Mit einer Krankenhausreform will Gesundheitsminister Lauterbach ökonomischen Druck aus der Gesundheitsversorgung nehmen. Doch schon jetzt schreiben viele Kliniken rote Zahlen und bangen um ihre Existenz. Bei einer Protestveranstaltung fordern sie mehr Geld. Doch Lauterbach winkt ab und verweist auf die Länder.

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Die Klinikbranche will angesichts akuter Finanznöte vieler Standorte am Mittwoch mit einem bundesweiten Protesttag Druck für zusätzliches Geld vom Bund machen. Unter dem Motto "Stoppt das Krankenhaussterben" hat die Deutsche Krankenhausgesellschaft zu einer zentralen Kundgebung (11.00 Uhr) in Berlin aufgerufen.

Demonstrationen für einen "umfassenden Inflationsausgleich" sind auch in mehreren weiteren Städten angekündigt. "Die extrem gestiegenen Preise zwingen viele Kliniken in die Knie", hieß es von den Initiatoren. Kaum ein Haus könne die Ausgaben noch aus den laufenden Einnahmen begleichen.

Der Vorstandschef der Deutschen Krankenhausgesellschaft, Gerald Gaß, sagte der "Rheinischen Post" (Mittwoch): "Die finanzielle Situation der Krankenhäuser ist dramatisch." Seit Jahresanfang hätten bereits 50 Standorte Insolvenz angemeldet. Der "Augsburger Allgemeinen" sagte Gaß: "Anders als in der freien Wirtschaft können Krankenhäuser ihre Preise nicht an die gestiegenen Ausgaben anpassen."

Die von Gesundheitsminister Karl Lauterbach geplante Krankenhausreform komme für Kliniken im ländlichen Raum viel zu spät. Bis zur Wirksamkeit der Reform würden sie längst untergegangen sein.

Der Deutsche Städtetag forderte "Sofortmaßnahmen und schnelles Geld" für die Kliniken. Sie bräuchten einen ausreichenden Inflationsausgleich und die volle Finanzierung der vereinbarten Tarifsteigerungen im Jahr 2024 von rund zehn Prozent, sagte Präsident Markus Lewe (CDU) dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.

Lauterbach kritisiert Länder für fehlende Klinik-Investitionen

Anlässlich des Protesttags der deutschen Krankenhäuser äußerte Lauterbach Kritik an den Ländern für fehlende Investitionen in die Kliniken. "Die Länder, die jetzt zum Teil mitdemonstrieren, bezahlen seit zehn Jahren die Investitionskosten nicht", sagte der Minister im ZDF-"Morgenmagazin". Hätten sie die Kosten in der notwendigen Höhe bezahlt, hätten die Krankenhäuser auch jetzt noch genug Geld, fügte er hinzu.

Forderungen der Kliniken und auch der Länder nach einer Extra-Finanzspritze des Bundes noch vor der Krankenhausreform hatte Lauterbach zuletzt immer wieder auch wegen nötiger Haushaltseinsparungen abgelehnt. Im ZDF sagte Lauterbach dazu, der Bund habe den Krankenhäusern während der Pandemie 20 Milliarden Euro gegeben. Für die Energiekosten von vier Milliarden Euro habe der Bund sechs Milliarden Euro gegeben. "Wir haben mehr zusätzlich bezahlt, als an Energiekosten überhaupt anfällt", sagte Lauterbach. "Die Länder halten sich zurück", kritisierte er mit Blick auf die Investitionen in die Kliniken.

Widerstand gegen Krankenhausreform aus Bayern

Bund und Länder hatten sich im Juli auf die Eckpunkte von Lauterbachs Reform verständigt. Die Pläne sehen unter anderem vor, das Vergütungssystem mit Pauschalen für Behandlungsfälle zu ändern, um Kliniken vom Druck zu immer mehr Fällen zu lösen. Daher sollen sie 60 Prozent der Vergütung allein für das Vorhalten von Leistungsangeboten bekommen. Dies soll auch kleinere Kliniken auf dem Land absichern. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte betont, dass die Reform eine Existenzgarantie gerade für weiter benötigte kleinere Kliniken bedeuten werde.

Kommen sollen außerdem einheitliche Qualitätsvorgaben. Grundlage für die Finanzierung durch die Krankenkassen sollen deshalb künftig genauer definierte Leistungsgruppen der Kliniken sein - also etwa "Kardiologie" statt grober Bezeichnungen wie "innere Medizin".

Die Leistungsgruppen sollen Vorgaben etwa bei der Ausstattung, bei Personal und Behandlungserfahrungen gewährleisten - nur dann gibt es Geld. Dies soll auch zu einer stärkeren Konzentration komplexerer Behandlungen wie bei Krebs auf spezialisierte Kliniken führen. Durch die Spezialisierungen werden voraussichtlich aber auch Kliniken schließen müssen.

Der Einigung im Juli war wochenlanger Streit zwischen Bund und Ländern vorausgegangen. Als einziges Bundesland sträubt sich aktuell Bayern noch gegen die Pläne. Der bayerische Gesundheitsminister Klaus Holetschek drohte zuletzt sogar mit einer Klage vor dem Bundesverfassungsgericht gegen die Reform. (dpa/afp/thp)

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