betroffenen Kreis Heinsberg sollten "ein Beitrag zur inhaltlichen Grundlage für unsere gemeinsamen Beratungen in der nächsten Woche sein".

Zu der Expertengruppe gehören unter anderem der Bonner Virologe Hendrik Streeck, der frühere Bundesverfassungsrichter Udo di Fabio und der Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln, Michael Hüther.

Nächster Stichtag ist der 15. April

Bund und Länder haben einschneidende Maßnahmen beschlossen, um die Ausbreitung des Coronavirus einzudämmen. Am 15. April soll beraten werden, wie es weitergeht. Bei einer weiteren Schaltkonferenz Merkels mit den Ministerpräsidenten am 19. April wird voraussichtlich entschieden, ob Teile der Beschränkungen aufgehoben oder verändert werden können.

In dem Experten-Papier heißt es, ein möglicher Weg könne darin bestehen, "einzelne Bereiche des öffentlichen Lebens nach und nach wieder zuzulassen". Dazu gehörten Schulen, Universitäten und der Einzelhandel. Bei den Schulen solle es dabei zeitversetzten Unterricht und Unterschiede je nach Alter geben. In Kitas und im "Präsenzunterricht" sollten zuerst vor allem Lehrkräfte arbeiten, die nicht zu Risikogruppen gehören. Die Kinderbetreuung in Kitas und die "(Teil-)Öffnung von Schulen" könne Beschäftigten und Selbstständigen wieder Freiräume verschaffen.

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Die Testverfahren sollten ausgeweitet werden, wenn die Infrastrukturen bereitstehen. Menschen mit Symptomen und bestätigten Kontaktpersonen sollten grundsätzlich immer getestet werden. Auch sollten die Infektionsketten möglichst lückenlos zurückverfolgt werden.

Die konkreten Schritte und die Geschwindigkeit der Öffnung sollen sich an vier Kriterien orientieren. Zunächst müsse bestimmt werden, wo die Gefahr einer Ansteckung besonders hoch sei und wo weniger. Zweitens gelte die Frage: "Für wen wäre eine Ansteckung besonders gefährlich?". Diese Gruppen müssten weiter besonders geschützt werden. Drittens komme es darauf an, was "für Wirtschaft und Gesellschaft besonders wichtig" sei. Zuletzt schließlich müsse bedacht werden, wie gut sich im jeweiligen Bereich Schutzmaßnahmen umsetzen ließen.

Bis zu 500.000 Testungen pro Tag

In dem 15-Seiten-Papier unter dem Titel "Weg in eine verantwortungsvolle Normalität" heißt es, vorrangig gelte es, die medizinischen Kapazitäten so schnell wie möglich auszubauen. Es sei eine bessere Steuerung der Kapazitäten insbesondere bei Intensivbetten mit oder ohne Beatmungsmöglichkeiten nötig. Diese müssten in Echtzeit erfasst werden. Zudem sei eine bessere Erreichbarkeit der Gesundheitsämter und eine bessere Informationsverteilung zwischen diesen nötig. Zielmarke sei eine Steigerung der Zahl der Tests auf das Coronavirus auf bis zu 500.000 pro Tag. Dazu sei ein schneller Aufbau der Testinfrastruktur auch unter Einbeziehung weiterer Labore und die Einrichtung mobiler Teststationen mit Unterstützung durch das Technische Hilfswerk, die Bundeswehr und das Rote Kreuz nötig.

Schritte vorwärts - und zurück

Die Experten gehen davon aus, dass die alten Freiheiten nur langsam wiedererlangt werden könne. Klar müsse sein, dass es Rückschritte geben werde. Mit hoher Wahrscheinlichkeit werde das Land wiederholt mit einem erneuten Anstieg der Infektionszahlen konfrontiert sein. Jeden neue Infektionswelle werde erfordern, Schritte wieder zurückzugehen. Gleichzeitig müssten die Infektionsketten möglichst lückenlos zurückverfolgt werden können. Dazu sein eine schnelle Aufstockung des Personals bei den Gesundheitsämtern etwa durch Unterstützung von Medizinstudenten oder die Bundeswehr erforderlich.

Wirtschaftliche Aktivitäten müssten so schnell wie möglich und soweit verantwortbar wieder zugelassen werden. Dabei müssten Schutzmaßnahmen wie Masken, Abstand oder Trennwände ergriffen werden. Einzelhandelsgeschäfte könnten beispielsweise "sicher früher wieder öffnen als Diskotheken, in der Gastronomie sind ggf. strikte Vorgaben denkbar (Tischabstand, begrenzte Personenzahl)". Weiter heißt es in dem Papier: "Großveranstaltungen wie Fußballspiele der Bundesliga mit Zuschauern, aber auch Messen und Kongresse werden auf absehbare Zeit nicht stattfinden können." (best/dpa)

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