Dutzende junge Menschen reisen in Niedersachsen als Gruppe ohne Fahrschein und Mund-Nase-Schutz mit dem Zug. Erst als über 300 Polizisten eintreffen, können die Personalien der Reisenden aufgenommen werden. Die hatten sich zunächst heftig zur Wehr gesetzt.
Mehr als 80 Aktivisten einer kurdischen Jugendbewegung sind in einem Zug von Lüneburg in Richtung Hamburg ohne Fahrschein Zug gefahren - und haben dann bei der Kontrolle die Zugbegleiterin heftig angepöbelt. Deswegen stoppte der Zug am Donnerstag im Bahnhof in Bardowick, wo die Bundespolizei und weitere Einsatzkräfte der Landespolizei im Einsatz auf sie warteten.
Die Polizisten seien von den Reisenden unmittelbar "mit massiver körperlicher Gewalt angegriffen worden", teilte die Bundespolizei am Freitag mit. Erst als 248 Bundespolizisten und 54 Beamte des Landes Niedersachsen vor Ort eingetroffen seien, habe die Situation beruhigt und die Identität der randalierenden Anhänger des PKK-Führers Abdullah Öcalan festgestellt werden können.
Mehrere Polizisten bei Einsatz verletzt
Angehörige der Gruppe hätten Polizeibeamte getreten und geschlagen, hieß es von der Polizei Lüneburg. Einige Beamte hätten leichte Verletzungen erlitten.
Die Bilanz des Einsatzes laut Polizei: 87 Strafverfahren wegen Erschleichens von Leistungen, 14 Verfahren wegen unerlaubten Aufenthalts in Deutschland, sechs Strafverfahren wegen Widerstandes gegen Polizeibeamte, ein Verfahren wegen versuchter Gefangenenbefreiung. Zudem wurde den Angaben zufolge ein europäischer Haftbefehl vollstreckt.
In neun Fällen seien Fahndungsnotierungen wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK festgestellt worden. Die PKK wird als terroristische Vereinigung eingestuft. Da die Reisenden außerdem gegen die wegen der Corona-Pandemie eingeführte Pflicht zum Tragen eines Mund-Nase-Schutzes verstoßen hätten, habe die Bundespolizei ihre Personalien an das Gesundheitsamt übermittelt, hieß es.
Die Linke kritisiert Einsatz - Polizei verteidigt sich
Bei den Reisenden handelte es sich nach Polizeiangaben um Teilnehmer einer Gruppe, die seit dem 5. September Demonstrationen in Hannover sowie den Landkreisen Celle, Uelzen, Lüneburg und Harburg durchgeführt habe. Nach zwei Übernachtungen in einem Camp in Lüneburg seien die Aktivisten auf dem Weg über Winsen/Luhe nach Hamburg gewesen.
Die Linke Niedersachsen kritisierte den Einsatz. "Diesen Vorgang werden wir parlamentarisch aufarbeiten. Es stellen sich Fragen nach dem Anlass, der Härte und Verhältnismäßigkeit des Einsatzes sowie der Rechtmäßigkeit der Einschränkung des Demonstrationsrechts für die Jugendlichen", wird der Bundestagsabgeordnete Victor Perli in einer Mitteilung zitiert. Die Bundespolizei müsse beantworten, warum die jungen Menschen wegen angeblich fehlender Fahrscheine stundenlang eingekesselt worden seien.
Eine Bundespolizeisprecherin wies die Vorwürfe zurück: "Von den Reisenden ging ein hohes Gewaltpotenzial aus." (mt/dpa) © dpa
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.