Wegen Korruptionsverdacht ermittelt die Staatsanwaltschaft Frankfurt gegen ein Bundestagsmitglied und einen ehemaligen Parlamentarier. Rund 100 Ermittler durchsuchten Wohnungen und Geschäftsräume, darunter auch ein Abgeordnetenbüro des Deutschen Bundestags.

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Wegen des Verdachts der Bestechlichkeit im Zusammenhang mit Lobbyarbeit für Aserbaidschan ist die Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main am Donnerstag mit einer Razzia gegen die CDU-Bundestagsabgeordnete Karin Strenz und den ehemaligen CSU-Bundestagsabgeordneten Eduard Lintner vorgegangen.

Etwa hundert Beamte durchsuchten das Abgeordnetenbüro der 52-jährigen Strenz im Deutschen Bundestag, ihre Privatwohnung sowie weitere Wohnungen, Geschäftsräume und Anwaltskanzleien in Berlin, Mecklenburg-Vorpommern, Bayern und Belgien, wie die Ermittler mitteilten.

Vor der Durchsuchung hob der Bundestag die Immunität von Strenz auf. Die Razzia betraf den Angaben zufolge insgesamt 16 Objekte, beteiligt waren etwa hundert Beamte der Staatsanwaltschaft, des Bundeskriminalamts und der belgischen Behörden.

Vorwurf: Bestechung und Bestechlichkeit

Strenz und dem 75 Jahre alten Lintner werde Bestechung und Bestechlichkeit von Mandatsträgern zur Last gelegt. Einem dritten Verdächtigen werde Geldwäsche vorgeworfen.

Die Vorwürfe stehen im Zusammenhang mit der Arbeit der beiden Unionspolitiker in der Parlamentarischen Versammlung des Europarats (PACE). Strenz soll mindestens 22.000 Euro erhalten haben, sie soll sich in der PACE durch proaserbaidschanisches Verhalten hervor getan haben.

Vorwürfe gegen Lintner wiegen schwerer

Deutlich schwerer wiegen die Vorwürfe gegen den ehemaligen CSU-Abgeordneten und Staatssekretär des Bundesinnenministeriums, Lintner. Dieser soll von 2008 bis 2016 aus Aserbaidschan insgesamt rund vier Millionen Euro über britische Briefkastenfirmen mit baltischen Konten erhalten haben, die einer sogenannten aserbaidschanischen Waschmaschine zugerechnet werden.

Lintner soll das Geld mit dem Ziel erhalten haben, dieses zum Teil nach Abzug einer eigenen Vergütung an andere Abgeordnete von PACE weiterzuleiten. Diese Abgeordneten sollen sich im Gegenzug in den Medien positiv über Wahlen in Aserbaidschan geäußert und sich bewusst gegen die Freilassung politischer Gefangener in Aserbaidschan ausgesprochen haben, obwohl die Parlamentarische Versammlung sich insbesondere dem Schutz der Menschenrechte verschrieben hat.

Lintner steht demnach außerdem im Verdacht, im Zusammenwirken mit unbekannten Tätern in Aserbaidschan die Zahlungsempfänger bestochen und hierfür selbst Geld erhalten zu haben. Es sollen über ihn alleine rund 500.000 Euro an Gesellschaften und Vereine von belgischen und aserbaidschanischen Mitgliedern der PACE geflossen sein.

Verdacht der Geldwäsche gegen dritten Beschuldigten

Dem dritten Beschuldigten werde vorgeworfen, eine eigens dafür gegründete Gesellschaft, seine Rechtsanwaltskanzlei und Bankkonten für die Zahlungen aus Aserbaidschan zur Verfügung gestellt zu haben. Gegen den 45-Jährigen werde wegen des Verdachts der Geldwäsche ermittelt.

Die Ermittlungen sind seit längerem bekannt. Unabhängige Experten des Europarats hatten schon 2018 korrupte Aktivitäten festgestellt und in ihrem Bericht Lintner und Strenz genannt. In dem Bericht war Lintner als "Schlüssel-Lobbyist" des autoritär regierten Aserbaidschan bezeichnet worden. (jwo/AFP)  © AFP

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