• Die internationalen Truppen sind raus aus Afghanistan und die Taliban massiv auf dem Vormarsch.
  • Die Lage im Land wird quasi mit jedem Tag brenzliger.
  • Immer mehr Menschen sehen sich deshalb zur Flucht gezwungen.
  • Kommen jetzt also auch mehr Migranten aus Afghanistan nach Deutschland?

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Der rasche Vormarsch der radikalislamischen Taliban treibt in Afghanistan aktuell zahlreiche Menschen in die Flucht. Viele bleiben vorerst im eigenen Land, andere begeben sich in ein Nachbarland - doch möglicherweise kommen bald auch wieder mehr afghanische Flüchtlinge nach Europa. Ein Überblick über die Lage:

Millionen Binnenvertriebene und Flüchtlinge

Die Bevölkerung Afghanistans gibt die Weltbank mit fast 39 Millionen Menschen an. Nach UN-Angaben lebten Ende 2020 etwa 2,6 Millionen Afghanen außerhalb des Landes als Geflüchtete, ein Großteil davon in den benachbarten Ländern Pakistan und Iran.

Hinzu kommen derzeit mehr als drei Millionen Binnenvertriebene. Schätzungen des Flüchtlingshilfswerks UNHCR zufolge mussten allein seit Mai dieses Jahres etwa 244.000 Menschen ihre Heimat verlassen und in anderen Landesteilen Zuflucht suchen.

Afghanische Flüchtlinge in Deutschland

Im vergangenen Jahr lebten laut Statistischem Bundesamt knapp 272.000 Menschen mit afghanischer Staatsangehörigkeit in Deutschland. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zählte zum Stichtag 31. Dezember 2020 gut 216.000 schutzsuchende Afghaninnen und Afghanen - dazu zählen Menschen mit laufendem Asylverfahren ebenso wie anerkannte Flüchtlinge und Ausreisepflichtige. Die Zahl lag etwa so hoch wie Ende 2019, war aber in den vorangegangenen Jahren jeweils gestiegen.

Rund 10.000 Afghaninnen und Afghanen stellten im vergangenen Jahr erstmals einen Asylantrag - nur aus Syrien kamen noch mehr Asylsuchende. Im ersten Halbjahr 2021 wurden rund 8.400 Erstanträge gezählt. Im Jahr 2016, als insgesamt eine Rekordzahl von Flüchtlingen nach Deutschland kam, hatte es 127.000 Asylanträge von Afghaninnen und Afghanen gegeben.

Ob sie hier bleiben dürfen, wird jeweils in einem individuellen Asylverfahren entschieden. Laut Pro Asyl ergab sich im vergangenen Jahr eine bereinigte Schutzquote von etwa 62 Prozent. Wird ein Asylantrag endgültig abgelehnt, ist der betroffene Mensch ausreisepflichtig und in Deutschland höchstens geduldet.

Abgeschoben werden laut Pro Asyl in den allermeisten Fällen alleinstehende Männer. Familien und alleinstehenden Frauen drohe dies kaum.

Das Bundesinnenministerium betont allerdings, dass rund 30.000 Afghaninnen und Afghanen in Deutschland ausreisepflichtig seien und dies auch Familien und Frauen betreffe. Für den Moment jedoch gilt aufgrund der schlechten Sicherheitslage ein Abschiebestopp.

Ehemalige Ortskräfte der Bundeswehr

Menschen, die in Afghanistan für deutsche Stellen gearbeitet haben, sollen durch eine Aufnahme in Deutschland vor Racheakten der Taliban geschützt werden. Dazu gibt es seit 2013 ein spezielles Aufnahmeprogramm.

Bis zum Beginn des Bundeswehrabzugs waren darüber laut Verteidigungsministeriums 781 Ortskräfte nach Deutschland gekommen, zum Teil mit Angehörigen. Seit dem Abzug der Bundeswehr waren es bis einschließlich Dienstag 353 frühere Ortskräfte; hinzu kamen 1.433 Familienangehörige.

Voraussetzung für die Berücksichtigung im Aufnahmeprogramm ist laut Bundesinnenministerium, dass die Betreffenden ein Arbeitsverhältnis mit einem "deutschen Ressort" - im Falle der Bundeswehrhelfer also mit dem Verteidigungsministerium-, einer "Institution der bilateralen deutschen Entwicklungszusammenarbeit" oder einer politischen Stiftung hatten.

Mitarbeitende externer Dienstleister können nur in besonderen Aufnahmefällen auf Aufnahme in Deutschland hoffen. Begründet wird dies mit möglicherweise nicht ausreichenden Sicherheitsüberprüfungen vor oder während der Einstellung. (afp/mcf)

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