Thüringens Ministerpräsident Ramelow sieht durch die geplanten Einsparungen bei Agrarhilfen den oft strukturschwachen ländlichen Raum über Gebühr getroffen und attackiert die Ampel scharf.

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Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) hält das von der Bundesregierung geplante Aus von Steuervergünstigungen für Landwirtschaft und Gartenbau für völlig überzogen. "Das geht so nicht, das ist absolut inakzeptabel. Der Protest der Länder wird sich aufbauen", sagte Ramelow der Deutschen Presse-Agentur in Erfurt. "Ich verstehe die Protestierenden da draußen", so Ramelow zu den Bauernprotesten gegen die Pläne der Ampel-Koalition.

Sie will Vergünstigungen bei Agrardiesel und die Kfz-Steuerbefreiung für Landwirtschaftsfahrzeuge streichen. Ramelow sieht Sparmöglichkeiten dagegen bei der notwendigen Besteuerung von Kerosin, bei der Dienstwagen-Privilegierung sowie "ungeheuerlichen Ausnahmen bei der Erbschafts- und Schenkungssteuer bei den ganz großen Vermögen".

Ramelow: Schlag gegen den ländlichen Raum

Landwirtschaftsfahrzeuge seien Arbeitsmittel, ohne die die Bauern nicht auskämen. Damit sei die Kfz-Steuerbefreiung gerechtfertigt, sagte der Linke-Politiker. "Hat man je gehört, dass Steuern auf Maschinen in der Industrie erhoben werden. Das sind auch Arbeitsmittel."

Nach seiner Ansicht werden mit den Sparplänen der Ampel in der Agrarwirtschaft ländliche Regionen, die oft strukturschwach sind, über Gebühr getroffen. "Das ist einer der schwersten Schläge der letzten Jahre für den ländlichen Raum." Es könnte nicht sein, dass die Bauern anders behandelt würden als beispielsweise die Lufthansa, die weiterhin keine Kerosinsteuer zahlen müsste. Wie die Lufthansa stände auch die Agrar- und Lebensmittelwirtschaft im internationalen Wettbewerb.

Für Begrenzung des Dienstwagenprivilegs

Ramelow warf vor allem der Regierungspartei FDP Klientelpolitik vor. "Das halte ich für kreuzgefährlich für eine Demokratie." Statt bei den Bauern zu sparen und ihnen ihre grünen Nummernschilder für ihre Fahrzeuge zu nehmen, sollten Einsparungen beispielsweise beim Dienstwagenprivileg ernsthaft geprüft werden. Es sollte zumindest begrenzt werden, verlangte Thüringens Regierungschef.

Das Steuerprivileg für Dienstwagen könnte bei einem bestimmten Kraftstoffverbrauch der Fahrzeuge gekappt werden. Dann könnten beispielsweise Pflegedienste weiterhin davon profitieren, die in der Regel mit kleinen Autos unterwegs seien. Fassungslos machten ihn Ausnahmetatbestände bei der Erbschafts- und Schenkungssteuer, sagte Ramelow. "2022 ist in 24 Fällen Erbschafts- beziehungsweise Schenkungssteuer in Höhe von insgesamt 1,43 Milliarden Euro erlassen worden."

Die Streichung von Vergünstigungen bei Agrardiesel und der Kfz-Steuerbefreiung für Landwirtschaftsfahrzeuge sollen dem Bund Einsparungen von insgesamt bis zu einer Milliarde Euro bringen. Agrarminister Cem Özdemir (Grüne) lehnt das ebenfalls ab. Aus den Ampel-Reihen wurden angesichts der Protestwelle auch andere Stimmen laut, die eine Debatte über Alternativen fordern. Vertreter der Landwirtschaft verweisen darauf, dass die Betriebe ohnehin vor großen Herausforderungen stehen, zum Beispiel bei der Umstellung der Tierhaltung auf mehr Tierwohl. (dpa/tha)

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