Wer als Flüchtling nach Deutschland kommt, darf nicht sofort einer Arbeit nachgehen. Immer wieder wird das, auch mit Blick auf die Integration und den Fachkräftemangel, kritisiert. In Thüringen will ein Landrat nun Flüchtlinge zur Arbeit zwingen – für einen Stundenlohn weit unter dem Mindestlohn.
Im ostthüringischen Saale-Orla-Kreis sollen Asylbewerber zu vier Stunden Arbeit pro Tag verpflichtet werden. Grundlage ist eine entsprechende Regelung im Asylbewerberleistungsgesetz, wie ein Kreis-Sprecher am Dienstag sagte. Die Geflüchteten sollen für 80 Cent Entlohnung pro Stunde einfache Arbeiten erledigen. Weigern sie sich, drohen Geldkürzungen von bis zu 180 Euro im Monat.
Der neue Landrat Christian Herrgott (CDU) hatte in der ZDF-Talk-Sendung von Markus Lanz vergangene Woche über die Arbeitsverpflichtung gesprochen und als Beispiele etwa Grünschnittarbeiten genannt. Mehrere Medien berichteten über die Pläne. Herrgott war Ende Januar zum neuen Landrat gewählt worden, er hatte sich in der Stichwahl gegen einen AfD-Kontrahenten durchgesetzt.
Nach Angaben des Kreissprechers soll die Arbeit zunächst an Geflüchtete verteilt werden, die freiwillig dazu bereit sind. Arbeit gebe es unter anderem in den Unterkünften selbst - etwa Reinigungs- und Hilfsarbeiten. Auch Kommunen und Vereine seien ermutigt worden, "Arbeitsgelegenheiten zu schaffen oder anzufragen", sagte der Sprecher. Wichtig sei, dass diese Arbeitsgelegenheiten keine regulären Arbeitsplätze gefährdeten.
Kritik an Plänen: Herr Herrgott "bedient das falsche Narrativ"
Im Asylbewerberleistungsgesetz heißt es im Paragraf fünf: "Arbeitsfähige, nicht erwerbstätige Leistungsberechtigte, die nicht mehr im schulpflichtigen Alter sind, sind zur Wahrnehmung einer zur Verfügung gestellten Arbeitsgelegenheit verpflichtet."
"Die Geflüchteten sollen selbst davon profitieren, dass sie eine sinnstiftende Tätigkeit haben, die ihnen den Alltag strukturiert", sagte der Kreissprecher. Zudem könne die Arbeit sprachliche Kompetenzen fördern und sie auch für den regulären Arbeitsmarkt vorbereiten. Die Maßnahmen sollen aber auch zu mehr Akzeptanz in der Gesellschaft führen.
Die Thüringer CDU feierte Landrat Herrgott für sein Vorgehen. Die Landtagsabgeordnete Beate Meißner wies auf der Plattform X auf einen anderen Thüringer Landkreis hin: "Apropos, was macht eigentlich dieser erste AfD-Landrat Deutschlands in #Sonneberg ? Nichts als heiße Luft: weder #Bezahlkarte , noch Arbeitsverpflichtung für #Fluechtlinge ! Die einen hetzen, die anderen machen!"
Kritik kam hingegen aus der rot-rot-grünen Landesregierung und vom Flüchtlingsrat. Integrationsministerin Doreen Denstädt (Grüne) sagte der Deutschen Presse-Agentur: "Herr Herrgott macht genau das, was rechte Gruppierungen zurzeit versuchen: Er bedient das falsche Narrativ von den arbeitsscheuen Geflüchteten."
Dabei sei bekannt, dass die meisten Flüchtlinge arbeiten wollten, aber noch immer an Arbeitsverboten und zu großer Bürokratie scheiterten. "Das ist nicht nur schäbig. Herr Herrgott gießt so auch Öl in ein Feuer, das die demokratischen Kräfte gerade auszutreten versuchen." (dpa/thp)
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