Ermittler präsentieren am Mittwoch Beweise zum Abschuss von Flug MH17 über der Ostukraine im Juli 2014. Wer hat die Boeing der Malaysia Airlines abgeschossen? Prorussische Rebellen oder die Ukraine? Ein Überblick über die Theorien zur Absturzursache - und die wahrscheinlichste Version.

Mehr Panorama-News

298. So viele Menschen starben, als am 17. Juli 2014 Flug MH17 der Malaysia-Airlines über dem Krisengebiet Ostukraine nahe Donezk abstürzte.

Unklar ist, ob die Schuldigen jemals benannt werden können. Russland erschwert die Ermittlungen. Präsident Wladimir Putin hatte ein Uno-Tribunal zur Aufklärung abgelehnt. Dabei sind entscheidende Fragen ungeklärt. Ein Überblick über die Theorien zur Absturzursache von MH17 - und offene Fragen.

Wer vertritt welche Ansicht?


Die ukrainische Regierung beschuldigt russische Separatisten, das Passagierflugzeug abgeschossen zu haben; die russische Seite wiederum schiebt den Ukrainern die Schuld zu. Das Resultat: teils kuriose Verschwörungstheorien.

Welche Theorien zum Abschuss gibt es?


MH17 soll mit einer russischen Buk-Flugabwehrrakete abgeschossen worden sein. Sowohl die Separatisten als auch die ukrainische Armee haben diese in ihrem Arsenal. In der prominentesten Verschwörungstheorie heißt es dagegen, dass ein ukrainischer Kampfjet den zivilen Passagierflug abgeschossen habe. Vor dem Absturz sei ein Abfangjäger vom Typ Suchoi-25 auf die Boeing 777 zugeflogen, behauptete Generalleutnant Andrej Kartopolow vom russischen Generalstab. Moskau präsentierte Satellitenbilder, erklärte, dass Luft-Luft-Raketen des Kampfjets ein Ziel hundertprozentig zerstören könnten.

Das ukrainische Militär beteuerte, dass keine Kampfflugzeuge in der Luft gewesen seien. Russland blieb dabei. Das staatliche Fernsehen veröffentlichte ein Bild, das angeblich "von einem ausländischen Aufklärungssatelliten" gemacht wurde. Es sollte beweisen, wie ein ukrainischer Kampfjet, nunmehr vom Typ Mig-29, die Passagiermaschine abschoss. Blogger entlarvten das Foto als Fälschung. Demnach wurde die "Satellitenaufnahme" mit Photoshop erstellt, als Vorlage habe ein Ausschnitt von Google Maps gedient.

Russische Ingenieure verdächtigen ukrainisches Kampfflugzeug

Zuvor hatten russische Ingenieure eine Studie verbreitet, in der es hieß, dass ukrainische Kampfflugzeuge des Typs Su-25 oder Mig-29 MH17 abgeschossen hätten. Das entkräftete ausgerechnet der russische Chefentwickler der Su-25, Wladimir Babak: "Wir haben mit unseren Kollegen alle Varianten durchgespielt und können nicht verstehen, wie eine Su-25 die Boeing hätte abschießen können", sagte er im Interview mit dem "NDR", dem "WDR" und der "SZ". Luft-Luft-Raketen hätten eine Boeing nur beschädigt, erklärte er, nicht auseinanderbrechen lassen. Genau das geschah aber wohl.

In Russland hielten sich die Verschwörungstheorien. So zitierten Moskauer Medien einen angeblichen spanischen Fluglotsen, der sich als Fiktion herausstellte. Zwischenzeitlich behaupteten die Separatisten sogar, die Menschen an Bord von MH17 seien bereits vor dem Start tot gewesen. Nichts deutet bislang daraufhin.

Die Zeitschrift "Nowaja Gaseta" veröffentlichte im Mai auf ihrem Titelblatt schließlich ein Foto mit einer Boeing-Maschine am Himmel. Das Motiv sollte Malaysia-Airlines-Flug 17 darstellen. Darüber stand: "Es war eine Buk." Die russische Regierung ließ gewähren, beschuldigte aber weiter die Ukraine. Dem Bericht zufolge gelang es, die Schrapnell-Teile, die das Flugzeug mutmaßlich zerfetzten, "eindeutig dem Gefechtskopf-Typ 9H314M" zuzuordnen. Hinter dem Kürzel verbirgt sich der Sprengkopf der Buk-M-Rakete.

Welche offenen Punkte sind ungeklärt?


Unklar ist, warum Russland und die Separatisten ausländischen Ermittlern den Zugang zum Unglücksort massiv erschwerten. "Russland hat die Separatisten ermutigt, den internationalen Ermittlern den Zugang zu verweigern. Russland verweigert damit Gerechtigkeit", kritisierte die US-amerikanische Botschafterin damals bei den Vereinten Nationen, Samantha Power.

Auch welches Waffensystem die Maschine tatsächlich zerstörte, steht bislang noch nicht abschließend fest. Die Ermittler des OVV hatten nie die Möglichkeit, Trümmerteile einzusammeln. Grundlage für ihre Analyse seien Fotos, die ukrainische und malaysische Experten auf eigene Faust von den Wrackteilen gemacht hätten, heißt es. Ergo: Es ist nicht erwiesen, wer Schuld an der Katastrophe hat.

Was gilt am wahrscheinlichsten?


Der OVV hatte in einem Zwischenbericht festgestellt, dass "das Flugzeug von außen durch eine große Anzahl schnell fliegender Objekte getroffen wurde". Wahrscheinlich hätten diese Einschläge dazu geführt, hieß es weiter, dass die Maschine instabil wurde und noch in der Luft auseinanderbrach. Ein klarer Hinweis auf die Buk-Rakete. Sie hat einen sogenannten Fragmentations-Gefechtskopf. Dieser explodiert in unmittelbarer Nähe eines Flugzeugs und durchlöchert es.

Von ukrainischen Militärjets in der Absturzregion war in dem Zwischenbericht keine Rede. Experten des internationalen "Gemeinsamen Ermittlungsteams" kamen Informationen des "Spiegel" zufolge zu einem ähnlichen Schluss. Die Untersuchung von Splittern in den Wrackteilen ergab demnach, dass die Boeing von einer Luftabwehrrakete des Typs Buk-M1 abgeschossen wurde. Und wie der "Spiegel weiter berichtete, mehren sich die Hinweise, dass prorussische Separatisten die Luftabwehrrakete abfeuerten.

JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.