Die schwedische Autorin Gunilla Lundgren hat eine Neuinterpretation von "Pippi Langstrumpf" geschrieben. Doch wer eine amüsante und optimistische Geschichte erwartet wird bei "Pippy in Rinkeby" enttäuscht. Denn in der Erzählung wird Pippi zu einem Roma-Mädchen, das in Schweden ein hartes Leben lebt.

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Pippi Langstrumpf zählt zu den bekanntesten Kinderbuch-Figuren. In 70 Sprachen wurden die Geschichten von Astrid Lindgren über das bärenstarke Mädchen mit den roten Zöpfen und dem sonnigen Gemüt übersetzt.

Die schwedische Autorin Gunilla Lundgren hat nun für ein Hörspiel eine neue Version von Pippi erfunden. Deren Leben wird aber weitaus weniger fröhlich und optimistisch dargestellt als in den Originalbüchern.

Denn in der Erzählung "Pippi in Rinkeby" ist die berühmte Kinderbuch-Figur ein Roma-Mädchen aus Rumänien. Ihre Mutter ist tot, der Vater verschwunden. Gemeinsam mit ihrer Tante kommt sie über Deutschland nach Schweden.

Weil es dort für Kinder verboten ist zu betteln, lässt die Tante sie im Stich. "Es ist eine ernste Geschichte", zitiert der "Deutschlandfunk Kultur" Autorin Gunilla Lundgren. "Es ist schlimm, wie es manchen Kindern in Rumänien geht."

Pippi im sozialen Brennpunkt

Wie der Name der Erzählung schon vermuten lässt, spielt die Geschichte in Rinkeby, einem Vorort von Stockholm. Seit Jahren gilt der Ort als sozialer Brennpunkt Schwedens.

Immer wieder kam es dort in der Vergangenheit zu Schießereien. Brennende Autos oder Ausschreitungen sind in dem Vorort ebenfalls keine Einzelfälle. Die berühmte Villa Kunterbunt gibt dort nicht. Stattdessen lebt Pippi in einem alten verlassenen Auto.

Auch sonst gibt es in Lundgrens Erzählung zahlreiche Unterschiede zu den klassischen Kindergeschichten. An Pippi Langstrumpfs Affen "Herr Nilsson" erinnert beispielsweise nur eines von zwei Plüschtieren, die das Mädchen besitzt.

Tommy und Annika gibt es ebenfalls nicht in der Erzählung. Stattdessen freundet sich Pippi mit zwei griechischen Kindern Namen Costas und Katarina an.

Gemeinschaftsprojekt mit Roma-Kindern

Lundgren, die selbst in Rinkeby lebt, engagiert sich seit Jahren für Roma-Kinder. Zusammen mit ihnen hat sie bereits 15 Bücher geschrieben. Auch die Neuauflage von Pippi Langstrumpf ist das Werk einer solchen Kooperation.

Das so entstandene Hörspiel wird als Serie vom schwedischen Radiosender SVT P4 ausgestrahlt. Wie die Autorin dem "Spiegel" sagte, wird die Geschichte neben Schwedisch noch in fünf weiteren Sprachen zu hören sein.

Dabei handelt es sich um die offiziellen Minderheitssprachen des Landes: Romanes, Jiddisch, Samisch, Meänkieli und Finnisch. Auch eine Umsetzung als Buch ist geplant.

Lindgren-Erben gaben grünes Licht für Neuinterpretation

Die Erlaubnis, die Figur von Pippi verwenden zu dürfen, hat sich Lundgren von den Erben Astrid Lindgrens eingeholt. "Sie waren erst skeptisch, haben aber schließlich zugestimmt", sagte die Autorin im "Spiegel"-Interview.

Die Erzählung stößt allerdings nicht bei allen Menschen auf Gegenliebe. "Einige Leute haben sich aufgeregt. Sie werfen uns vor, schwedisches Kulturgut zu zerstören", schildert Lundgren im Deutschlandfunk Kultur.

"Aber die Idee ist ja nicht neu", betont sie. "Man hat Hamlet umgeschrieben, man hat Aschenputtel umgeschrieben. Wir wollten Pippi neu gestalten und in die Gegenwart holen."

Verwendete Quellen:

  • Deutschlandfunk Kultur: Neue Version von "Pippi Langstrumpf". Sie hat kein Äffchen und kein Pferd.
  • Spiegel Online: Umstrittene Nacherzählung des Astrid-Lindgren-Klassikers. Pippi Langstrumpf und der Hass (Plus Content)
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