Die staatlichen Zugriffsmöglichkeiten auf persönliche Daten von Handy- und Internetnutzern zur Strafverfolgung und Terrorabwehr gehen zu weit.

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Das Bundesverfassungsgericht erklärte mehrere Regelungen zur sogenannten Bestandsdatenauskunft für verfassungswidrig, wie das Gericht in Karlsruhe am Freitag mitteilte.

Die Vorgaben verletzten die Rechte der Inhaber von Telefon- und Internetanschlüssen in ihren Grundrechten auf informationelle Selbstbestimmung, entschied das Gericht. Die Regelungen ermöglichen es Sicherheitsbehörden, von Telekommunikationsunternehmen Auskünfte über deren Kunden zu bekommen.

Das Telekommunikationsgesetz und entsprechende Vorschriften in anderen Gesetzen müssen nun bis spätestens Ende 2021 überarbeitet werden. Solange bleiben die beanstandeten Regelungen in Kraft. Die Richter des Ersten Senats machen aber Maßgaben für ihre Anwendung.

So nutzen Behörden die Auskünfte

Die Sicherheits- und Strafverfolgungsbehörden nutzen die Auskünfte bislang, um Verbrechen aufzuklären oder Terroranschläge zu verhindern. Zum Teil läuft die Abfrage zentral und automatisiert über die Bundesnetzagentur. Andere Daten fragen die Ermittler einzeln bei Telefongesellschaften und Providern ab, aber zum Beispiel auch bei Einrichtungen wie Krankenhäusern oder Hotels.

Das Verfassungsgericht hatte die Praxis 2012 weitgehend bestätigt. Angesichts der zunehmenden Bedeutung elektronischer Kommunikationsmittel seien die Behörden "auf eine möglichst unkomplizierte Möglichkeit angewiesen, Telekommunikationsnummern individuell zuordnen zu können", entschieden die Richter damals. Die Regelungen im Telekommunikationsgesetz gingen ihnen aber in einigen Punkten auch zu weit, es musste nachgebessert werden.

Nun stellte sich heraus, dass auch das reformierte Gesetz immer noch nicht den Anforderungen genügt. Die Richter bekräftigen zwar, dass die Auskunft über Bestandsdaten grundsätzlich zulässig ist. Voraussetzung müsse aber das Vorliegen einer konkreten Gefahr oder der Anfangsverdacht einer Straftat sein. IP-Adressen, die Rückschlüsse auf die Internetnutzung geben, genießen besonderen Schutz.

Anlass für die neue Entscheidung waren zwei Verfassungsbeschwerden. Eine der Klagen wurde von mehr als 6000 Menschen unterstützt. Sie war 2013 von dem heutigen Piraten-Europapolitiker Patrick Breyer und seiner früheren Parteikollegin Katharina Nocun eingereicht worden.

(dpa/ska)


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