Die deutsche Kunstvermittlerin Hella Mewis ist im Irak von bewaffneten Männern entführt worden. Das hat das irakische Innenministerium bestätigt. Sicherheitskräfte suchen bereits nach der Frau.

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Das irakische Innenministerium hat die Entführung der deutschen Kuratorin und Kulturvermittlerin Hella Mewis in Bagdad bestätigt. Sicherheitskräfte suchten nach der Frau, sagte ein Sprecher am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur.

Zuvor hatten bereits Aktivisten von der Entführung der Kuratorin berichtet.

Bewaffnete Männer hätten Mewis in ihre Gewalt gebracht, schrieb Ali al-Bajati, Mitglied der vom Parlament gewählten Menschenrechtskommission, am Montag bei Twitter.

Das Auswärtige Amt bestätigte die Entführung der Deutschen zunächst nicht.

"Wir wissen nicht, wer sie entführt hat", sagte ihre Freundin, die Aktivistin Sirka Sarsam von der Nichtregierungsorganisation Burj Babel. Derzeit würden Aufzeichnungen von Überwachungskameras untersucht. "Hellas Entführung ist ein menschliches Desaster", sagte Sarsam. "Ich habe vor einer Woche mit ihr telefoniert."

Hella Mewis arbeitet schon lange in Bagdad

Mewis wurde in Berlin geboren und lebt seit mehreren Jahren in Bagdad. Sie arbeitete dort am Aufbau des Kulturinstituts Bait Tarkib, das die Arbeit junger irakischer Künstler fördern will. Zeitweise war sie auch für das Goethe-Institut tätig.

Die Männer hätten Mewis am Montagabend gegen 20 Uhr (Ortszeit) in Nähe des Kulturzentrums im zentral gelegenen Stadtteil Abu Nuwas entführt, schrieb Al-Bajati bei Twitter. Das Viertel liegt unweit des Flusses Tigris.

Bait Tarkib - zu übersetzen etwa als "Haus der Installation" - wurde 2015 zur Förderung zeitgenössischer Kunst gegründet. Die Organisation bemüht sich laut ihrer Website darum, "aufstrebende irakische Künstler und junge Menschen zu fördern, die ihr künstlerisches Talent entwickeln oder eine künstlerische Laufbahn anstreben". Das arabische Wort "tarkib" kann auch mit "Kombination" oder "Struktur" übersetzt werden.

Irakische Künstler haben schweren Stand

Nach dem Ende von Saddam Husseins Diktatur im Jahr 2003 lebte der politische Islam im Irak wieder auf - und damit auch konservative islamische Werte, die viele Arten von nicht-religiöser Kunst als verboten ("haram") betrachten. Viele irakische Künstler haben in ihrer Heimat einen schweren Stand und leben im Ausland.

Der in Deutschland lebende irakische Schriftsteller Najem Wali beschrieb Mewis gegenüber dem Magazin "Spiegel" im Jahr 2017 als Frau, die entgegen irakischer Konventionen in Cafés geht, ihr Haar offen trägt und nur selten zum Kopftuch greift. An der Uferstraße am Tigris habe sie 2016 eine Frauenfahrrad-Demonstration organisiert. Mewis habe Kontakte in die Politik und sei gut vernetzt.

Vor zwei Wochen hatten Unbekannte in Bagdad den international anerkannten politischen Analysten Hischam al-Haschimi in der Nähe seiner Wohnung erschossen. Zunächst bekannte sich niemand zu der Tat. In den irakischen Medien richtete sich der Verdacht vor allem gegen die Iran-treue schiitische Miliz Kataib Hisbollah und die Terrormiliz Islamischer Staat (IS). Al-Haschimi galt als einer der besten Kenner extremistischer Gruppen im Irak. Er äußerte sich häufig kritisch zu proianischen Milizen im Land und war als Regierungsberater tätig. (dpa/ska)

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