Der größte Lobbyverband der deutschen Arbeitgeber greift Martin Schulz an. Der SPD-Kanzlerkandidat soll mit falschen Zahlen zur befristeten Beschäftigung argumentiert haben. Der Faktencheck zeigt: Die Kritik ist berechtigt - doch auch die von ihnen genannte Zahlen deckt sich nicht mit den amtlichen.

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Aus Sicht von Martin Schulz hat die Agenda 2010 auch negative Auswirkungen mit sich gebracht. Für den Fall, dass er Kanzler wird, will Schulz die 2003 von SPD und Grünen gestartete Sozialreform deshalb in Teilen reformieren.

Unter anderem drängt er auf die Eindämmung befristeter Arbeitsverträge. In diesem Zusammenhang hat er sich den Vorwurf eingehandelt, mit falschen Zahlen zu argumentieren.

Befristete Arbeitsverträge sind zum Streitfall geworden

In einem Interview mit der "Bild"-Zeitung hat der SPD-Kanzlerkandidat den Anteil der jungen Menschen in Deutschland, die einen befristeten Arbeitsvertrag haben, mit rund 40 Prozent angegeben.

Den Arbeitgebern ist das viel zu hoch gegriffen, die deswegen Schulz kritisieren. Vielmehr seien in der Altersgruppe zwischen 25 und 35 tatsächlich rund zwölf Prozent der Beschäftigten befristet angestellt, argumentiert der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände

Der Verband beruft sich dabei auf eine Studie von 2015, erstellt vom Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung (IAB), der Forschungseinrichtung der Bundesanstalt für Arbeit.

Die amtlichen Zahlen widersprechen beiden Seiten

Das Statistische Bundesamt liefert noch einmal andere Zahlen Demnach hatten im Jahr 2015 knapp 18 Prozent aller Beschäftigten im Alter von 25 bis 35 einen Vertrag mit Verfallsdatum.

Eine Untersuchung der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung, die auf den amtlichen Zahlen des Mikrozensus beruht, konkretisiert diese Aussage: Demnach hatten 2015 19,3 Prozent aller Arbeitnehmer unter 35 Jahren nur einen befristeten Arbeitsvertrag.

Auszubildende, Praktikanten oder Umschüler sind da bereits herausgerechnet. Klammert man auch die Altersgruppe zwischen 15 und 20 Jahren aus, die mutmaßlich häufig befristeten Ferienjobs nachgeht, liegt die Quote bei 18,4 Prozent.

Junge trifft es offenbar härter als Ältere

Über alle Altersgruppen hinweg lag der Anteil der befristeten Beschäftigten 2015 bei 8,4 Prozent. Junge Menschen haben verglichen mit älteren Kollegen also überdurchschnittlich oft einen befristeten Job.

Das war nicht immer so: Der Untersuchung der Hans-Böckler-Stiftung zufolge war der Anteil der befristet beschäftigten Jugendlichen noch nie so groß wie heute, er hat sich zwischen 1991 und 2015 fast verdoppelt.

Über alle Beschäftigten hinweg stieg der Anteil um rund ein Drittel.

Mit Material von dpa
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