Er stand wie kein anderer für den sozialliberalen Flügel der FDP und war Innenminister unter Helmut Schmidt. Nun ist Gerhart Baum gestorben.
Der frühere Bundesinnenminister und sozialliberale FDP-Politiker Gerhart Baum ist tot. Er starb im Alter von 92 Jahren, wie ein Sprecher der Bundespartei der Deutschen Presse-Agentur bestätigte. Zuvor hatte die ARD berichtet.
Baum gehörte neben seinem im März 2020 gestorbenen Freund Burkhard Hirsch zur zuletzt kleinen Gruppe sozialliberaler FDP-Mitglieder, die sich zusammen mit Hildegard Hamm-Brücher und dann auch mit Sabine Leutheusser-Schnarrenberger im Freiburger Kreis zusammenschlossen. Das bedeutete quasi linksliberale Opposition in der eigenen Partei.
Gerhart Baum war Innenminister unter Helmut Schmidt
Von 1978 an war Baum vier Jahre lang Bundesinnenminister unter SPD-Kanzler Helmut Schmidt – in der Zeit des RAF-Terrors. Nach der Wende der FDP von der SPD zur Union 1982 war die sozialliberale Koalition am Ende. Etliche – vor allem junge – FDP-Mitglieder verließen damals die Partei. Baum blieb und war von 1982 bis 1991 noch FDP-Vize.
Nach seinem Ausscheiden aus dem Bundestag arbeitete er wieder als Rechtsanwalt. Bis zuletzt führte er – unter anderen zusammen mit Hirsch und Leutheusser-Schnarrenberger – erfolgreiche Verfassungsbeschwerden gegen staatliche Überwachung: gegen den Großen Lauschangriff, die Vorratsdatenspeicherung oder das Luftsicherheitsgesetz von Rot-Grün zum Abschuss entführter Passagiermaschinen.
Baum, geboren am 28. Oktober 1932, stammte aus dem Dresdner Bildungsbürgertum. Vater und Großvater waren ebenfalls Rechtsanwälte. Die Mutter, eine Russin, floh mit den Kindern nach der Bombardierung Dresdens im Februar 1945 an den Tegernsee. 1950 zog die Familie nach Köln.
Lindner: Baums kritischer Blick wird fehlen
FDP-Chef Christian Lindner hat den verstorbenen FDP-Politiker Gerhart Baum als einen großen Verfechter von Freiheit und Bürgerrechten gewürdigt. "Mit Gerhart Baum haben unser Land und die Freien Demokraten eine der kräftigsten Stimmen für Freiheit, Menschenrechte und Demokratie verloren", teilte Lindner mit.
"Er war eine unabhängige Persönlichkeit mit kritischem Urteil, die unsere liberale Familie gestärkt hat." Die Freien Demokraten seien Baum zu großem Dank verpflichtet. "Sein Rat und sein kritischer Blick werden uns fehlen."
Strack-Zimmermann: Baum war ein "unbequemer Impulsgeber"
Die FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann nannte Baum einen großen Streiter für die Bürgerrechte. Baum sei ein "unbequemer Impulsgeber" und ein "hartnäckiger Diskutant" gewesen, "der seine Partei und seine Parteifreunde bis zum Äußersten reizen konnte", schrieb sie auf X. "Niemand von uns blieb verschont. Trotzdem bildete er einen wichtigen Pol."
FDP-Fraktionschef Christian Dürr nannte Baum einen unbeugsamen Streiter für die liberale Demokratie. "Sein Engagement für die Grundrechte und seine Überzeugung, dass Freiheit und Sicherheit kein Widerspruch sein dürfen, sind Vermächtnisse, die uns weiterhin leiten werden." Auch Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) und Innenministerin Nancy Faeser (SPD) würdigten Baum. (dpa/bearbeitet von tas/mak)
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