Bei einer Querdenker-Demonstration wurde im Mai 2020 ein Fernsehteam von Protestierenden zusammengeschlagen. Jetzt hat das Amtsgericht Tiergarten vier Personen wegen gefährlicher Körperverletzung schuldig gesprochen.
Es war ein gezielter Angriff. Davon ist das Gericht überzeugt. "Ausspähen und draufhauen", sagte Richterin Ulrike Hauser am Montag bei der Urteilsverkündung. Fast vier Jahre nach einem Angriff auf ein ZDF-Team am Rande einer Demonstration der Querdenkerbewegung in Berlin hat das Amtsgericht Tiergarten drei Männer und eine Frau jeweils zu Bewährungsstrafen von zwei Jahren verurteilt. Es sprach sie der gefährlichen Körperverletzung schuldig.
Binnen eines Jahres müssen die 28- bis 34 Jährigen zudem je 5000 Euro Geldbuße zahlen. Die 20.000 Euro sollen die sechs Opfer - Journalisten und Wachleute - als Schmerzensgeld bekommen.
Geständnis und Entschuldigung
Die beiden Männer aus Berlin und das Geschwisterpaar aus Baden-Württemberg hatten zuvor gestanden, am 1. Mai 2020 auf das Fernsehteam eingetreten und eingeschlagen zu haben. Es habe sich um eine Verwechslung gehandelt, ließen sie jeweils über ihre Verteidiger erklären. Man sei davon ausgegangen, es handele sich um "Personen aus dem rechten Spektrum", hieß es.
Unisono ließen die Angeklagten in den knappen Erklärungen vortragen, sie würden einen Angriff auf Pressevertreter nicht gutheißen und wollten sich aufrichtig bei den Opfern entschuldigen. Eine Distanzierung von der Gewalt an sich fehlte jedoch bei allen.
Das Geständnis der bislang nicht vorbestraften Angeklagten war Voraussetzung dafür, dass das Gericht Bewährungsstrafen aussprach. Darauf hatten sich die Prozessbeteiligten vor Verhandlungsbeginn verständigt, wie Richterin Hauser erläuterte. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
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Mit großer Wucht attackiert
Das Fernsehteam war damals im Auftrag für das ZDF-Satireformat "heute-show" unterwegs und berichtete über die Demonstration der Querdenkerbewegung. Plötzlich sei ein "schwarzer Block" mit etwa 20 vermummten Menschen auf sie zu gerannt gekommen, so die Zeugen. Jeweils drei- bis vierköpfige Gruppen hätten sie attackiert.
"Ich sah, wie ein Kollege zusammengetreten wurde", schilderte der Regisseur vor Gericht. Dann habe er einen Schlag auf ein Bein, dann auf den Hinterkopf bekommen. Auf die Entschuldigung reagierte der 63-Jährige, der als Nebenkläger im Prozess auftrat, zurückhaltend. "Das war eine Erklärung, die von Verteidigern vorgelesen wurde."
Die sechs Opfer seien niedergeschlagen worden, danach sei "mit großer Wucht" gegen die Köpfe der am Boden liegenden Menschen getreten worden, so die Anklage. Zwei der Opfer verloren zeitweilig das Bewusstsein. Ein Kameramann erlitt einen Nasenbeinbruch.
Nach Angaben des Deutschen Journalisten-Verbandes (DJV) handelte es sich bei der Attacke um den schwerwiegendsten Überfall auf Journalistinnen und Journalisten im Jahr 2020. "Wir waren damals schockiert und sind es noch heute", erklärte am Montag die DJV-Bundesvorsitzende
Hintergründe nicht aufgeklärt
Aus Sicht des Gerichts ließen sich die Hintergründe für den Angriff jedoch nicht mehr klären. Dies sei bedauerlich, betonte Richterin Hauser. Gleichwohl ist der "Deal" aus ihrer Sicht vertretbar, weil die Angeklagten bislang keinen Ärger mit der Justiz hatten und nach dem Vorfall auch nicht mehr aufgefallen sind. Dem Gericht sei ein aufwendiges Verfahren erspart geblieben. Die Beweislage sei jedoch nicht so schlecht gewesen wie von der Verteidigung angeführt. "Das war sehr gute Arbeit der Polizei", betonte Hauser.
Der für politisch motivierte Taten zuständige Staatsschutz des Landeskriminalamtes (LKA) hatte damals die Ermittlungen übernommen. Nach dem Angriff waren Verdächtige, die zum Teil zur linken Szene gehören sollen, vorübergehend festgenommen worden. DNA-Spuren am Tatort halfen schließlich bei der Ermittlung der Täter. Weitere Beteiligte blieben jedoch unbekannt.
Deren Handeln müssten sich die Angeklagten mit zurechnen lassen, betonte Staatsanwalt Tim Kaufmann in seinem Plädoyer. "Es war ein Angriff auf die Presse. Eine Presse, die in einer schwierigen Zeit berichten wollte." Mit Blick auf die Erklärung, es handele sich um ein Versehen, betonte der Jurist, dass es keinerlei Rechtfertigung für solch einen Angriff gebe. Ein politischer Diskurs dürfe nicht auf gewaltvolle Weise ausgetragen werden.
Mit seinem Urteil folgte das Amtsgericht dem Antrag des Staatsanwalts. Die Verteidigung hatte Bewährungsstrafen von jeweils eineinhalb Jahren beantragt. Ob sie Rechtsmittel einlegen, ließen die Anwälte zunächst offen. (Von Marion van der Kraats, dpa/fab)
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