Während am frühen Abend des 20. Februar Hunderte Menschen am Brandenburger Tor der Opfer des Terroranschlags von Hanau gedachten, fand in den Räumen des Bundestags eine Karnevalsparty statt. Sogar die Polizei rückte an.
Mitarbeiter des Bundestags haben an Weiberfastnacht in Büroräumen eine ausgelassene Karnevalsparty gefeiert - während in unmittelbarer Nähe am Brandenburger Tor der Opfer des Anschlags von Hanau gedacht wurde.
Ein entsprechender Bericht der "Süddeutschen Zeitung" wurde der Deutschen Presse-Agentur am Freitag vom Bundestag bestätigt. Dabei "handelte es sich nicht um eine Faschingsfeier der Verwaltung, sondern um eine private, nicht öffentliche Zusammenkunft, an der außerhalb der Arbeitszeit nach Dienstschluss Beschäftigte der Bundestagsverwaltung teilgenommen haben", sagte ein Sprecher.
Die traditionelle Weiberfastnacht-Party des Personalrats für Mitarbeiter des Bundestags sei wegen des Anschlags abgesagt worden.
11 Tote in Hanau
Am 19. Februar hatte ein 43-Jähriger im hessischen Hanau neun Menschen mit ausländischen Wurzeln erschossen. Später wurden er und seine Mutter tot in ihrer Wohnung gefunden. Vor der Tat hatte der Mann Pamphlete und Videos mit abstrusen Verschwörungstheorien und rassistischen Ansichten im Internet veröffentlicht.
Am Abend des folgenden Tages - Weiberfastnacht - gab es um 18 Uhr eine Mahnwache am Brandenburger Tor, an der auch zahlreiche Politiker teilnahmen. Nach Informationen der "Süddeutschen Zeitung" begann noch während dieser Gedenkveranstaltung die Ersatz-Karnevalsparty in einem Gebäude des Bundestags Unter den Linden. Diese habe sich bis tief in die Nacht gezogen und sei nach dem Bericht eines Augenzeugen so ausgelassen gewesen, dass sich Anwohner beschwert hätten und gegen 23 Uhr die Polizei gekommen sei.
Wie die "Süddeutsche Zeitung" erfuhr, soll der Vorfall in der Bundestagsverwaltung wiederholt Streit ausgelöst haben. Der Direktor der Bundestagsverwaltung, Horst Risse, hatte eine Karnevalsfeier im trauerbeflaggten Bundestag ausdrücklich untersagt.
Der harte Kern der Narren ließ sich davon aber offenbar nicht stoppen. Bei dem Fest, nahmen nach SZ-Informationen etwa 100 Personen auch in Kostümen teil.
Spontane Privatfeier
"Diese private Feier hat sich offenbar spontan ergeben. Über den Verlauf im Einzelnen liegen voneinander abweichende Schilderungen vor", hieß es in der Stellungnahme des Bundestag vom Freitag. "Derartige private Zusammenkünfte im Kollegenkreis - wie sie etwa auch bei runden Geburtstagen oder vor Weihnachten allgemein üblich sind - bedürfen keiner Anmeldung bei der Hausleitung oder deren Genehmigung."
Der Bundestagssprecher erklärte außerdem: "Soweit durch die Zusammenkunft der Eindruck eines unangemessenen Umgangs mit den Ereignissen von Hanau am vorangegangenen Tag entstanden ist, ist dies sehr zu bedauern."
Der SPD-Abgeordnete Lars Castellucci bezeichnete die Feier bei "Focus Online" als "unzulässig und geschmacklos". (dpa/mf) © dpa
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