Das Balkanland Bosnien-Herzegowina ist nach Einschätzung der EU-Kommission bereit für die Aufnahme von Verhandlungen über den Beitritt zur Europäischen Union. "Natürlich bedarf es weiterer Fortschritte, um in unsere Union aufgenommen zu werden. Aber das Land zeigt, dass es die Beitrittskriterien erfüllen kann und die Bestrebungen seiner Bürgerinnen und Bürger unterstützt, Teil unserer Familie zu werden", erklärte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Dienstag in einer Rede im Europäischen Parlament in Straßburg. Die EU-Kommission werde beschließen, den Mitgliedstaaten die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit Bosnien-Herzegowina zu empfehlen.
Als Grund für den Schritt nannte von der Leyen unter anderem Fortschritte bei der Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung sowie bei der Steuerung von Migration. Zudem habe sich das Land vollständig an die Außen- und Sicherheitspolitik der EU angeglichen, was vor allem in "Zeiten geopolitischer Verwerfungen von entscheidender Bedeutung" sei. "Seit wir dem Land Kandidatenstatus zuerkannt haben, hat es beeindruckende Schritte auf uns zu gemacht", erklärte von der Leyen. "In gerade einmal etwas mehr als einem Jahr wurden größere Fortschritte erzielt als zuvor in über zehn Jahren."
Bosnien-Herzegowina war von der EU 2022 in den Kreis der Beitrittskandidaten aufgenommen worden. Grund dafür war auch die Sorge, dass sich das Balkanland mit etwa 3,2 Millionen Einwohnern ansonsten Richtung Russland oder China orientieren könnte. Bosnien-Herzegowina wartet bereits seit vielen Jahren auf die Mitgliedschaft in der EU. Vor allem Staaten wie Österreich hatten zuletzt darauf gedrungen, Bosnien-Herzegowina Fortschritte im Beitrittsprozess in Aussicht zu stellen.
Die EU hatte dem Land grundsätzlich bereits 2003 ein Beitritt in Aussicht gestellt, 2016 reichte es offiziell einen Aufnahmeantrag ein. Im vergangenen Dezember hatten die Staats- und Regierungschefs der EU-Staaten vereinbart, Verhandlungen über die Aufnahme in die Europäische Union zu beginnen, sobald weitere Reformen abgeschlossen sind. Sie werden nun voraussichtlich bei ihrem Frühjahrsgipfel am 21. und 22. März entscheiden, ob sie die Empfehlung der EU-Kommission annehmen. Bei einem Ja wäre das Land im EU-Beitrittsprozess so weit wie die Ukraine und Moldau - der Start der Beitrittsverhandlungen mit diesen beiden Staaten ist bereits beschlossen.
Wie lange es vom Start der Beitrittsgespräche bis zum EU-Beitritt dauert, ist völlig offen. Die Türkei etwa wurde 1999 EU-Kandidat - und war wohl noch nie weiter von einer Mitgliedschaft entfernt als heute. Theoretisch kann ein Beitrittskandidat auch nie Mitglied werden.
Von den sechs Westbalkanstaaten ist nun nur noch die Republik Kosovo kein Beitrittskandidat. Das Land hat aber bereits einen Antrag auf Mitgliedschaft gestellt. Für den jüngsten Staat Europas war es ein eher symbolischer Akt: Die EU-Mitgliedschaft ist für das seit 2008 unabhängige Land derzeit nicht in Reichweite. Haupthindernis ist, dass fünf EU-Länder - Spanien, Rumänien, die Slowakei, Griechenland und Zypern - das Kosovo nicht anerkennen. © dpa
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