• Vom Flughafen Kabul können wieder Menschen aus Afghanistan ausgeflogen werden.
  • Mehr als 250 Ausländer haben das Land verlassen können, auch zahlreiche Deutsche waren unter ihnen.
  • Die Nato will derweil eine Untersuchung zum desaströsen Ende des langjährigen Militäreinsatzes einleiten.

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Mit den ersten Passagierflügen aus Kabul seit Ende der militärischen Evakuierungsmission haben mehr als 250 Ausländer Afghanistan verlassen können. Das teilte der US-Sondergesandte Zalmay Khalilzad in der Nacht zu Samstag auf Twitter mit.

Darunter befanden sich nach Angaben des Auswärtigen Amtes auf einem Flug am Freitag auch 45 Bundesbürger samt Familienangehörigen. Bereits am Donnerstag konnten 15 Deutsche mit dem ersten zivilen Evakuierungsflug von Qatar Airways von Afghanistan ins arabische Emirat Katar gebracht werden. Es werde intensiv an weiteren Ausreisemöglichkeiten gearbeitet, sagte ein Sprecher.

Pakistan kündigte an, den Flughafen Kabul ebenfalls wieder nutzen zu wollen

Mit Militärmaschinen waren nach der Machtübernahme der militant-islamistischen Taliban Mitte August mehr als 120.000 Menschen ausgeflogen werden. Seit Ende der militärischen Evakuierungsmission in Kabul mit dem Abzug der letzten US-Soldaten bemühen sich westliche Länder, ihren Staatsangehörigen und früheren afghanischen Ortskräften weiterhin die Ausreise zu ermöglichen. Die US-Regierung hat am Freitag Evakuierungsflüge mit afghanischen Schutzbedürftigen von Orten außerhalb Afghanistans in die USA wegen mehrerer Masernfälle indes vorläufig gestoppt.

Pakistan kündigte an, den Flughafen Kabul ebenfalls wieder nutzen zu wollen, um Menschen aus Afghanistan zu bringen. Dazu wolle man zunächst Charterflüge durchführen. Man sei bestrebt, auch wieder Linienflüge nach Kabul aufzunehmen, aber es könnte noch einige Zeit dauern, sagte ein Sprecher der staatlichen Fluggesellschaft Pakistan International Airlines (PIA) der Deutschen Presse-Agentur.

Die Nato hat nach Angaben von Generalsekretär Jens Stoltenberg "eine umfassende Untersuchung" zum desaströs geendeten Afghanistan-Einsatz eingeleitet. "Die Ereignisse der letzten Wochen waren tragisch für die Afghanen und erschütternd für alle, die sie unterstützen", schrieb er in einem Gastbeitrag für die "Welt am Sonntag". "Wir müssen Lehren daraus ziehen."

Zugleich machte Stoltenberg deutlich, dass sich das Militärbündnis nicht vollständig zurückziehen will. "Afghanistan wird nicht die letzte Krise sein, in der Nordamerika und Europa gemeinsam, mithilfe der Nato, handeln müssen", erklärte der frühere norwegische Regierungschef. "Es wird immer jemanden geben, der uns schaden will. Das haben wir am 11. September (2001) und seitdem noch bei vielen anderen Terroranschlägen gesehen."

Die Taliban sollen in der von ihnen diese Woche eroberten Provinz Pandschir den Bruder des ehemaligen Vizepräsidenten Amrullah Saleh getötet haben. Taliban-Kämpfer hätten den Bruder namens Rohullah Asisi bei einem Kontrollpunkt aus dem Auto geholt und erschossen, sagte sein Neffe Schuresch Saleh der Deutschen Presse-Agentur am Samstag. Von den Taliban gab es zunächst keine Stellungnahme.

Hunderte Familien versuchten aus Pandschir-Tal zu fliehen

In den vergangenen Tagen wurden Video aus dem Pandschir-Tal bekannt, die zeigten, dass Hunderte Familien versuchten, das Tal zu verlassen. Die humanitäre Situation hatte sich unter anderem zugespitzt, weil die Taliban zuletzt keine Lebensmittellieferungen mehr zuließen. Am Samstag kursierte zudem ein Video, das zeigen soll, wie Taliban das Feuer auf eine festgenommene Person eröffnen. Ein Taliban-Sprecher schrieb am Samstag auf Twitter, "voreingenommene Medien" veröffentlichten Gerüchte, dass sie Zivilisten zwängen, Pandschir zu verlassen. Das sei Propaganda und falsch.

In der Hauptstadt Kabul haben Dutzende Frauen bei einer Demonstration auf dem Gelände einer Universität ihre Unterstützung für die Taliban ausgedrückt. Auf Bannern, die sie mit sich trugen, stand: "Wir sind mit der islamischen Einstellung und dem Verhalten der Mudschaheddin zufrieden."

Viele der Frauen waren auf eine Weise verschleiert, wie das in Afghanistan in den vergangenen Jahren nie zu sehen war: Sie trugen bodenlange schwarze Gewänder und schwarze, kapuzenähnliche Kopfbedeckungen. Auch ihre Gesichter waren komplett schwarz verhüllt. Eine derartige Verschleierung sei nicht Teil der Kultur Afghanistans, kommentierte die Ex-Bürgermeisterin der Stadt Maidan Schahr, Sarifa Ghafari. Man solle den Frauen des Landes nicht die Kultur des Islamischen Staates (IS) aufdrängen. (pak/dpa)

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