Mehr Geld für die Abgeordneten und eine automatische Erhöhung der Diäten in Zukunft – das hatte der Bundestag im Februar beschlossen. Nun hat Bundespräsident Joachim Gauck das geplante Gesetz ausgebremst. Was findet das Staatsoberhaupt problematisch? Und was würde sich ändern?
Die aktuelle Regelung der Bundestagsdiäten
Jeder der 631 Abgeordneten im Bundestag erhält derzeit 8.252 Euro brutto im Monat. Im Unterschied zur Beamtenbesoldung spielen Faktoren wie die Anzahl der Dienstjahre oder die Zahl der Kinder für die Höhe der Diäten keine Rolle. Was sie mit Beamten gemeinsam haben: Abgeordnete müssen zwar Einkommenssteuer aber keine Arbeitslosen- und Rentenversicherung zahlen.
So bleibt ihnen im Vergleich zu normalen Angestellten mehr Netto vom Brutto. Sonderzahlungen wie Urlaubs- oder Weihnachtsgeld gibt es dagegen nicht. Dafür erhalten die Abgeordneten eine monatliche Kostenpauschale von derzeit 4.204 Euro im Monat steuerfrei obendrauf. Damit sollen sie zum Beispiel ihre Wahlkreisbüros und Fahrtkosten bezahlen.
Mehr als 12.000 Euro haben die Mitglieder des Bundestags im Monat zur Verfügung – eine stolze Summe. Zum Vergleich: Der Durchschnittsverdienst lag in Deutschland 2013 bei 3.449 Euro. Würde also nicht auch etwas weniger genügen? Das Hauptargument für die hohen Diäten: Damit wird die Unabhängigkeit der Abgeordneten gestärkt. Bestechungsgelder oder andere Einflussnahmen spielen - so ein weiteres Argument - keine Rolle. Außerdem soll das hohe Gehalt dafür sorgen, dass sich auch kluge Köpfe für die Politik entscheiden, die in der freien Wirtschaft ordentlich verdienen können.
Das Grundgesetz hält fest, dass Abgeordnete einen Anspruch auf eine angemessene, ihre Unabhängigkeit sichernde Entschädigung haben. Die Details regelt das 1977 verabschiedete Abgeordnetengesetz. Darin steht, dass sich die Höhe der Diäten daran orientieren soll, was ein Richter an einem obersten Gerichtshof des Bundes oder ein "kommunaler Wahlbeamter", das heißt zum Beispiel der Bürgermeister einer Kleinstadt, verdient. Und – ganz wichtig – es regelt, dass der Bundestag über die Anpassung der Diäten selbst entscheidet.
Das planen die Bundestagsabgeordnete mit den Diäten
Dieser letzte Punkt soll sich ändern. Das hat der Bundestag im Februar beschlossen. Die Abgeordneten sollen nicht mehr jedes Jahr aufs Neue entscheiden müssen, ob und um wie viel die Diäten steigen. Stattdessen orientieren sie sich laut Gesetzesnovelle ab 2016 an der Entwicklung der Durchschnittslöhne orientieren und jedes Jahr im Juli automatisch um den entsprechenden Wert erhöht werden. Zuvor – auch das sieht der Gesetzentwurf vor – sollen die Bezüge der Volksvertreter bis Anfang 2015 in zwei Schritten auf 9.082 Euro angehoben werden. Das wäre ein Anstieg um rund zehn Prozent.
Eine Änderung wird es offenbar außerdem noch bei der Altersversorgung geben, allerdings zu Ungunsten der Abgeordneten: Demnach bekommen sie frühestens mit 63 Jahren eine Altersversorgung und das mit Abschlägen. Bislang geht dies bereits mit 57 Jahren, ohne Einbußen.
Die Kritik an der Diätenerhöhung
Ein Gesetz kann in Deutschland erst in Kraft treten, wenn der Bundespräsident es unterzeichnet hat. Doch beim geplanten Diätengesetz verweigert
Das Bundesverfassungsgericht hatte in seinem sogenannten "Diäten-Urteil" von 1975 betont, dass der Bundestag selbst über die Höhe der Diäten entscheiden muss. Nur das stelle einen durchschaubaren Prozess und damit eine wirksame Kontrolle durch die Öffentlichkeit dar.
Wenn sich die Bezüge der Abgeordneten sich automatisch erhöhen würden, müssten sie diesen Schritt nicht mehr in einer öffentlichen Debatte begründen. Bundespräsident Joachim Gauck und seine Juristen stehen mit ihrer Skepsis daher nicht alleine da. "Das ist ein Mangel an Transparenz, weil sich hier automatisch eine Erhöhung einstellt, die nicht jedes Mal neu und vor den Augen der Öffentlichkeit beschlossen werden muss", sagte der Staatsrechtler Christian Pestalozza in einem Interview mit der ARD. Andere Kritiker werfen den Abgeordneten vor, sich schlicht nicht mehr der öffentlichen Kritik aussetzen zu wollen.
Es ist noch offen, wie es mit dem geplanten Gesetz weitergeht. Denkbar ist, dass Gauck es unter Vorbehalt einer Prüfung durch das Bundesverfassungsgericht unterschreibt. So oder so: Die geplante Diäten-Erhöhung um rund 400 Euro, die zum 1. Juli geplant war, fällt erst einmal aus.
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