Immer wieder müssen in Deutschland wegen entdeckten Fliegerbomben aus dem zweiten Weltkrieg komplette Straßenzüge evakuiert werden. Denn hierzulande schlummern jede Menge Blindgänger im Erdreich.

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Manche Karlsruher hielten es vermutlich für einen Aprilscherz, als Bauarbeiter am 1. April dieses Jahres auf eine Fliegerbombe stießen. Doch die Polizei musste das Gelände absperren, Personen wurden in einem Umkreis von 300 Metern evakuiert.

Bevor Spezialisten den Blindgänger entschärfen konnten, scannten Polizisten im Hubschrauber mit einer Wärmebildkamera das Gebiet, um sicherzugehen, dass sich auch wirklich niemand in dem gefährdeten Bereich aufhielt.

Diese Vorsichtsmaßnahme war nötig, um Menschenleben zu schützen. Erst danach konnte der Kampfmittelräumdienst die 500 Kilogramm schwere Bombe, in der 250 Kilogramm Sprengstoff steckten, entschärfen – was den Experten auch problemlos gelang. Sie entfernten Kopf- sowie Heckzünder und transportierten den Sprengkörper ab, um ihn später zu vernichten.

Doch die Weltkriegsbombe in Karlsruhe ist lange nicht die einzige in Deutschland, die gefunden und beseitigt werden muss. Rund 1,4 Millionen Tonnen fielen im zweiten Weltkrieg auf das Dritte Reich.

Wissenschaftler halten es für nicht unwahrscheinlich, dass 10 bis 15 Prozent der Bomben, die bei Luftangriffen im 2. Weltkrieg auf Deutschland geworfen wurden, nicht explodiert sind und seitdem als Blindgänger verschüttet im Boden stecken.

Manche Experten rechnen mit Tausenden von Blindgängern, von denen immer noch eine Gefahr ausgeht. Andere wiederum halten diese Zahl für unrealistisch, da man überhaupt nicht abschätzen könne, wie explosiv unsere Böden immer noch sind.

Fakt ist jedoch: Woche um Woche muss der Kampfmittelräumdienst mehrmals ausrücken und bundesweit Bomben entschärfen - und die Arbeit wird immer gefährlicher.

Deutschlands Böden sind explosiv

Denn die Situation verschärft sich von Jahr zu Jahr. Je länger ein Blindgänger im Boden steckt, desto größer wird – aufgrund von Verrottungsprozessen – die Gefahr einer ungewollten Detonation.

Bei Bauarbeiten kann es durchaus zu unkontrollierten Explosionen kommen, eine Selbstdetonation ist möglich und auch schon vorgekommen, wie Wolfgang Brandt, stellvertretender Pressesprecher des Ministerium des Innern und für Kommunales des Landes Brandenburg unserer Redaktion schildert.

Echte Bedrohung oder nur ein Spektakel

Brandenburg ist deutschlandweit mit am schlimmsten von Kriegsblindgängern im Boden betroffen, das Bundesland stand besonders unter Beschuss der Alliierten. Gerade die Stadt Oranienburg war ein strategisch entscheidendes Ziel für Luftangriffe.

Es stellte damals ein wichtiger Knotenpunkt für Eisenbahn und Rüstungsindustrie dar. Brandt erklärt: "Allein beim alliierten Luftangriff vom 15. April 1945 mit mehr als 600 Flugzeuge wurden mehr als 700 Brandbomben und nahezu 5.000 schwere Sprengbomben abgeworfen."

Brisant: 4.000 dieser Bomben sollen mit einem chemischen Langzeitzünder bestückt gewesen sein. „Gerade diese Bauart ist besonders gefährdet, auch Jahrzehnte später noch ohne Fremdeinwirkung zu detonieren“, führt Pressesprecher Brandt fort, sieht den Kampfmittelbeseitigungsdienst aber sehr gut aufgestellt und ist der Meinung, dass die Spezialeinheit über genügend Kenntnisse verfügt, was Aufbau und Funktionsweise der unterschiedlichen Kampfmittel angeht.

Brandt zeigt sich optimistisch: „Bomben unbekannter Herkunft gibt es in diesem Zusammenhang nicht.

Doch Pressesprecher Wolfgang Brandt sieht den Kampfmittelbeseitigungsdienst sehr gut aufgestellt und ist der Meinung, dass die Spezialeinheit über genügend Kenntnisse verfügt, was Aufbau und Funktionsweise der unterschiedlichen Kampfmittel angeht. Brandt zeigt sich optimistisch: "Bomben unbekannter Herkunft gibt es in diesem Zusammenhang nicht."

Erkennen, entschärfen und beseitigen

Das ist auch sehr wichtig, denn jede Bombe muss einzeln untersucht werden, damit die Fachleute abschätzen können, ob ein Blindgänger vor Ort entschärft werden kann oder gesprengt werden muss.

Zuerst müssen die Fachleute analysieren, welcher Zünder sich an dem Sprengsatz befindet. Manche chemischen Zünder stellen die Experten vor eine große Aufgabe: Sie verfügen über eine Ausbausperre, die für eine sofortige Detonation sorgt. Hier kommt eine Wasserstrahl-Schneidemaschine zum Einsatz, mit der die Profis den Zünder entfernen.

Anders wäre ein Transport nicht möglich, denn Fliegerbomben können alleine durch den Transport detonieren. Ist die Bombe erfolgreich entschärft, kann sie aber verladen werden. Der Sprengstoff wird dann zuletzt beseitigt, damit die Bombe keinen Schaden mehr anstellen kann.

Glücklicherweise gehen die meisten Entschärfungen gut aus, doch es gibt auch Ausnahmen: 2010 sind durch eine Zehn-Zentner-Bombe in Göttingen drei Fachleute gestorben.

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