Blitzeis hat die Straßen in vielen Teilen Bayerns in gefährliche Rutschbahnen verwandelt, am frühen Morgen sind mindestens zwei Menschen gestorben. Allein in Baden-Württemberg gab es mehr als 1.000 Unfälle.
Mindestens zwei Tote, viele Verletzte und unzählige Blechschäden: Bei morgendlicher Glätte sind in Bayern Autofahrer, Fußgänger und Fahrradfahrer verunglückt. Besonders betroffen waren die fränkischen Regierungsbezirke sowie Niederbayern, die Oberpfalz und Schwaben. An den Flughäfen sorgte der Winterdienst dafür, dass weitgehend alles planmäßig verlief. Mancherorts fiel der Präsenzunterricht in Schulen aus. Der Deutsche Wetterdienst sprach von Blitzeis.
Mindestens zwei Menschen sterben bei Glätteunfällen
In den Morgenstunden verunglückten mindestens zwei Menschen tödlich. Auf der Autobahn 92 in Niederbayern starb ein Mann, als er mit seinem Auto in einen querstehenden Lastwagen krachte.
Auf der A3 bei Regensburg ereigneten sich auf einer Strecke von zehn Kilometern mehr als zehn Unfälle. Dabei kam mindestens ein Mensch ums Leben. Der 59-Jährige aus dem Landkreis Schwandorf war nach Polizeiangaben mit seinem Wagen unter einen vorausfahrenden Lastwagen geraten.
Auf der A92 Richtung Deggendorf gab es eine Sperre zwischen den Anschlussstellen Moosburg-Nord und Landshut West ebenso wie auf der A96 im Ostallgäu Richtung Lindau. Hier wurde bei einem Unfall mit vier Fahrzeugen mindestens ein Mensch verletzt, wie die Polizei in Kempten mitteilte. Ob Glätte oder ein Fahrfehler der Auslöser war, blieb zunächst unklar.
Rutschpartien in Franken
Besonders rutschig war es auch in Franken. In Sommerhausen bei Würzburg prallte ein Linienbus gegen einen Torbogen. Sieben Menschen wurden verletzt, eine Frau schwer. Ein Sachverständiger soll klären, ob es ein technisches Problem mit dem Fahrzeug gab oder ein anderer Grund wie Glatteis für den Unfall infrage kommt. Mit dem Busfahrer zusammen saßen nach Polizeiangaben zwölf Menschen in dem Fahrzeug. Die Schadenshöhe lag nach ersten Erkenntnissen im mittleren fünfstelligen Bereich.
In Oberfranken registriere die Polizei etwa 20 witterungsbedingte Einsätze – unter anderem verunglückten Fußgänger und Radfahrer auf glatten Wegen und Straßen. Bei Verkehrsunfällen gab es Leichtverletzte und Blechschäden. In Mittelfranken zählte die Polizei von Mitternacht bis 8:00 Uhr etwa 120 glatteisbedingte Unfälle, "meist im ländlichen Bereich und in den Nebenstraßen der Städte", sagte ein Polizeisprecher. Ernsthafte Verletzungen zog sich nach bisherigen Erkenntnissen dort niemand zu.
Winterdienst an Flughäfen Bayerns im Einsatz
An den Flughäfen in München und Nürnberg hatte der Winterdienst gut zu tun. Räumen, Streuen, Flugzeugenteisung – danach lief alles weitestgehend planmäßig, wie Sprecher mitteilten.
In der Region Ingolstadt war der Rettungsdienst derart gefordert, dass vorübergehende der sogenannte qualifizierte Krankentransport entfallen musste – also der Transport eines Patienten zu einer Spezialuntersuchung in ein anderes Krankenhaus oder Ähnliches. Die Fahrzeuge des Krankentransportes wurden für die Notfallrettung benötigt, wie die Integrierte Leitstelle mitteilte.
In einigen Gegenden fiel der Präsenzunterricht in den Schulen aus, etwa in den kreisfreien Städten Ansbach und Weiden in der Oberpfalz sowie in den Landkreisen Ansbach, Neustadt an der Aisch-Bad Windsheim und Neustadt an der Waldnaab. Beim Zugverkehr gab es dagegen nach Angaben der Bahn keine witterungsbedingten Einschränkungen.
Blitzeis verwandelt Straßen zu Rutschbahnen
"Der Regen kommt runter, fällt auf den eiskalten Boden und ist sofort gefroren", erläuterte ein Meteorologe des Deutschen Wetterdienstes zum Blitzeis. Es entsteht unter anderem, wenn Schneekristalle auf dem Weg zum Boden durch eine warme Luftschicht fallen, schmelzen und am gefrorenen Boden in Sekundenschnelle zu Eis werden.
Im Süden des Freistaats verwandelte sich der Regen im Laufe des Morgens in Schnee. Auch weiter nördlich sollte der Regen allmählich nachlassen. Für die kommenden Tage kündigte der Experte einen klassischen Wintermix an aus Nebel, Hochnebel und einigen Wolkenlücken, vor allem Richtung Alpen und in den Mittelgebirgen.
Zahlreiche Unfälle auch in Baden-Württemberg
Auf glatten Straßen verunglückten am Morgen auch zahlreiche Menschen in Baden-Württemberg. Allein im Bereich des Polizeipräsidiums Ludwigsburg registrierten die Beamten mehr als 400 Unfälle seit den frühen Morgenstunden, die meisten davon im Landkreis. In Heilbronn und dem Stadtkreis legte die Unfallzahl auf 200 zu, im Rems-Murr-Kreis auf über 150 und in Stuttgart auf mindestens 140. Für die Landeshauptstadt wurde eine sogenannte außergewöhnliche Einsatzlage ausgerufen, damit weitere Einheiten des Katastrophenschutzes eingesetzt werden können.
Mehr als 200 Unfälle mit einem geschätzten Schaden von etwa einer Million Euro gab es laut Polizei auf den Straßen der Landkreise Reutlingen, Tübingen, Esslingen und Zollernalb innerhalb von knapp fünf Stunden.
Mehrere Menschen wurden verletzt, meist blieb es nach ersten Erkenntnissen bei Sachschäden. "Ich habe so etwas noch nie selbst erlebt", sagte ein Polizeisprecher in Reutlingen. "Der Regen ist auf der Windschutzscheibe sofort gefroren."
Aufrufe zur Vorsicht auf den Straßen
Polizei und Kommunen riefen Fußgänger sowie Auto- und Fahrradfahrer auf, vorsichtig zu sein und auf nicht notwendige Aufenthalte im Freien gegebenenfalls zu verzichten. Autofahrer sollten ihr Tempo reduzieren, vorausschauend fahren und abruptes Bremsen oder Beschleunigen vermeiden. "Das sind Bedingungen, die verzeihen einem einfach weniger", sagte ein Sprecher des Polizeipräsidiums in Aalen. Wer nicht müsse, solle sein Fahrzeug zunächst stehen lassen.
Massenkarambolage mit mehr als zwei Dutzend Autos
Für Aufregung sorgte vor allem eine Massenkarambolage auf der eisglatten Bundesstraße 27 in Hechingen (Zollernalbkreis) am Morgen. Dabei krachten nach Polizeiangaben mehr als zwei Dutzend Autos aufeinander, zwei Menschen wurden nach ersten Informationen leicht verletzt. Bei einem weiteren Serienunfall auf der Kreisstraße 3284 bei Aalen fuhren zehn Autos in einer langen Unfallkette auf. Zwei Menschen wurden verletzt.
Beim Zusammenstoß eines Linienbusses mit einem Auto in Ettenheim (Ortenaukreis) wurden neun Menschen verletzt. Polizeiangaben zufolge stießen beide Fahrzeuge am Morgen auf einer Kreuzung zusammen. Die beiden Männer im Auto verletzten sich schwer und kamen in ein Krankenhaus, sieben Fahrgäste im Bus verletzten sich leicht. Die Unfallursache war zunächst unklar. Glätte könne aber nicht ausgeschlossen werden, sagte ein Polizeisprecher.
Viele Patienten in Notaufnahmen
Die Wetterlage wirkte sich am Vormittag auch auf zahlreiche kommunale Dienste aus. Wegen spiegelglatter Straßen und Wege mussten die Notaufnahmen überdurchschnittlich viele Patienten behandeln. Eine Sprecherin der SLK Kliniken in Heilbronn sprach von einem massiven Patientenaufkommen in den Notaufnahmen.
Auch am Klinikum Stuttgart waren am Morgen deutlich mehr Behandlungen notwendig als sonst üblich. Allein am Morgen seien rund 50 Patienten in der Notaufnahme behandelt worden, sagte ein Sprecher der Klinik. Normalerweise würden rund 80 Patienten am ganzen Tag behandelt. "Schwerpunkte sind Knochenbrüche am Unterarm und am Handgelenk", sagte der Sprecher. Man habe wegen der vielen Patienten die Notaufnahme auch personell verstärkt. Vom Rettungsdienst gebe es minütlich neue Anfragen, ob weitere Patienten aufgenommen werden könnten.
Stau auf der A8
Glatteis behinderte auch den Verkehr auf der A8 bei Pforzheim. In Fahrtrichtung Karlsruhe brauchten Autofahrer viel Geduld: Einer Polizeisprecherin zufolge staute sich der Verkehr zwischen Heimsheim und Pforzheim-West auf einer Länge von 18 Kilometern.
Grund sei ein Glatteisunfall, bei dem zwischen den Anschlussstellen Pforzheim-Nord und Pforzheim-West am frühen Morgen drei Lastwagen und vier Autos ineinander gefahren waren. Dabei sei ein Mensch verletzt worden.
Probleme gab es wegen gefrierenden Regens auch für den Betrieb des Stuttgarter Flughafens. Nach Angaben einer Sprecherin verspäteten sich viele Starts. Während der Winterdienst auf der Landebahn im Einsatz gewesen sei, habe kein Flugzeug landen oder abheben können.
Zwei Maschinen, die in der Landeshauptstadt landen wollten, seien auf andere Flughäfen ausgewichen. Eine landete in Nürnberg, die andere am Baden-Airport bei Karlsruhe. Inzwischen ist der Flugbetrieb demzufolge wieder angelaufen.
Rutschige Straßen auch in NRW und Sachsen
In der Nacht sowie am frühen Morgen rutschten Autos auch im Sauerland in NRW, etwa in andere parkende Wagen oder auch mal gegen eine Laterne, wie ein Sprecher der Polizei berichtete. Besonders hohe Schäden oder Verletzte habe es hier aber bislang nicht gegeben.
Laut DWD war am Morgen von der Mitte bis in den Süden Deutschlands mit glatten Straßen zu rechnen, für Teile Sachsens galt zeitweise eine amtliche Unwetterwarnung. Fußgänger, Auto- und Fahrradfahrer sollten laut DWD achtsam sein, nicht notwendige Aufenthalte im Freien sollten gegebenenfalls vermieden werden. Es könne zu Straßensperrungen und erheblichen Beeinträchtigungen auf allen Verkehrswegen kommen.
Warmfront ist Grund für das Glatteis
Grund für das Glatteis ist eine seit wenigen Tagen von Norden her aufziehende Warmfront, die Regen und Sprühregen mit sich bringt. Fällt dieser auf kalte Böden, kann er gefrieren und eine Glatteisschicht bilden.
Im Laufe des Mittwochs dürfte sich die Wetterlage laut DWD dank eines verstärkten Hochdruckeinflusses allmählich entspannen. Bis zum Mittag soll die Glättegefahr abnehmen. (dpa/bearbeitet von tas)
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