• Zwar sinken in Deutschland die Corona-Fallzahlen. Doch es gibt neue Gefahren jenseits der Grenzen: Ansteckendere und teils gefährlichere Mutationen des Virus.
  • Nun hat Deutschland die Grenzen im Südosten für viele dichtgemacht.

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Nach der Ausbreitung neuer Virusvarianten hat Deutschland die Regeln für die Einreise aus mehreren EU-Staaten erneut verschärft. Stationäre Kontrollen an der Grenze zu Tschechien und Tirol wurden in der Nacht von Samstag auf Sonntag eingerichtet.

Bundes- und Grenzpolizei werden dann kontrollieren - und Einreisende zurückweisen, wenn sie nicht unter Ausnahmeregelungen fallen.

Warum wurden die Einreiseregeln dort verschärft?

Virusmutanten breiten sich derzeit in Tschechien und Tirol aus. In Tirol gibt es verstärkt Fälle der zuerst in Südafrika entdeckten SARS-CoV-2-Virusvariante B.1.351, in Tschechien ist es die britische Variante B.1.1.7. Beide Mutanten gelten als deutlich ansteckender.

B.1.351 ist nach bisherigem Wissen zudem auch tödlicher - und zusätzlich wirkten manche Impfstoffe weniger gut dagegen. Auch wer schon Corona hatte, könne sich wahrscheinlich erneut anstecken, warnen Mediziner. Die Rate der Zweitinfektionen werde daher wahrscheinlich steigen.

Wer darf noch aus Tschechien und Tirol einreisen?

Deutsche Staatsangehörige mit ihren Ehepartnern und minderjährigen Kindern werden an den Grenzen grundsätzlich durchgelassen. Das Gleiche gilt für alle, die ihren Wohnsitz in Deutschland haben.

Weitere Ausnahmen gibt es für Lkw-Fahrer, Ärzte, Kranken- und Altenpfleger sowie landwirtschaftliche Saisonarbeitskräfte - denn sie werden in Deutschland dringend zur Versorgung der Bevölkerung gebraucht. Auch wer zur Beerdigung eines Elternteils, Ehepartners oder Kindes will, darf einreisen, genauso Väter für die Geburt ihres Kindes. Auch für dringende medizinische Behandlungen darf man mit ärztlichem Attest noch über die Grenze.

Für alle Einreisenden gilt: Sie müssen einen negativen Corona-Test vorweisen und in Deutschland zehn Tage in Quarantäne.

Wie lange gilt das?

Die verschärften Einreiseregeln sind laut Innenministerium zunächst auf zehn Tage befristet, gelten also bis zum 23. Februar. Sie können allerdings dann noch auf maximal drei Monate verlängert werden.

Wie viele Pendler sind betroffen?

Die verschärften Regeln für die Einreise aus Tschechien und dem österreichischen Bundesland Tirol werden unter anderem wohl Zehntausende Berufspendler treffen. Rund 45.000 in Deutschland sozialversicherungspflichtig Beschäftigte hatten laut Bundesagentur für Arbeit (BA) zuletzt ihren Wohnsitz in Tschechien oder Österreich - die allermeisten arbeiten in Bayern. Nach der BA-Statistik von Ende Juni waren 33.800 Tschechen in Deutschland regulär in Lohn und Brot - die meisten im verarbeitenden Gewerbe sowie in Verkehr und Lagerei; dazu zählen etwa Lastwagenfahrer und Kurierdienste. Gut 11.100 Beschäftigte leben in Österreich.

Kommen die neuen Regeln noch rechtzeitig?

In Bayern sind Virusvarianten schon jetzt stärker verbreitet als im Bundesschnitt. Bei deutlich mehr als zehn Prozent der Infizierten in Bayern wurden sie festgestellt - mehr als doppelt so viel wie insgesamt in Deutschland, wie der Münchner Infektiologe Clemens Wendtner sagte.

Aus Tirol scheint es bisher kein nennenswertes Übergreifen der Variante B.1.351 zu geben. Anders sieht das in Ostbayern mit der zunächst in Großbritannien entdeckten Variante aus. Diese hat bei Einpendlern aus Tschechien schon die Oberhand. So hat laut Wendtner etwa in den Regionen Tirschenreuth und Hof die Mutante bereits einen Anteil von mehr als 40 Prozent der positiven Fälle. Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sprach von bis zu 70 Prozent. Alle bayerischen Hotspots liegen entlang der Grenze.

Drohen auch an anderen Grenzen schärfere Einreise-Regeln?

Auszuschließen sei das nicht, sagte Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU). Die Bundesregierung gehe aber mit Blick auf den wichtigen Austausch in Grenzregionen "sehr zurückhaltend und abwägend" mit solchen Maßnahmen um. Die anderen Nachbarländer mit direkter Grenze zu Deutschland, also Polen, Dänemark, die Niederlande, Belgien, Luxemburg, Frankreich und die Schweiz, sind bisher nicht als Gebiete mit besonderer Verbreitung der ansteckenderen Virusvarianten eingestuft.

Wie sieht man das deutsche Vorgehen in Brüssel?

Die EU-Kommission ist nicht begeistert und hat Deutschland aufgefordert, Ausnahmen etwa für Pendler und unverzichtbare Reisen zu gewähren. Die EU-Staaten hätten sich erst kürzlich auf gemeinsame Empfehlungen für das Reisen in Corona-Zeiten geeinigt. Man erwarte, dass alle Länder danach handelten, hieß es. Innenminister Horst Seehofer (CSU) wies die Kritik scharf zurück. "Jetzt reicht's! Die EU-Kommission hat bei der Impfstoffbeschaffung in den letzten Monaten genug Fehler gemacht", sagte er der "Bild"-Zeitung. "Die EU-Kommission sollte uns unterstützen und nicht durch wohlfeile Hinweise Knüppel zwischen die Beine werfen." (dpa)

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